Wintergetreidevermehrung stabilisiert

Vermehrung Wintergerstensorte Alinghi

Die Vermehrungsfläche für Wintergetreide hat sich stabilisiert, die Flächen mit Winterraps und Gräsern wurden eingeschränkt. Welche Arten und Sorten vorn liegen, beschreibt Holger Dietzsch von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

In Nordrhein-Westfalen werden in diesem Jahr 14.571 ha vermehrt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Rückgang um 3,5 % (Übersicht 1). Dieser insgesamt nur leichte Rückgang resultiert im Wesentlichen aus den deutlichen Abnahmen bei den Rapsvermehrungen um - 17,4 % und den weiterhin abnehmenden Flächenumfang bei den Gräsern (- 5,7%). Auch Sommergetreide wird zur Ernte 2009 deutlich weniger vermehrt. Dies ist sicherlich auf die mehr als ausreichende Versorgungslage mit Sommergetreide in diesem Frühjahr und die niedrigen Preise zurückzuführen.

Nach den Rückgängen in den Vorjahren hat sich die Wintergetreidefläche in 2009 wieder stabilisiert. Während die Vermehrungsflächen mit Wintergetreide im Rheinland um gut 100 Hektar zurückgegangen sind, werden in Westfalen-Lippe etwa 130 Hektar mehr vermehrt als im Vorjahr. Winterweizen ist mit 5.562 ha Vermehrungsfläche nach wie vor die bedeutendste Getreideart in NRW. Damit entfallen rund 39 % der Vermehrung auf Winterweizen. Mit einer Zunahme der Vermehrung um 2% hat die Fläche wieder das Niveau der Ernte 2007 erreicht. In beiden Landesteilen hat die Weizenvermehrung im Vergleich zum Vorjahr wieder zugenommen, dabei wurde die Vermehrung in Westfalen-Lippe prozentual allerdings stärker ausgedehnt als im Rheinland. Die Wintergerstenvermehrung bewegt sich in 2009 knapp unter dem Niveau des Vorjahrs. In den beiden Landesteilen ist die Fläche geringfügig zurückgegangen. Die Triticalefläche hat sich gegenüber 2008 nur marginal verringert. Demgegenüber sind die Roggenflächen wieder gesunken und liegen in etwa auf dem Niveau von 2006. Winterhafer ist nach wie vor eine Besonderheit im Rheinland, die Vermehrung erfolgt auf einer kleineren Fläche von insgesamt 51 Hektar.

Die Vermehrungsflächen von Sommergetreide wurden in NRW um rund 14 % zurückgenommen. Während sich die Sommergerstenfläche kaum verändert hat wird Hafer in diesem Jahr deutlich weniger vermehrt. Insgesamt wurde die Haferfläche um 30% gegenüber dem Vorjahr zurückgefahren. Der Rückgang fiel mit einem Minus von 31% in Westfalen-Lippe deutlicher aus als im Rheinland (- 6%). Sommerweizen spielt in der Saatgutvermehrung in NRW eine eher untergeordnete Rolle, die Fläche ist im Vergleich zu 2008 etwas ausgedehnt worden. Nachdem die Vermehrungsfläche von Öl und Faserpflanzen, d.h. von Winterraps, im vergangenen Jahr kräftig ausgedehnt wurde, ist sie zur Ernte 2009 um 300 Hektar zurückgegangen. Die Zurücknahme der Rapsvermehrung hat ausschließlich in Westfalen-Lippe stattgefunden, hier sind Rückgänge in einer Größenordnung von fast 60% zu verzeichnen. Demgegenüber bewegt sich die Rapsvermehrung im Rheinland auf Vorjahresniveau. Diese in beiden Landesteilen doch sehr unterschiedliche Entwicklung hängt wesentlich mit der Zunahme der Vermehrung von Rapshybriden zusammen. In 2009 beträgt der Anteil der Hybridsorten an der Gesamtrapsvermehrung in NRW fast 83 % (Vorjahr 60 %).

Weniger Vermehrer

Die Anzahl der Vermehrer hat auch in diesem Jahr weiter abgenommen (Übersicht 2). Im vergangenen Jahr erzeugten in Westfalen-Lippe noch 414 Betriebe Saat- und Pflanzgut, in diesem Jahr sind es nur noch 389 Vermehrer. Im Rheinland hat sich die Zahl der Saatgutvermehrer von 327 auf 311 verringert. Damit hat sich die Struktur in der Saatgutvermehrung in den vergangenen Jahren entsprechend verbessert. Im Mittel beträgt die durchschnittliche Vermehrungsfläche pro Betrieb im Rheinland jetzt 23,7 ha und in Westfalen-Lippe 18,5 ha Saatgut. 1997 lag die durchschnittliche Fläche je Vermehrer im Rheinland bei 14,7 ha und in Westfalen-Lippe bei 15,2 ha. Die durchschnittliche Schlaggröße bei Getreide liegt in diesem Jahr bei 5,0 ha (Westfalen-Lippe) bzw. 6,7 ha (Rheinland) und bei Feldsaaten in beiden Regionen um die 3,8 bis 4,5 Hektar.

Winnetou bei Weizen weiterhin vorn

Beim Winterweizen sind in den Diagrammen die Sorten namentlich genannt, die auf mehr als 100 Hektar vermehrt werden. Winnetou, Manager, Hermann und Tabasco sind die vier größten Sorten in NRW. An fünfter Stelle steht Skalmeje, gefolgt von Julius, Mulan und Inspiration. Danach kommen Premio, Dekan, Hattrick, Limes, Boomer, Carenius und Tuareg. Diese 15 Sorten nehmen zusammen knapp 75 % der Vermehrungsflächen bei Weizen ein. Betrachtet man die Sortenstatistik in den beiden Landesteilen, so ergibt sich ein etwas unterschiedliches Bild. Hier spiegeln sich die Unterschiede in der Struktur der Saatgutvermehrung in den beiden Landesteilen wider. Im Rheinland setzt sich das Weizensortiment in 2009 aus 50 Sorten (im Vorjahr 48) zusammen. Größte Sorten sind hier Manager, Premio, Winnetou, Dekan, Hattrick und Hermann. Dahinter folgen Limes, Mulan, Skalmeje und Carenius. Diese neun größten Sorten nehmen fast 58% der Fläche ein (Übersicht 3). Als regionale Besonderheit der klimatischen und betrieblichen Verhältnisse im Rheinland sind die Vermehrungen der frühreifen, z.T. begrannten Weizensorten anzusehen. In Westfalen-Lippe werden diesmal 53 Weizensorten vermehrt (im Vorjahr 50). Die sieben stärksten Sorten nehmen hier gut 77 % der Weizenvermehrungsfläche ein. Die größten Sorten sind Winnetou, Tabasco, Hermann und Manger, gefolgt von Skalmeje, Julius und Inspiration.

Mit einem Anteil von 44% an der Weizenvermehrung dominieren in 2009 die B-Sorten das Vermehrungsgeschehen bei Winterweizen (Übersicht 4), gefolgt von den C-Weizensorten, die 36% der Vermehrungsfläche einnehmen. In 2002 lag die Summe von B und C-Weizen bei 90 %, heute liegt sie bei 80%. A-Sorten werden auf knapp 14% der Fläche vermehrt. Hier ist gegenüber den Vorjahren ein spürbarer Rückgang zu verzeichnen. E-Weizen wird in NRW mit einem Anteil von 1% nur auf kleinem Niveau vermehrt. Der Rest (5,1%) entfällt auf Sorten ohne offizielle Einstufung. Gruppiert man die Weizensorten nach der Anfälligkeit für Ährenfusarium, so ergibt sich folgendes Bild. Auf gut 90% der Weizenvermehrungsflächen in NRW stehen in diesem Jahr Sorten mit einer mindestens durchschnittlichen Resistenz gegen den Befall mit Ährenfusarium (Übersicht 5). Dabei ist der Anteil von Sorten mit einer geringen Anfälligkeit mit 16,5% niedriger als in 2008, liegt aber auf dem Niveau der Jahre davor. Gegenüber 2008 ist der Anteil von Sorten mit einer höheren Anfälligkeit deutlich zurückgegangen. Dieser Anteil liegt jetzt nur bei fast 8%, im vergangenen Jahr lag er bei 25 und in den Jahren davor zwischen 10 und 16%.

Fridericus liegt vorn

Bei der Wintergerste sind in den Diagrammen die Sorten namentlich genannt, die auf mehr als 50 Hektar vermehrt werden. Bei Wintergerste dominiert der Anteil der mehrzeiligen gegenüber den zweizeiligen Sorten an der Vermehrungsfläche. Der Anteil der mehrzeiligen Sorten liegt in 2009 bei knapp 90%. Die zweizeiligen Sorten spielen damit in NRW weiterhin nur eine untergeordnete Rolle. Virusresistente Wintergerstensorten nehmen seit Jahren den überwiegenden Teil (über 90 bis 95%) der Vermehrungsfläche in NRW ein. Fridericus wird auf 29% der Gerstenfläche vermehrt und liegt damit erstmals vorne. Sie wird gefolgt von Lomerit, Highlight und Naomie. Diese vier vermehrungsstärksten Sorten haben einen Anteil von rund 64% an der Wintergerstenvermehrungsfläche. Die Verteilung der Sorten in Westfalen-Lippe und im Rheinland zeigt Übersicht 6. Marktführend in Westfalen-Lippe ist eindeutig Fridericus mit einem Anteil von 33 %. Dahinter folgen Highlight mit 16 % und Naomie mit 14 % Flächenanteil. Diese drei Sorten nehmen einen Anteil von 62 % der Wintergerstenvermehrungsfläche ein. Mit Abstand folgen dann Lomerit, Merle, Finesse und Alinghi. Insgesamt werden in Westfalen-Lippe ebenso wie im Rheinland 31 Wintergerstensorten vermehrt. Die größten Sorten im Rheinland sind Fridericus und Lomerit gefolgt von Ketos, Pelican, Naomie, Highlight, Alinghi und Amarena. Diese acht Sorten nehmen zusammen 77 % der Gerstenvermehrung im Rheinland ein.

Bei Triticale hat die Sorte Grenado landesweit mit einem Anteil von fast 41% die Sorte SW Talentro (28%) von der Spitze verdrängt. Danach folgen Dinaro, Trigold, Magnat und Moderato. Das gesamte Sortenspektrum umfasst bei Triticale diesmal 13 Sorten. Regionale Unterschiede im Sortenranking sind auch bei Triticale sehr ausgeprägt. Im Rheinland steht SW Talentro mit einem Anteil von 64% mit sehr großem Abstand an erster Stelle in der Vermehrung. Dahinter folgen Grenado und Trigold. In Westfalen-Lippe liegt Grenado mit 44% sehr deutlich an der Spitze. Dahinter liegen fast gleichauf SW Talentro und Dinaro. Mit Abstand folgen dann noch Trigold, Magnat und Moderato. Der Schwerpunkt der Winterroggenvermehrung liegt eindeutig im Rheinland, wo diesmal anders als im Vorjahr wieder in stärkerem Umfang Populationsroggen vermehrt wird. An der Spitze liegt die Populationssorte Vitallo. Auf Platz Zwei folgt dann mit Matador eine weitere Populationssorte. Dahinter reihen sich Visello (H), Jobaro (P), Bellamie (H) und Conduct (P) ein.

Fazit für die Praxis

  • Die Vermehrungsflächen von Wintergetreide haben sich stabilisiert. Die Winterrapsfläche wurde deutlich verringert. Gräser büßen abermals Flächen ein. Trotz der insgesamt leicht rückläufigen Vermehrungsfläche hat die Saatguterzeugung in Nordrhein-Westfalen mit einer Gesamtfläche von fast 14.600 Hektar nach wie vor eine wichtige Bedeutung.  
  • Die Anzahl der Vermehrungsbetriebe nimmt weiterhin ab. Entsprechend verändern sich die Strukturen in den Betrieben. Die Gesamtfläche je Vermehrungsbetrieb und die durchschnittlichen Flächengrößen haben sich vergrößert.
  • Bei Weizen überwiegen die C- und B-Sorten in der Vermehrung. Der Anteil der A-Sorten ist diesmal etwas gesunken.
  • Bei Wintergerste dominieren die mehrzeiligen Sorten, zweizeilige Sorten spielen in der Vermehrung nur eine untergeordnete Rolle. Bei Roggen halten sich Populations- und Hybridsorten in etwa die Waage.

Autor: Holger Dietzsch