Landessortenversuche Winterroggen 2017

Roggenblüte

Winterroggen: ertragssicher auch bei Trockenheit

Ein trockenes Frühjahr, ein extrem trockener und heißer Frühsommer, eine nasse und immer wieder unterbrochene Erntephase und Qualitätsprobleme durch niedrige Fallzahlen und Auswuchs beschreiben wie bei Wintertriticale auch bei Winterroggen das Erntejahr 2017.

Die Anbaufläche von Winterroggen in NRW betrug im Jahr 2017 rund 17 000 ha. Der Anbauschwerpunkt liegt mit 15 000 ha in Westfalen auf den leichten Böden des Münsterlandes und in Ostwestfalen. Im Rheinland werden nur noch 2 000 ha Winterroggen angebaut. Roggen findet seinen Einsatz neben der klassischen Verwertung als Brotroggen als Futtergetreide und Ganzpflanzensilage für Biogasanlagen. Die Kultur Winterroggen ist im Vergleich der Wintergetreidearten in NRW eine kleine Kultur und konkurriert mit Wintergerste, Wintertriticale oder Stoppelweizen. Für eine höhere Wertschätzung der Kultur sprechen aus unserer Sicht einige Argumente.

Moderne Hybridsorten haben ein sehr hohes und sicheres Ertragsniveau. Im Gegensatz zu den Selbstbefruchtern Gerste, Weizen oder Triticale haben Hybriden beim Fremdbefruchter Roggen deutliche Ertragsvorteile gebracht. Winterroggen ist stresstoleranter als die übrigen Wintergetreidearten und produziert auch in trockenen Jahren sichere und hohe Erträge. Im Vergleich hat Roggen den niedrigsten Wasserbedarf und gleichzeitig das beste Wurzelwerk. In Jahren mit ausgeprägter Frühsommertrockenheit wie 2017 ein deutlicher Vorteil. Während Stoppelweizen und Triticale schon frühzeitig Trockenschäden zeigten und vorschnell abreiften, präsentierten sich die Roggenbestände zur gleichen Zeit noch vital und grün. Alte Fruchtfolgeversuche belegen zudem eine bessere Vorfruchtwirkung beim Roggen. Ein weiterer Pluspunkt ist hohe N-Effizienz der Kultur. Gegenüber Triticale sind bei gleichem Ertragsniveau Einsparungen von mindestens 20 bis 30 kg N möglich. Auch in der Fütterung ist Roggen entgegen ältere Vorurteile gut einsetzbar.

Unbestreitbar birgt der Roggenanbau aber auch Risiken. Immer noch ist Roggen sehr auswuchsgefährdet. Erntereife Bestände müssen zügig geerntet werden. Das gilt ganz besonders für den Anbau von Brotroggen. In Jahren mit schwierigen Erntebedingungen wie 2017 war das vor allem in den östlichen Landesteilen von NRW eine große Herausforderung. Moderne Hybriden sind deutlich kürzer und standfester geworden und haben dieses Risiko etwas minimiert. Ein weiteres Anbaurisiko ist die Anfälligkeit gegenüber Mutterkorn.

Landessortenversuche als sichere Basis für Empfehlungen

Trotz der vergleichsweise niedrigen Anbauflächen prüft die Landwirtschaftskammer NRW weiterhin Winterroggensorten. Auf zwei Lehmstandorten werden in NRW am Niederrhein und in Ostwestfalen sowie auf einem Sandstandort im westlichen Münsterland ältere und neuere Sorten vergleichend getestet. Die Versuche werden in zwei Intensitätsstufen angelegt. Stufe 1 mit normaler Düngung, sehr eingeschränktem Einsatz von Wachstumsreglern und ohne Fungizide prüft Standfestigkeit und Sortengesundheit. Stufe 2 mit praxisüblicher Intensität prüft die Ertragsleistung der Sorten und ist Basis für die Sortenempfehlung.

Die entsprechenden Versuchsergebnisse für 2017 sind in Tabelle 1 aufgeführt. Auf den drei Standorten in NRW wurde in der behandelten Stufe im Mittel ein Ertrag von rund 100 dt/ha geerntet. Auf allen drei Standorten standen ebenfalls Sortenversuche mit Wintertriticale. Auch hier wurden im Schnitt rund 100 dt/ha geerntet. Die Mehrerträge durch Wachstumsregler und Fungizide lagen im Mittel bei 18 dt/ha. Die Lehmstandorte am Niederrhein in Neukirchen-Vluyn und in Ostwestfalen in Lage-Heiden zeigten aufgrund des höheren Braunrost- und Mehltaubefalls höhere Mehrerträge als der Sandstandort in Merfeld.

Durch den Austausch von Versuchsergebnissen mit Niedersachsen stehen für 2017 insgesamt vier Versuche auf Lehm und vier Versuche auf Sand zur Verfügung. Die Versuchsergebnisse der Lehmstandorte können voll auf Löss und Höhenlagen übertragen werden. Die mehrjährigen Ergebnisse für die Bodengruppen zeigt Tabelle 2.

Kritisch sollten Praktiker in der Firmenwerbung dargestellte Ertragsergebnisse hinterfragen. Unter dem Stichwort „VorsprungPlus“ stellt KWS-Saat Ergebnisse von Parzellenversuchen dar, die bei neuen Sorten Ertragsvorteile von bis zu 17 % ausweisen. Bezugsbasis für die Ergebnisse sind alte und nicht mehr im Anbau befindliche Sorten. Durch die veraltete Bezugsbasis mit Zulassungsjahr 2009 ergeben sich für alle neueren Sorten zwangsläufig sehr hohe Mehrerträge. Bezugsbasis in den Auswertungen der Landwirtschaftskammer NRW ist das Mittel des aktuellen Prüfsortiments mit Zulassung 2013 bis 2017. Durch diese Verrechnung relativen sich die Unterschiede im Sortenvergleich erwartungsgemäß auf nur wenige Prozent.

Wichtige Kriterien für die Sortenwahl

In Tabelle 3 sind die Eigenschaften der geprüften Sorten nach der aktuellen Beschreibenden Sortenliste aufgeführt. Nach unseren Erfahrungen werden die Eigenschaften der Sorten hier zutreffend beschrieben.

Schwachstelle des Winterroggenanbaues ist die geringe Fallzahlstabilität der Kultur. Für das aktuelle Versuchsjahr liegen zu Fallzahlen bislang nur Ergebnisse von den zeitig geernteten Standorten Merfeld und Neukirchen-Vluyn vor. Hier sind größere Sortenunterschiede nicht abzuleiten. SU Performer hat in der Beschreibenden Sortenliste mit Note 8 die beste Einstufung vor KWS Daniello und den neuen Sorten KWS Binntto und KWS Eterno. Die übrigen Sortenfolgen mit der Note 6. Hinsichtlich Lagerneigung, Strohstabilität und besonders Braunrostempfindlichkeit haben sich die Hybriden in den letzten zehn Jahren verbessert. SU Composit und vor allem KWS Binntto verfügen über die beste Einstufung.

Unterschiede bei den Sorten gibt es auch bei der Mutterkornanfälligkeit. Mutterkorn entsteht, wenn in der Blüte durch ungünstiges Witterung und einen geringen Pollendruck schlechte Befruchtungsbedingungen herrschen. Unter diesen Umständen kann sich der Pilz in der Blütenanlage leichter einnisten. Unterschiede in der Sortenanfälligkeit korrelieren mit der Pollenschüttung. Die beste Einstufung haben mit Note 3 die Populationssorte Conduct und die Hybride KWS Gattano.

Die Einstufungen sind allerdings nur begrenzt vergleichbar, da hier die Sorte als reine Hybride beschrieben wird. Alle Sorten der Saaten Union werden für die Praxisaussaat mit einer 10-prozentigen Zumischung von Populationsroggen verkauft. Hierdurch wird im Bestand ein höherer Pollendruck erzeugt und das Mutterkornrisiko reduziert.

Welche Hybriden sind empfehlenswert?

In den aktuellen Sortenversuchen gibt es mit Conduct nur noch eine Nichthybride. Im Schnitt der Jahre liegt die Ertragsleistung deutlich um 15 bis 20 % unter den Hybriden.

Viele mehrjährig geprüfte Hybriden zeigen vergleichbare Ertragsleistungen. Es fällt daher schwer, Argumente für oder gegen einzelne Sorten zu finden. Bei gleicher Ertragsleistung sollten strohstabilere und gesündere Sorten bevorzugt werden. SU Composit entspricht diesem Sortentyp. Es stellt sich aber die Fra-ge, ob die über die Baywa vertriebene Sorte in NRW im Handel ausreichend als Saatgut verfügbar ist.

SU Performer ist sehr ertragsstabil und besitzt eine hohe Fallzahl, ist aber vor allem bei der Strohstabilität schlechter eingestuft. SU Cossani fällt nach guten Vorjahren 2017 auf den Lehmstandorten etwas ab und gehört innerhalb des Prüfsortiments mit der Braunrostnote 5 mittlerweile zu den eher anfälligen Sorten.

Gibt es Interessante neue Sorten?

Als Neuzulassungen wurden KWS Binntto und KWS Eterno in die Landessotenversuche aufgenommen. KWS Binntto verfügt über sehr gute Einstufungen bei Lager, Halmknicken und Braunrost und konnte im ersten Prüfjahr auch beim Ertrag überzeugen. Trotz nur eines Prüfjahres aus unserer Sicht eine gute Empfehlung für den Probeanbau.

KWS Eterno als zweite neue Sorte zeigt bei den Erträgen ebenfalls ein über-durchschnittliches erstes Prüfjahr. Die Sorte ist bei Braunrost mit Note 2 wie KWS Binntto sehr gut eingestuft. Schwächer ist die Einstufung bei Lager und Halmknicken.

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