Leistungssteigerung in der ersten Laktation

Kälberhütte

Bei der metabolischen Programmierung führt ein kurzer Anreiz durch die Nahrung während der späten Trächtigkeit oder in den ersten Lebenswochen zu einer lebenslangen Beeinflussung des Stoffwechsels sowie des hormonellen Status eines Organismus. Eine intensive Aufzucht der Kälber kann zu dem das Wachstumspotenzial der Kälber fördern, zu einer Verringerung des Erstkalbealters und zu einer Leistungssteigerung in der ersten Laktation führen.

Im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Riswick wurden verschiedene Versuche ausgewertet, um den Einfluss unterschiedlicher Aufzuchtintensitäten während der Tränkeperiode auf die spätere Milchleistung darzustellen. Für die Auswertung standen insgesamt 250 weibliche Versuchstiere zur Verfügung. Diese wurden während der Tränkeperiode in drei Fütterungsgruppen eingeteilt, siehe dazu Tabelle 1. Während der Tränkeperiode wurden 83 Tiere restriktiv, 125 Tiere intensiv und 42 Tiere sehr intensiv aufgezogen. Die verwendeten Milchaustauscher enthielten alle einen Anteil von 40 % Magermilchpulver und je nach Milchaustauscher 18 %, 22 % oder 23 % Rohprotein. Die Biestmilchperiode belief sich auf eine Woche und war bei allen Versuchskälbern gleich. Die Merkmalserhebung umfasste die Lebendmasse des Kalbes zur Geburt und zum ersten, 35., 70., 110. und 150. Versuchstag, ebenso wie die Milchleistung der ersten und zweiten Laktation der Versuchstiere. Weiterhin aufgenommen wurden die Reproduktionsdaten, wie Erstbesamungsalter, Färsenkonzeptionsalter, Erstkalbealter und Besamungsindex der Färsen.

Intensiv oder restriktiv?

Während der Aufzucht weisen die Lebendmassen der Kälber zwischen den verschiedenen Fütterungsgruppen statistisch abgesicherte Unterschiede auf. Sind die Lebendmassen zum Zeitpunkt der Geburt homogen verteilt, entwickeln sich diese im Verlauf der Aufzucht erheblich auseinander, siehe Grafik 1. Die sehr intensiv aufgezogenen Kälber weisen nach der Tränkeperiode eine durchschnittliche Lebendmasse von 109 kg auf. Im Gegensatz dazu haben die intensiv aufgezogenen Kälber eine durchschnittliche Lebendmasse von 93,9 kg und die restriktiv aufgezogenen Kälber nur eine durchschnittliche Lebendmasse von 85,8 kg. Die Entwicklung der durchschnittlichen Tageszunahmen sind entsprechend der Entwicklung der Lebendmassen, siehe Tabelle 2. So hatten die sehr intensiv aufgezogenen Tiere während der Tränkeperiode durchschnittliche Tageszunahmen von 943 g, die restriktiv aufgezogenen Kälber nur 602 g.

Auch bei den Reproduktionsdaten gibt es statistisch abgesicherte Unterschiede zwischen den Fütterungsvarianten, siehe Tabelle 3. So haben die Rinder, die als Kälber mit 64 kg Milchaustauscher pro Aufzuchtperiode getränkt worden sind, ein geringeres Erstkalbealter und kalben im Durchschnitt einen Monat früher ab als die restriktiv und intensiv aufgezogenen Rinder. Es sollte jedoch die Anzahl der Tiere betrachtet werden. Zum Zeitpunkt der Auswertung hatten etliche Tiere aus der Variante sehr intensiv noch nicht gekalbt.

Eine intensive Aufzucht soll durch das Wirksamwerden der metabolischen Programmierung eine Leistungssteigerung in der ersten Laktation ermöglichen. In der vorliegenden Untersuchung haben die intensiv aufgezogenen Tiere eine statistisch abgesichert höhere Milchleistung als die Tiere, die als Kälber mit nur 30 kg Milchaustauscher aufgezogenen worden sind, siehe die Grafiken 2 und 3. In der ersten 305–Tageleistung beträgt die Differenz sogar 1 040 kg. Die mit 64 kg Milchaustauscher sehr intensiv aufgezogenen Kälber unterscheiden sich statistisch nicht mehr von den anderen beiden Gruppen. Sie weisen somit im Vergleich keine höhere Milchleistung auf. Auch diese Aussage beruht auf einer geringen Anzahl von Tieren und gibt lediglich eine Tendenz an. In der zweiten Laktation hat das unterschiedliche Tränkeregime in der Aufzuchtphase scheinbar keinen Einfluss mehr. Unterschiede in der zweiten 100– und 305–Tageleistung können mit der bisher begrenzten Datengrundlage nicht wissenschaftlich belegt werden und beruhen nicht auf dem Effekt der metabolischen Programmierung, siehe Grafik 4.

45 kg MAT pro Kalb

Die Ergebnisse zeigen, dass eine intensive Aufzucht in den ersten Lebenswochen des Kalbes durchaus eine Leistungssteigerung in der ersten Laktation bewirkt. Auch in Auswertungen der Universität Kiel ergaben sich deutlich höhere Erstlaktationsleistungen bei den intensiv aufgezogenen Kälbern im Vergleich zu rationiert mit 6 l MAT und 120 g Austauscher pro l Tränke versorgten Kälbern. Es ist empfehlenswert, das Kalb in der Tränkeperiode mit mindestens 45 kg Milchaustauscher zu versorgen. Durch die damit verbundenen höheren Tageszunahmen und Lebendmassen können die Kälber ihr Wachstumspotenzial besser ausnutzen und auch stressige Situationen, wie zum Beispiel eine Umstallung, besser verkraften. Die höhere Lebendmasse eines Kalbes führt zur Verringerung des Erstkalbealters. Dadurch können der Bedarf an Jungviehplätzen vermindert und die freien Kapazitäten können zur Aufstockung des Kuhbestandes genutzt werden. Eine Steigerung der Milchleistung ist sicherlich ein interessanter Aspekt für die Praxis. Ob eine noch intensivere Aufzucht, zum Beispiel mit 64 kg Milchaustauscher in der Tränkeperiode, zu einer noch höheren Milchleistung führt, kann in dieser Untersuchung, aufgrund der geringen Anzahl Tiere in der dritten Fütterungsvariante, nicht eindeutig beantwortet werden. Die Tendenz zeigt, dass es zu keiner weiteren Leistungssteigerung führt.

Fazit

Nicht nur eine intensive Aufzucht in den ersten Lebenswochen und damit verbunden die metabolische Programmierung ruft eine Steigerung der Milchleistung hervor. Das gesamte Management in der Kälberaufzucht ist entscheidend und sollte als eine Art Gesamtpaket angesehen werden. Der Effekt der metabolischen Programmierung geht beispielsweise verloren, wenn das Kalb in der Aufzucht akut erkrankt. Somit ist nicht nur das Tränke- und Fütterungsregime wichtig für eine erfolgreiche Kälberaufzucht. Weitere Faktoren, wie Geburtsüberwachung, Kolostrumversorgung, Haltung, Hygiene und Betreuung der Tiere, gehören ebenfalls zu einer erfolgreichen und intensiven Kälberaufzucht.

Autoren:

Bernadette Bothe und Prof. Dr. Mechthild Freitag,
Fachhochschule Südwestfalen

Dr. Sebastian Hoppe, Josef Siebers und Dr. Martin Pries,
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.