Wirtschaftliche Bewertung der Kulturen

Über 90 % der Biogasanlagen in NRW werden als sogenannte NaWaRo-Anlagen betrieben. In diesen Anlagen werden neben Gülle und Mist ausschließlich nachwachsende Rohstoffe eingesetzt. Die Bereitstellung der Biomasse verursacht so hohe Kosten, dass sie bei vielen Anlagen 50 % der Gesamtjahreskosten ausmachen. Daher müssen bei der Biomasseauswahl für jede Anlage die standortspezifischen Gegebenheiten, wie Pacht und Ertrag, geprüft und darauf basierend die geeigneten Kulturen ausgewählt werden. Neben den betriebswirtschaftlichen Kriterien sind dabei auch phytosanitäre Aspekte, die Fruchtfolge sowie Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz zu berücksichtigen.

Für einen betriebswirtschaftlichen Vergleich der Kulturen sind die Produktionskosten zur Energiebereitstellung zu berechnen und nebeneinander zu stellen. Dies kann in Euro pro Kubikmeter Methangas oder auch in Cent pro Kilowattstunde Strom erfolgen. Letzteres unterstellt technische Eigenschaften zur Verstromung, ermöglicht aber einen Vergleich mit den Erlösen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

In den Tabellen sind die reinen Produktionskosten für verschiedene Kulturen zusammengestellt. Neben den variablen Kosten sind auch die Festkosten, ein Lohnansatz und eine Pacht oder ein Pachtansatz zu berücksichtigen. Nicht erfasst sind die Kosten für Konservierung, Aufbereitung und Dosierung. Es wurde auch kein betriebsspezifischer Gewinnansatz berücksichtigt. Die entsprechenden Produktionskosten sind um die Betriebsprämie zu reduzieren.

Neben den Hauptfrüchten Silomais, Getreide-GPS, Zuckerrübe und Ackergras wird am Beispiel von Roggen-GPS mit Silomais die Wirtschaftlichkeit im Zweitfruchtanbau dargestellt. Die Kalkulation für den Grünroggen zeigt die Situation im Winterzwischenfruchtanbau. Berechnungen für andere Kulturen müssen in gleicher Weise unter Berücksichtigung der jeweiligen Produktionskosten erfolgen.

Bei der Kalkulation für Silomais wird zwischen drei Ertragsniveaus von 450, 500 und 550 dt pro ha und den damit erzielbaren Methanerträgen unterschieden. Der Energiegehalt im Silomais wurde mit den KTBL-Daten zur Gasausbeute berechnet. Der Methanertrag je ha bei 8 % Silierverlust beschreibt die tatsächlich zur Verfügung stehende Energiemenge für die Biogasanlage.

Für Silomais mit einem Ertrag von 500 dt/ha bei einem Trockenmassegehalt von 33 % ergeben sich an einem Standort mit 400 € Pacht/ha Produktionskosten inklusive Ernte und Transport bis ins Silo von 1 497 € pro Hektar. Dies entspricht einem Preis von rund 3 € pro dt Frischmasse. Dass diese Kosten standortspezifisch erheblich unterschiedlich ausfallen, zeigt der Vergleich mit einem Standort in einer Veredelungsregion mit einem Pachtniveau von 700 € je Hektar. Hier kostet die Dezitonne Silomais mit 3,60 € etwa 20 % mehr als an dem Ackerbaustandort mit 400 € Pacht. Hinzu kommen bei dem Standort in der Veredelungsregion noch Kosten für die Gärrestverbringung. Während in ackerbaulich geprägten Regionen mitunter Erlöse für den Gärrest erzielt werden können, muss in viehstarken Kreisen pro Kubikmeter Gärrest durchaus mit 8 € und darüber kalkuliert werden.

Da die Erntekosten regional unterschiedlich ausfallen und insbesondere bei Silomais auch ein Verkauf „stehend auf dem Halm“ erfolgt, sind diese Kosten in der Tabelle separat ausgewiesen. Dadurch kann für verschiedene Regionen unter individuellen Vertragsbedingungen der jeweilige Preis für Energie aus Biomasse abgeleitet werden. Der Vergleich zwischen den Kulturen kann auch mittels einer Relativzahl erfolgen. Dazu entspricht der Ertrag von Silomais mit 500 dt/ha 100 %. Dieser Vergleich zeigt die starke Position des Silomaises. Derzeit wird Mais in der Wirtschaftlichkeit von keiner anderen Kultur übertroffen. Allerdings gibt es unter bestimmten Bedingungen Alternativen. Bei den Hauptfrüchten weist Getreide-GPS bei einem Ertrag von 400 dt pro ha die gleichen Produktionskosten auf wie der Silomais bei 500 dt. Diese Konstellation findet sich beispielsweise in Höhenlagen.

Getreide-GPS bietet auch eine Alternative bei eventuellen Beschränkungen des Maisanbaues infolge eines Schädlingsbefalls.

Bei der Zuckerrübe zeigt die Kalkulation die Notwendigkeit sehr hoher Erträge. Eine solche Situation ist außerhalb der klassischen Rübenregion aktuell eher in den durch Veredelung geprägten Regionen anzutreffen. Da dort seit Jahren keine Rüben angebaut wurden, können in den ersten Jahren durchaus außergewöhnlich hohe Erträge erzielt werden. Zuckerrüben sind auch für Betriebe interessant, bei denen Mais aufgrund der klimatischen Verhältnisse weniger wettbewerbsfähig ist. Die Vorzüglichkeit des Zuckerrübenanbaus für Biogasanlagen steigt insgesamt, sofern sich die Erträge durch züchterische Fortschritte und geänderte Produktionstechnik verbessern.

Des Weiteren muss für die umfassende Einordnung der Rübe die gesamte Verfahrenskette bis in den Fermenter bewertet werden. Da diese Kosten derzeit noch nicht abschließend feststehen, sind sie nicht in die Berechnungen eingeflossen. Der reinen Kostenbetrachtung stehen aber auch Erfahrungen von Biogasanlagenbetreibern gegenüber, die von positiven Effekten bei der Substratmischung mit Zuckerrüben berichten. So wird zum Beispiel von einer günstigen Wirkung auf die Gesamtgasausbeute berichtet und es werden Vorteile beim Homogenisieren im Fermenter/Nachgärer genannt. Inwieweit diese positiven Effekte die gegebenenfalls höheren Kosten für Konservierung, Aufbereitung und Dosierung aufwiegen, wird sich in Zukunft zeigen.

Bei der Kombination von Roggen-GPS mit Silomais zeigt sich, dass nur bei einem hohen Gesamtertrag von 700 dt pro ha die Mehrkosten der zweiten Kultur annähernd kompensiert werden und eine Vorzüglichkeit gegenüber dem alleinigen Anbau erreichbar ist. Solche hohen Erträge können nur für ausgesuchte Standorte dauerhaft zugrunde gelegt werden.

Die Kalkulation für die Zwischenfrucht am Beispiel Grünroggen verdeutlicht, dass die Kosten in Folge der vergleichsweise geringen Trockenmasseerträge im Vergleich zu Silomais hoch sind. Die Vorzüglichkeit der Zwischenfrüchte steigt bei zunehmenden Kosten für Hauptfrüchte beispielsweise durch steigende Getreidepreise und damit höhere Flächennutzungskosten. Grundvoraussetzung sind auch hier gute Erträge und damit Ansprüche an den Standort.

Produktionskosten einschließlich Ernte und Transport frei Silo