Landessortenversuche Ökowintergerste 2014

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Der Öko-Wintergerstensortenversuch stand in Kerpen unkrautfrei, dicht und gleichmäßig

Öko-Wintergerste: hervorragende 70 dt/ha in Kerpen

Aufgrund der gestiegenen Nachfrage aus der Praxis bedingt durch vermehrte Ökoschweinehaltung führte die Landwirtschaftskammer NRW 2014 nun bereits zum dritten Mal einen Sortenversuch zur Wintergersten auf ökologischen Flächen durch. Dr. Claudia Hof-Kautz, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, stellt die Ergebnisse vor.

Wintergerste lässt sich auch im Ökolandbau gut anbauen, wenn eine gute Saatbettbereitung erfolgt, geeignete Vorfrüchte, wie zum Beispiel Körnerleguminosen gewählt werden, zum richtigen Zeitpunkt gestriegelt wird und geeignete blattgesunde, langstrohige und standfeste Sorten mit schneller Jugendendwicklung angebaut werden. Durch die frühere Ernte bietet die Wintergerste ausreichend Zeit zur Unkrautbekämpfung von Wurzelunkräutern und für den Anbau von Zwischenfrüchten. Zudem können Arbeitsspitzen entzerrt werden.

In der Zusammenarbeit mit den Versuchsanstellern der Ländereinrichtungen aus Niedersachsen und Hessen können im für NRW relevanten Anbaugebiet (AGB 3 Lehmige Standorte West) grundsätzlich drei Standorte gemeinsam verrechnet werden.

Auf einem Standort in NRW in Kerpen (sandigem Lehm, Ackerzahl 80) wurden in einem Landessortenversuch zehn verschiedene Wintergerstensorten (Tabelle 1) auf ihre Eignung für den Anbau im ökologischen Landbau geprüft. Es wurden mehrzeilige Sorten ausgewählt, da sich zweizeilige Sorten ertraglich nicht bewährt haben. Im AGB 3 stehen darüber hinaus zwei weitere Standorte in Niedersachsen (Wiebrechtshausen, sandigem Lehm, Ackerzahl 80) sowie in Hessen (Alsfeld, sandigem Lehm, Ackerzahl von 55) zur Verfügung. Die Aussaat erfolgte Ende September bis Anfang Oktober. Die Beerntung konnte teilweise schon im Juni bis Anfang Juli erfolgen.

Erträge der Sorten

Die Erträge der Wintergerste lagen in Kerpen mit im Mittel 69,2 dt/ha auf sehr erfreulichem Niveau (Tabelle 2) und lag damit über dem Mittel der Jahre 2012 bis 2014 mit 51,8 dt/ha. In Hessen und Niedersachsen betrugen die Erträge der Sorten des Standardmittels in diesem Jahr 43,9 und 45,1 dt/ha und lagen damit unter dem des Vorjahres.

Über die Jahre und Standorte zeigten sich die Sorten Lomerit und KWS Meridian mit jeweils 102 % relativen Ertrags überdurchschnittlich. Langjährig geprüft liegen die Sorten Semper, Amelie und Highlight bei 99, 98 und 97 % gut auf. Highlight kann schon mal abfallen (2011 nicht dargestellt). Henriette und Otto liegen mit jeweils 94 % Relativertrag hinten und werden in Niedersachen bereits nicht mehr geprüft. Von den zwei- und einjährig geprüften Sorten zeigten sich Titus und Anja mit 100 % und 99 % ertraglich gut, Antonella liegt etwas dahinter (96 %).

Protein und Hektolitergewicht

Die Proteinwerte lagen an den drei Standorten des AGB 3 in NRW, Hessen und Niedersachsen bei 9,1, 11,2 und 12,2 % (Tabelle 3). Die höchsten Proteingehalte erreichen im Mittel der Jahre die Sorte Antonella (11,3 %), gefolgt von Highlight (10,5 %), Semper (10,5 %), Titus (10,6 %), Otto (10,7 %) und Anja (10,5 %). Henriette fällt mit 8,7 % deutlich ab, was zunächst an den wenigen Prüfwerten und den Standorten in NRW liegt, deren Proteinwerte deutlich niedriger als aus Hessen und Niedersachsen mit Vorfrucht Kleegras sind.

Das Hektolitergewicht als Maß für die Kornqualität sollte bei Wintergerste über 62 kg/100 l liegen. Hohe Feuchtegehalt und große Schalenanteile reduzieren das Hektolitergewicht, Trockenheit und hohe Stärkegehalte hingegen erhöhen das Hektolitergewicht. In der Regel konnten alle Sorten auf allen Standorten und Jahren das gewünschte Niveau erzielen außer Amelie in Hessen 2014 mit 58,8 kg/100 l (Tabelle 4).

Drei- bis mehrjährig geprüfte Sorten

Highlight ist eine ertragsstarke Sorte, die sich an den Standorten in Niedersachsen und Hessen also auf mittleren bis schweren, nährstoffreichen Böden schon über mehrere Jahre bewährt hat. Auch auf leichteren Standorten kann sie sehr hohe Erträge erzielt. Allerdings gibt es auch immer wieder Jahre und Standorte mit niedrigen Erträgen. Diese Sorte ist eher langsamer in der Jugendentwicklung, kann aber Unkräuter später möglicherweise durch einen höheren und stärkeren Pflanzenwuchs unterdrücken. Bei der Lagerneigung und dem Halm- und Ährenknicken wird sie im mittleren Bereich eingestuft. Die Tausendkornmassen sind hoch. Sie ist bei der Anbauplanung in die engere Wahl zu nehmen.

Lomeritweist ebenfalls langjährig sehr gute, überdurchschnittliche und stabile Erträge auf. Die Proteinwerte sind eher niedriger, das Hektolitergewicht ist hoch. Sie ist sowohl für schwere als auch für leichte Standorte geeignet und sehr winterfest. Überdies hat Lomerit eine schnelle Jugendentwicklung mit guter Bodenbedeckung und eine hohe Massebildung in der weiteren Entwicklung, was ihr ein hohes Unkrautunterdrückungspotenzial verleiht. Beim Halm- und Ährenknicken ist sie mittel eingestuft, hat aber eine höhere Lagerneigung. Auf Standorten mit zu erwartender höherer Stickstoffnachlieferung könnte die Lageranfälligkeit Probleme bereiten. Diese Sorte ist für den Anbau im Ökolandbau geeignet.

Semper ist eine Sorte mit langjährig durchschnittlichen, leicht schwankende Erträgen und hohem Hektolitergewicht und guten Proteingehalten. Die Winterüberlebensfähigkeit ist hoch. Im Frühjahr ist die Sorte sehr wüchsig und konkurrenzstark und besitzt daher ähnlich wie die Sorte Lomerit eine für den Ökolandbau wichtige hohe Unkrautunterdrückungseignung. Die Neigung zu Lager und Halmknicken ist gering, zu Ährenknicken mittel eingestuft. Die Sorte ist relativ blattgesund. Auch diese Sorte ist für den Anbau zu empfehlen.

KWS Meridian zeigt eine sehr hohe Ertragsleistung, kann aber schon mal auf leichteren Standorten deutlich abfallen. Die Winterfestigkeit ist gut. Die Neigung zu Lager und Ährenknicken ist mit Mittel angeben, das Halmknicken etwas besser eingestuft. Die Sorte weist eine mittlere Pflanzenlänge auf und scheint eine gute Bestandesdichte zu haben und recht blattgesund zu sein. Für einen Anbau unter ökologischen Bedingungen ist diese Sorte zu empfehlen.

Amelie bringt mittlere, eher schwankende Erträge und kann auf einigen Standorten noch nicht überzeugen. Dier Proteingehalte liegen im Mittelfeld. Die Winterfestigkeit ist gut. Die Neigung zu Lager und Ährenknicken ist als Mittel angeben, für das Halmknicken ist sie etwas schlechter eingestuft. Die Sorte weist eine mittlere Pflanzenlänge auf und scheint eine gute Bestandesdichte zu haben. Sie ist für Mehltau anfälliger. Im Vergleich zu den anderen Sorten ist sie eher die schlechtere Wahl.

Henriette erreicht nur unterdurchschnittliche Erträge und Proteingehalte. Die Überwinterung ist gut. Die Neigung zu Halm- und Ährenknicken liegt auf mittlerem Niveau, die Lagerneigung ist etwas besser. Auch diese Sorte weist eine mittlere Pflanzenlänge auf. Aufgrund der mangelnden Ertrags- und Qualitätsleistung ist diese Sorte allerdings nicht für den Anbau im Ökolandbau zu empfehlen.

Zweijährig geprüfte Sorten - ohne Anbauempfehlung

Antonella zeigte eher unterdurchschnittliche Leistungen, allerdings mit sehr hohen Proteingehalten. Diese Sorte ist mittellang und sehr blattgesund. Beim Halm- und Ährenknicken ist diese Sorte etwas schlechter eingestuft, was teilweise auch in den Versuchen zu beobachten war.

Titus weißt gute bis sehr gute Erträgen und Proteingehalte auf. Weitere positive Eigenschaften dieser Sorte sind: eine ausgeprägt Langstrohigkeit, guter Standfestigkeit, Frohwüchsigkeit und gute Pflanzengesundheit. Das hoch eingestufte Ährenknicken konnte bisher noch nicht beobachtet werden.

Otto erreichte nur unterdurchschnittliche Erträge mit guten Proteingehalten und fiel mit hohem Mehltau- und Zwergrostbefall negativ auf.

Neue Sorten, erstmalig geprüft - ohne Anbauempfehlung

Anja startet im ersten Prüfjahr mit guten Ertrags- und Proteinwerten im Mittelfeld. Weitere Versuche bleiben abzuwarten.

Saatgutbezug

Die Verwendung von ökologisch erzeugtem Saat- und Pflanzgut ist grundsätzlich gemäß EU-Bioverordnung vorgeschrieben. Der Saatgutbezug kann über die Ökosaatgutvermehrer aus NRW zum Beispiel aus der Bioland-Z-Saatgutliste, erhältlich beim Bioland Landesverband NRW, erfolgen. Die Verfügbarkeit einzelner Sorten finden Sie im Überblick unter www.organicXseeds.de.

Fazit

Bewährte haben sich für den Ökolandbau die Sorten Highlight, Lomerit und Semper. Alle drei Sorten gehören in die engere Wahl. KWS Meridian ist ebenfalls für den Anbau geeignet. Vielversprechend bei den zwei- und einjährig geprüften Sorten ist vor allem Titus, der auf kleineren Flächen ausprobiert werden kann.

Autor: Dr. Claudia Hof-Kautz