Tierwohl und Tierschutz in der Schweinehaltung aus verschiedenen Blickwinkeln

DüsserWühlTurm

Baulehrschau - Sondertag Schweinehaltung am 07.03.2013 ab 10.00 Uhr auf Haus Düsse

Vorträge als pdf-Datei:

Das Thema „Tierwohl“ hat durch die Aktivitäten der Tierschutzorganisationen bei Politikern und Verbrauchern zunehmend an Bedeutung gewonnen und gelangt zunehmend mit konkreten Auswirkungen in die praktische Schweinehaltung.

In der derzeitigen Diskussion ist jedoch zu erkennen, dass diese nicht ganzheitlich geführt wird, sondern von den Interessensgruppen nur die jeweiligen Teilaspekte angeführt werden. Besonders die für Schweinehalter entscheidende Frage, ob die bisherigen Haltungssysteme ‚nur‘ verbessert oder vollkommen verändert werden müssen, bleibt unbeantwortet. Dies führt zu Planungsunsicherheit. Bislang hat aber auch die Landwirtschaft keine klare Stellung zu diesen Themen bezogen. Die Diskussion wird von Nicht-Tierhaltern bestimmt und die Landwirte haben dadurch den Eindruck erweckt, dass sie an Veränderungen nicht interessiert ist.

Verbesserungen des Tierschutzes sollten aber unter Einbezug landwirtschaftlicher Forschung und anerkannter Fachleute entwickelt werden und alle Aspekte umfassend würdigen. Dieser Prozess benötigt Zeit und klare Zielformulierungen.

Einige Aktivitäten können auch als Beispiel für vorschnelles Handeln in diesem Prozess betrachtet werden. Beispiel Kastrationsverbot: Als eine Alternative wird Ebermast angesehen, obwohl für die Haltung von Ebern viele Details nicht hinreichend erforscht sind. Auch das natürliche Verhalten der Eber zueinander ist aggressiv und in der Summe vielleicht weniger tiergerecht als der kurze Eingriff der Kastration?

Überlegungen und Aktivitäten, den Tierschutz innerhalb der vorhandenen Tierhaltungssysteme zu verbessern, existieren und die Erfahrungen sollten durch gemeinsame Diskussion und Bewertung der interessierten Gruppen zu Planungssicherheit für die Tierhaltung führen. Ansätze hierfür sind:

  • Das Platzangebot in Verbindung mit Gruppengrößen neu zu definieren.
  • Beschäftigungsmaterialen zu entwickeln, die tiergerecht sind (Wühlturm)
  • Die Buchten besser zu strukturieren um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Tiere gerechter werden zu können.
  • Technische Weiterentwicklungen von Lüftungsanlagen bieten die Möglichkeit, die Umwelt der Tiere zu verbessern.

Vier Vorträge mit Diskussionsmöglichkeit sollen während der Veranstaltung verschie-dene Einblicke in dieses umfassende Thema bieten:

Tierwohl aus der Sicht der Tierschutzverbände: Herr Stefan Johnigk, Geschäftsführer der Organisation „ProVieh“, wird Einblick in die Überlegungen und Sichtweisen seiner Organisation zu den Themen Tierschutz und Tierwohl in der Nutztierhaltung geben. Es geht dabei nicht um pauschale Kritik an „industrieller Intensivtierhaltung“, sondern es müssen auch die Alternativen beschrieben und das Verbesserungspotenzial für die Tiere aufgezeigt werden. Als Grundlage für diesen Vortrag werden Erfahrungen mit Tierwohl-Aktivitäten aus der Schweiz und ein daraus abgeleitetes Punktesystem zur Bewertung dargestellt.

Akzeptanz von Tierwohlprodukten im Lebensmitteleinzelhandel: Ein großes Problem besteht darin, dass viele Aktivitäten zur Verbesserung des Tierwohls mit erhöhten Kosten für die Schweinehaltung verbunden sind. Das müssen die Verbraucher durch das Kaufen der teureren Fleischprodukte unterstützen. Herr Heribert Qualbrink, Einkaufsleiter bei der Firma Westfleisch, wird zu den Möglichkeiten der Akzeptanz von Tierwohlprodukten im Lebensmitteleinzelhandel und bei Verbrauchern referieren. Als Grundlage der Darstellung dient die Aktion ‚Tierwohl’ der Westfleisch, aus der die ersten Erfahrungen vorgestellt werden.

Aktivitäten der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein: Herr Christian Meyer vom Lehr- und Versuchszentrum ‚Futterkamp’ der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein betreut in der Beratung ein Verbundprojekt mit dem Ziel zu testen, ob sich höhere Tierhaltungsstandards (Tierwohllabel) in der Praxis umsetzen lassen. Außerdem hat ‚Futterkamp‘ im letzten Jahr einen neuen Maststall in Betrieb genommen. Erste Erfahrungen aus diesem modernen Stall werden in diesem Vortrag vorgestellt.

Untersuchungen der Landwirtschaftskammer NRW: Herr Tobias Scholz von Haus Düsse wird die derzeitig laufenden Untersuchungen vorstellen. Im Vordergrund stehen hier die Entwicklungen von Beschäftigungsmaterialien (Wühlturm und Schweinedusche), Untersuchungen zum Spaltenboden und zur Buchtenstrukturierung. Dabei werden sowohl die Aspekte des Tierwohls als auch relevante Kriterien für die Akzeptanz in der landwirtschaftlichen Praxis wie Arbeitswirtschaft, Praktikabilität und Kosten-Nutzen Aspekte berücksichtigt.