Informationen zum Schmallenberg-Virus

Schaflamm mit verkrümmten GliedmaßenBild vergrößern
Foto 1: Missgebildetes Schaflamm mit verkrümmten Gliedmaßen (Dr. Cordula Köß)

Auf der Suche nach der Ursache für die Krankheitserscheinungen bei Rindern, die im vergangenen Herbst zuerst im deutsch-niederländischen Grenzgebiet aufgetreten sind, ist es dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Zusammenarbeit mit dem Tiergesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und anderen gelungen, aus dem Blut erkrankter Kühe ein Virus zu isolieren. Das Virus wird vorläufig nach der Herkunft der Blutproben „Schmallenberg-Virus“ genannt. Das Erbgut dieses neuen Virus ist mit Viren aus dem sogenannten Akabane-Komplex verwandt.

Akabane

Akabane ist eine Viruserkrankung der Wiederkäuer, die vor allem durch fetale Schäden gekennzeichnet ist. Bei den meisten Wiederkäuern verläuft die Infektion ohne klinische Anzeichen. Tragende Tiere können infolge der Infektion abortieren oder es kommt zu Totgeburten bzw. es werden Kälber oder Lämmer mit Missbildungen von Hirn und bzw. oder Gliedmaßen geboren. Die meisten betroffenen Neugeborenen sterben oder müssen eingeschläfert werden. Bevor Impfstoffe entwickelt wurden, verursachte die Akabane-Krankheit in einigen Ländern erhebliche wirtschaftliche Verluste. Zwischen 1972 und 1975 führte das Virus in Japan zur Geburt von mehr als 42.000 abnormalen Kälbern. Das bisherige Verbreitungsgebiet dieser Erkrankung ist Ozeanien, Israel, Australien und Afrika. Die Übertragung von Tier zu Tiere erfolgt wie bei der Blauzungenkrankheit durch Gnitzen, aber auch andere Stechinsekten.

Behandlung

Es gibt keine direkte Behandlung für Tiere, die an Akabane erkrankt sind. Eine unterstützende Behandlung zur Linderung der Krankheitssymptomatik ist möglich. Eine Impfung steht zurzeit in Deutschland nicht zur Verfügung. Vorbeugend können tragende Tiere durch das Aufbringen von Insektiziden geschützt werden. Im Winter ist aufgrund der geringen Temperatur mit keiner oder nur sehr geringer Aktivität der Insekten zu rechnen.

Missbildungen bei Lämmern und Kälbern

Werden Schafe, Ziegen oder Rinder in einer bestimmten Phase ihrer Trächtigkeit infiziert, kann das Virus in die Gebärmutter übergehen und beim Fötus Missbildungen an Gliedmaßen und bzw. oder am Gehirn hervorrufen. Infizierte Neugeborene werden in einem Teil der Fälle lebend geboren, verenden dann aber je nach Schwere der Missbildungen oder müssen eingeschläfert werden. Durch die Gliedmaßen- und Wirbelsäulendeformationen können unter der Geburt Komplikationen entstehen.

Aktueller Stand

Meldung zum Vorkommen des Schmallenberg-Virus gibt es aus ganz Nordrhein Westfalen, Teilen von Niedersachsen und Hessen, den Niederlanden und Belgien. Missbildungen wurden in diesen Regionen hauptsächlich bei Schafen beobachtet. Meldungen über Veränderungen bei Ziegen und Kälbern sind bisher nur wenige bekannt.

Diagnostik

Zurzeit wird der Nachweis von Virus mittels PCR bei den Veterinäruntersuchungsämtern eingerichtet. Betriebe mit Verdacht auf eine Infektion bzw. mit Missbildungen bei Neugeborenen Kälbern oder Lämmern sollten sich an die Veterinärämter der Kreise oder die Tiergesundheitsdienste wenden. Eine Untersuchung auf Antikörper gegen das Schmallenberg-Virus steht zurzeit noch nicht zur Verfügung.

Fazit

Aufgrund der jetzigen Erfahrungen hat das Schmallenberg-Virus das gleiche Krankheitspotential wie andere Viren aus dem AKABANE-Komplex. Zu einer abschließenden Beurteilung der möglichen Risiken, die vom Schmallenberg-Virus ausgehen, müssen aber weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Bis Mai 2012 muss mit der Geburt missgebildeter Kälber gerechnet werden. Ob es 2012 zu einer weitern Ausbreitung der Krankheit kommt, kann noch nicht beurteilt werden. Die Produktion eines Impfstoffes zum Schutz noch nicht infizierter Tiere und Regionen sollte auf jeden Fall schnell vorangetrieben werden.

Die bislang bekannten Akabane-Viren stellen keine Gefahr für den Menschen dar.

Das Friedrich-Loeffler-Institut veröffentlicht regelmäßig aktuelle Informationen zum Schmallenberg-Virus:

Autor: Dr. Mark Holsteg