Vermehrungsflächen mit leichtem Plus

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Bei Wintergerste wurde wieder die Sorte 'Souleyka' am Häufigsten angebaut. Fotos: Holger Dietzsch


In Nordrhein-Westfalen wird Saatgut in diesem Jahr auf 13.060 Hektar erzeugt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem leichten Plus von gut 1 Prozent. Dies ist vor allem auf die Ausdehnung der Flächen bei Gräsern und Winterraps zurückzuführen. Wie sich die Flächen im Einzelnen entwickelt haben und welche Sorten in 2012 vermehrt werden, erläutert Holger Dietzsch.

Bei allen Zahlen aus 2012 handelt es sich zunächst noch um vorläufige Werte mit Stichtag vom 24. Mai 2012. Als Folge der Kahlfrostschäden wurden bis in den Mai immer noch Vermehrungsflächen von Gerste und Weizen umgebrochen. Insofern kommt es immer noch zu Zurückziehungen, die dann nicht berücksichtigt werden konnten.

Der Schwerpunkt der Saatgutvermehrung liegt in Nordrhein-Westfalen nach wie vor beim Wintergetreide. In 2012 wird Wintergetreide auf einer Fläche von 9.608 ha vermehrt. Das sind 74 % von der Gesamtvermehrungsfläche (Übersicht 1). Gegenüber dem Vorjahr wurden die Wintergetreidevermehrungsflächen um 2,8 % reduziert, was im Wesentlichen auf die starken Verluste durch die Kahlfröste in Westfalen-Lippe zurückzuführen ist. Mit 5.385 ha bzw. einem Anteil von 41 % an der gesamten Vermehrungsfläche nimmt der Winterweizen weiterhin eine dominierende Stellung ein. Im Vergleich zu 2011 wurde die Weizenfläche diesmal aber um 8,1 % verringert. Betrachtet man die Entwicklung der Weizenfläche in den Landesteilen, so ist festzustellen, dass den Zuwächsen im Rheinland von 5,5 % deutliche Verluste in Westfalen Lippe in einer Größenordnung von 21,1 % gegenüberstehen. Wintergerste bleibt in diesem Jahr zweitstärkste Fruchtart und wird auf 2.667 Hektar vermehrt. Im Vergleich zu 2011 bedeutet dies ein Plus von fast 5 %. Im Rheinland hat sich die Wintergerstenfläche gegenüber dem Vorjahr mit einem Zuwachs von 19 % deutlich erhöht, in Westfalen ging sie dagegen um knapp 4 % zurück. Triticale steht auf insgesamt auf 1.203 ha. Die Fläche hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 2 % erhöht. Nach den deutlichen Zuwächsen in den vergangenen zwei Jahren fällt die Roggenfläche mit 333 ha noch einmal größer aus als im vergangenen Jahr. Winterhafer ist nach wie vor eine Besonderheit im Rheinland, die Vermehrung erfolgt auf insgesamt kleinerer Fläche. In 2012 sind dies 30 ha, wobei wegen der Kahlfrostschäden ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr festzustellen ist.

Sommergetreide verbucht wegen der Frostschäden in 2012 gegenüber dem Vorjahr eine spürbare Zunahme von knapp 15 %. Die Vermehrungsflächen von Sommergerste und Sommerweizen wurden ausgedehnt. Die Haferflächen sind in Westfalen-Lippe gegenüber 2011 etwas gesunken, während sie im Rheinland auf insgesamt kleinerem Niveau etwas angestiegen sind. In den vergangenen Jahren wurde die Vermehrungsfläche von Sommergetreide aufgrund der abnehmenden Bedeutung in der Praxis kontinuierlich zurückgefahren. Wenn dann wie in 2012 eine außergewöhnlich starke Nachfrage einsetzt, kann der Saatgutbedarf naturgemäß nicht überall befriedigt werden.

Nachdem die Vermehrungsflächen von Öl- und Faserpflanzen, d.h. hauptsächlich von Winterraps, seit 2009 kontinuierlich zurückgegangen sind, ist zur Ernte 2012 im Vergleich zum Vorjahr wieder ein Anstieg von gut 10 % zu verzeichnen. Mit einer der Gründe für die Ausdehnung dürften auch die im Gegensatz zum Vorjahr wesentlich günstigeren Aussaatbedingungen im letzten Herbst gewesen sein. In Nordrhein-Westfalen hat die Vermehrung von Raps traditionell einen hohen Stellenwert. Immerhin standen hier im Mittel der letzten Jahre gut ein Viertel der bundesweiten Vermehrungsflächen von Winterraps. Bei der Entwicklung der Grassamenvermehrungen konnte der Trend der letzten Jahre gestoppt werden. Die Vermehrungsflächen sind in 2012 im Vergleich zum Vorjahr um über 18 % auf 1.153 ha angestiegen. Dies ist sicherlich eine Folge der knappen Verfügbarkeit und der gestiegenen Preise am Gräsermarkt. Die Leguminosenvermehrung wurde in 2012 deutlich erhöht. Mit 264 ha werden so viel Leguminosen in NRW vermehrt wie zuletzt in 2007. Die Erzeugung von Pflanzkartoffeln spielt in Nordrhein-Westfalen nur eine untergeordnete Rolle, die vorläufig angemeldeten Zahlen liegen bei knapp 70 Hektar.

Zahl der Vermehrungsbetriebe stabilisiert

Die Entwicklung mit ständig sinkender Zahl von Vermehrungsbetrieben hat sich in 2012 landesweit nicht fortgesetzt. In 2012 erzeugen in NRW mit 591 Betrieben noch genauso viele Vermehrer Saat- und Pflanzgut wie im Vorjahr (Übersicht 2). Während im Rheinland im Vergleich zum Vorjahr 17 Vermehrer hinzugekommen sind, hat die Zahl der Saatgutvermehrer in Westfalen-Lippe um 17 Betriebe abgenommen. Die Struktur in der Saatgutvermehrung hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, gegenüber 2011 hat sich die durchschnittliche Vermehrungsfläche je Betrieb allerdings nur geringfügig erhöht. Im Mittel beträgt die durchschnittliche Vermehrungsfläche pro Betrieb im Rheinland jetzt 27,7 ha und in Westfalen-Lippe 18,3 ha Saatgut. 1997 lag die durchschnittliche Fläche je Vermehrer im Rheinland bei 14,7 ha und in Westfalen-Lippe bei 15,2 ha.

Die Entwicklung der Vermehrungsflächen auf Kreisebene ist in der Übersicht 3 dargestellt. Es ist deutlich erkennbar, dass die Saatgutvermehrung in NRW ihre Schwerpunkte in den Kreisen Erftkreis/Köln, Gütersloh, Düren und Lippe hat. In diesen Kreisen wird Saatgut auf einer Fläche von über 1000 Hektar vermehrt. Interessant ist hier die Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren. Während die Flächen in Erftkreis/Köln und in Düren z.T. deutlich angestiegen sind, wurden die Flächen in Gütersloh und Lippe leicht zurückgenommen. Dahinter folgen dann noch mit Flächenanteilen von mehr als 500 Hektar Vermehrung die Kreise Kleve, Rhein Sieg, Warendorf, Soest, Euskirchen und Herford-Bielefeld. Des Weiteren liegen die Vermehrungsflächen in weiteren 13 Kreisen mehr oder weniger deutlich über 100 Hektar und in 10 Kreisen darunter.

JB Asano erstmals größte Weizensorte

Nach wie vor breit gefächert ist das Sortenspektrum bei Winterweizen. So werden in 2012 landesweit 70 Weizensorten bzw. noch nicht zugelassene Stämme vermehrt (83 in 2011). In Übersicht 4 sind die Weizensorten namentlich aufgeführt, die auf mehr als 100 ha vermehrt werden. In NRW sind JB Asano, Tobak, Winnetou und Inspiration die vier größten Sorten. Dahinter folgen Julius, Lear, Tabasco, Primus, Premio und Matrix. Des Weiteren kommen dann noch Hermann, Smaragd, Manager und Meister. Zusammen nehmen diese 14 Sorten rund 71 % der Weizenvermehrungsflächen ein. Betrachtet man die Sortenverteilung in beiden Landesteilen, so ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Im Rheinland setzt sich das Weizensortiment aus 40 Sorten (im Vorjahr 46) zusammen. Die größten Sorten sind hier Premio, Primus, Inspiration und JB Asano. Dahinter folgen dann Tabasco, Hermann, Julius, Lear und Manager. Diese 9 Sorten nehmen zusammen 53% der Weizenvermehrungsfläche ein. Als regionale Besonderheit der klimatischen und betrieblichen Verhältnisse im Rheinland sind die Vermehrungen der frühreifen, z.T. begrannten Weizensorten anzusehen. In Westfalen-Lippe werden diesmal 40 Weizensorten vermehrt (im Vorjahr 58). Die 9 größten Sorten nehmen hier 72% der Weizenvermehrungsfläche ein. Die größten Sorten sind Tobak, Winnetou, und JB Asano, gefolgt von Matrix, Lear, Julius, Tabasco, Inspiration und Smaragd.

Der Anteil der B-Weizen an der Weizenvermehrung hat sich mit 43,9 % gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Damit dominieren die B-Sorten weiterhin das Vermehrungsgeschehen bei Winterweizen (Übersicht 5). Der Anteil der C-Sorten hat sich in den letzten 3 Jahren nur unwesentlich verändert, er liegt jetzt bei 32,4 %. A-Sorten werden auf gut 21 % der Weizenfläche vermehrt. Im Vergleich zu den Vorjahren entspricht dies einer deutlichen Zunahme. E-Weizen werden wieder auf 1,8 % der Weizenfläche vermehrt. Gruppiert man die Weizensorten nach der Anfälligkeit für Ährenfusarium, so ergibt sich das folgende Bild. Auf 74 % der Weizenvermehrungsflächen in NRW stehen in diesem Jahr Sorten mit einer mindestens durchschnittlichen Resistenz gegen den Befall mit Ährenfusarium (Übersicht 6). Im Jahr zuvor lag dieser Anteil noch bei 82 % und in 2010 sogar bei fast 90 %. Dabei ist der Anteil von Sorten mit einer geringen Anfälligkeit mit 5,6 % nochmals niedriger als in 2011. Gegenüber den letzten zwei Jahren ist dagegen der Anteil von Sorten mit einer höheren Anfälligkeit wieder deutlich angestiegen. Dieser Anteil liegt jetzt wieder bei fast 26 %.

Souleyka bei Wintergerste abermals vorne

Bei Wintergerste dominiert der Anteil der mehrzeiligen Sorten an der Vermehrungsfläche mit 97 % sehr deutlich. Seit etlichen Jahren liegt dieser Anteil immer über 90%. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Anteil der Sorten mit einer Resistenz gegenüber Gelbmosaikvirus. Hier liegt der Anteil der resistenten Sorten diesmal bei 83 %. Insgesamt werden in NRW 38 Wintergerstensorten vermehrt (im Rheinland 25 und in Westfalen-Lippe 29 Sorten). In Übersicht 7 sind die Sorten namentlich aufgeführt, die eine Vermehrungsfläche von über 50 Hektar haben. Souleyka hat ihre Spitzenposition behauptet und nimmt mit 23,4 % die Spitzenposition ein. Dahinter folgen Lomerit und KWS Meridian. Mit etwas Abstand kommen dann Pelican und Leibniz, gefolgt von KWS Tenor, Ketos, Nerz, Otto, Fridericus, Kathleen, Henriette und Highlight. Übersicht 7 zeigt die Sortenverteilung bei Gerste in Westfalen-Lippe und im Rheinland. In Westfalen-Lippe ist Souleyka mit Abstand die größte Sorte. Dahinter stehen Lomerit, Pelican und Leibniz. Diese vier Sorten nehmen zusammen 57 % der Wintergerstenvermehrungsfläche ein. Danach folgen dann noch Otto, KWS Tenor, Nerz und Kathleen. Im Rheinland nehmen die sechs größten Sorten 68 % der Fläche ein. Dies sind KWS Meridian, Souleyka, Lomerit Pelican, Leibniz und Ketos. Die Entwicklung der Hybridgerstenzüchtung ist in den letzten Jahren weiter gegangen. Hybridgerste wir in NRW in diesem Jahr auf einer Fläche von gut 50 Hektar vermehrt. Die Schwerpunkte der Hybridgerstenvermehrung liegen in anderen Bundesländern. Dies hängt stark von den Fruchtfolgeanteilen von Wintergerste in der Praxis ab, weil hier entsprechende Mindestentfernungen eingehalten werden müssen.

Grenado behauptet Spitzenposition

Grenado ist in NRW mit 475 ha Vermehrungsfläche auch in 2012 die bedeutendste Triticalesorte. Es folgen dann auf Platz zwei Dinaro und mit Abstand dahinter SW Talentro. Das gesamte Sortenspektrum umfasst bei Triticale 17 Sorten. Die regionalen Unterschiede im Sortenranking sind auch bei Triticale sehr ausgeprägt. Im Rheinland steht SW Talentro mit einem Anteil von 38 % mit Abstand an erster Stelle in der Vermehrung (Übersicht 8). Dahinter folgt zunächst Grenado und dann kommen mit deutlichem Abstand noch Cosinus, Andiamo und Tarzan. In Westfalen-Lippe bestimmen Grenado mit 42 % und Dinaro mit 37 % sehr deutlich das Vermehrungsgeschehen bei Triticale. Dahinter reihen sich SW Talentro, Tarzan und Cosinus ein.

Der Schwerpunkt der Winterroggenvermehrung liegt nach wie vor eindeutig im Rheinland. Insgesamt werden 19 Sorten (6 mehr als in 2011) vermehrt. Die Anteile von Hybrid- und Populationssorten halten sich auch in 2012 in etwa die Waage. An der Spitze liegen Palazzo (H), Matador (P) und KWS Progas (Übersicht 9). Dahinter folgen dann Conduct (P), Vitallo (P), Brasetto (H), Visello (H), KWS Magnifico (H), Dukato (P), Helltop (H) und Jobaro (P).

Sommergetreide

Die Vermehrungsflächen von Sommergerste wurden um rund 80 Hektar gegenüber 2011 ausgedehnt. Insgesamt werden in diesem Jahr 12 Sommergerstensorten vermehrt. Die bedeutendste Sorte ist im zweiten Jahr die Sommerbraugerste Propino. Ihr folgt an zweiter Stelle die Braugerste Quench. Danach folgen dann Simba (Futtergerste) sowie Catamaran, Marthe und Shuffle. Die Vermehrung von Sommerweizen hat wieder etwas zugenommen, von 89 ha in 2011 auf 106 ha in 2012. Die bedeutendsten Sorten sind SW Kadrilj (31 ha), Tybalt (25 ha), Eminent (17 ha) und Granny (12 ha). Die Hafervermehrung hat sich gegenüber 2011 nur geringfügig verringert. An der Spitze liegt mit großem Abstand die Sorte Max mit 109 ha. Es folgen Moritz mit 37 ha, Ivory mit 32 ha, Scorpion mit 25 ha und Dominik mit 22 ha. Des Weiteren stehen dann noch die Sorten Aragon, Galaxy und Siomon auf kleinerer Fläche in der Vermehrung. In der Vermehrung dominieren die Gelbhafersorten mit einem Anteil von knapp 86 %. Weißhafersorten machen die restlichen 14 % aus. Schwarzhafersorten werden seit 2011 nicht mehr in NRW vermehrt.

Fazit für die Praxis

  • Die Vermehrungsflächen sind gegenüber dem Vorjahr etwas ausgedehnt worden. Damit ist die rückläufige Entwicklung der vergangenen Jahre gebremst und die Flächen haben sich stabilisiert.
  • Die Saatguterzeugung hat in Nordrhein-Westfalen mit einer Gesamtfläche von etwas über 13.000 Hektar weiterhin einen großen Stellenwert.
  • Die Anzahl der Vermehrungsbetriebe hat nicht mehr abgenommen, wenngleich hier sehr unterschiedliche Entwicklungen in den beiden Landesteilen festzustellen sind.
  • Bei Weizen überwiegen die B- und C-Sorten in der Vermehrung. Der Anteil der A-Sorten ist abermals etwas angestiegen.
  • Bei Wintergerste dominieren die mehrzeiligen Sorten das Vermehrungsgeschehen.
  • Der Schwerpunkt der Triticalevermehrung liegt in Westfalen-Lippe, der Schwerpunkt der Roggenvermehrung dagegen im Rheinland.

Autor: Holger Dietzsch