Landessortenversuche Ökowintergerste 2015

Ökowintergerste 'Highlight'Bild vergrößern
Highlight ist immer noch die Sorte der Wahl im Ökolandbau

Spitzenerträge auf allen Standorten

Aufgrund der gestiegenen Nachfrage aus der Praxis führte die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen 2014 nun bereits zum vierten Mal einen Sortenversuch zur Wintergersten auf ökologischen Flächen durch. Dr. Claudia Hof-Kautz stellt die Ergebnisse vor.

Wintergerste lässt sich auch im Ökolandbau gut anbauen, wenn eine gute Saatbettbereitung erfolgt, geeignete Vorfrüchte, wie zum Beispiel Körnerleguminosen gewählt werden, zum richtigen Zeitpunkt gestriegelt wird und geeignete blattgesunde, langstrohige und standfeste Sorten mit schneller Jugendendwicklung angebaut werden. Durch die frühere Ernte bietet die Wintergerste ausreichend Zeit zur Unkrautbekämpfung von Wurzelunkräutern und für den Anbau von Zwischenfrüchten. Zudem können Arbeitsspitzen entzerrt werden.

In der Zusammenarbeit mit den Versuchsanstellern aus Niedersachsen und Hessen können im für NRW relevanten Anbaugebiet AGB 3 „Lehmige Standorte West“ grundsätzlich drei Standorte gemeinsam verrechnet werden.

Auf einem Standort in Kerpen (sandigem Lehm, Ackerzahl 80) wurden 2015 in einem Landessortenversuch zehn verschiedene Wintergerstensorten geprüft. Es wurden mehrzeilige Sorten ausgewählt, da sich zweizeilige Sorten ertraglich nicht bewährt haben. Im AGB 3 stehen darüber hinaus zwei weitere Standorte in Niedersachsen in Wiebrechtshausen (sandigem Lehm, Ackerzahl 80) sowie in Alsfeld in Hessen (sandigem Lehm, Ackerzahl von 55) zur Verfügung. Die Aussaat erfolgte Ende September bis Anfang Oktober. Die Beerntung konnte teilweise schon im Juni bis Anfang Juli erfolgen.

Leistungen der Standorte und Sorten

Die Erträge der Wintergerste lagen in 2015 am Standort Kerpen mit im Mittel 69,7 dt/ha auf sehr erfreulichem Niveau (Tabelle 1). Durch die letzten beiden sehr guten Jahre liegt das Mittel über alle Standorte im Jahr 2015 mit 72,8 dt/ha über dem Mittel der Jahre 2013 bis 2015 mit 66,2 dt/ha. In Hessen und Niedersachsen betrugen die Erträge der Sorten des Standardmittels in diesem Jahr 61,7 und 83,9 dt/ha und lagen damit deutlich über den Ertragspotenzialen der Vorjahre.

Über die Jahre und Standorte zeigten sich die Sorten Highlight und KWS Meridian mit jeweils 104 und 103 % relativen Ertrags überdurchschnittlich (Tabelle). Langjährig geprüft liegen die Sorten Lomerit, Semper und Titus bei 99, 98 und 100 % gut auf. Von den neueren Sorten zeigten sich Tamina, Quadriga und SU Ellen mit 103, 105 und 108 % ertraglich sehr gut, Anja und KWS Keeper liegt dahinter (96 und 98 %).

Proteingehalte und Hektolitergewicht

Die Proteinwerte lagen im Versuchsmittel an den drei Standorten des AGB 3 in NRW, Hessen und Niedersachsen im Jahr 2015 bei 7,6, 8,9 und 10,7 % und damit geschuldet dem höheren Ertrag unter den Werten der Vorjahre. Die höchsten Proteingehalte erreichen im Mittel der Jahre die Sorte Semper (10,4 %) und Highlight (10,3 %). Lomerit fällt im Vergleich zu den anderen langjährig geprüften Sorten etwas ab mit 9,9 %. Die erst einjährig geprüften Sorten liegen schlechter, da das Jahr 2015 so hohe Erträge brachte.

Das Hektolitergewicht als Maß für die Kornqualität sollte bei Wintergerste über 62 kg/100 l liegen. Hohe Feuchtegehalt und große Schaleanteile reduzieren das Hektolitergewicht, Trockenheit und hohe Stärkegehalte hingegen erhöhen das Hektolitergewicht. In der Regel konnten alle Sorten auf allen Standorten und Jahren das gewünschte Niveau erzielen.

Die Sorten stellten sich anhand der letzten drei Jahre im Öko-LSV des ABG 3 wie folgt dar.

Drei- bis mehrjährig geprüfte Sorten:

Highlight ist eine ertragsstarke Sorte (104 %), die sich an den Standorten in Niedersachsen und Hessen also auf mittleren bis schweren, nährstoffreichen Böden schon über mehrere Jahre bewährt hat. Auch auf leichteren Standorten kann sie sehr hohe Erträge erzielt. Diese Sorte ist eher langsamer in der Jugendentwicklung, kann aber Unkräuter später möglicherweise durch einen höheren und stärkeren Pflanzenwuchs unterdrücken. Bei der Lagerneigung und dem Halm- und Ährenknicken wird sie im mittleren Bereich eingestuft. Die Tausendkornmassen sind hoch. Sie ist bei der Anbauplanung in die engere Wahl zu nehmen.

Lomerit weist ebenfalls langjährig sehr gute und stabile Erträge auf, fällt aber im Mittel nun etwas ab (99 %). Die Proteinwerte sind eher niedriger (9,9 %), das Hektolitergewicht ist hoch. Sie ist sowohl für schwere als auch für leichte Standorte geeignet. Sie ist sehr winterfest. Überdies hat Lomerit eine schnelle Jugendentwicklung mit guter Bodenbedeckung und eine hohe Massebildung in der weiteren Entwicklung, was ihr ein hohes Unkrautunterdrückungspotenzial verleiht. Beim Halm- und Ährenknicken ist sie mittel eingestuft, hat aber eine höhere Lagerneigung. Auf Standorten mit zu erwartender höherer Stickstoffnachlieferung könnte die Lageranfälligkeit Probleme bereiten. Diese Sorte ist für den Anbau im Ökolandbau geeignet, bei der Auswahl allerdings nicht erste Wahl.

Semper ist eine Sorte mit langjährig eher leicht unterdurchschnittlichen Erträgen (98 %) und hohem Hektolitergewicht und guten Proteingehalten (10,4 %). Die Winterüberlebensfähigkeit ist hoch. Im Frühjahr ist die Sorte sehr wüchsig und konkurrenzstark und besitzt daher ähnlich wie die Sorte Lomerit eine für den Ökolandbau wichtige hohe Unkrautunterdrückungseignung. Die Neigung zu Lager und Halmknicken ist gering, zu Ährenknicken mittel eingestuft. Die Sorte ist relativ blattgesund. Auch diese Sorte ist für den Anbau zu empfehlen.

KWS Meridian zeigt eine sehr hohe Ertragsleistung (103 %), kann aber schon mal auf leichteren Standorten abfallen. Die Winterfestigkeit ist gut. Die Neigung zu Lager und Ährenknicken ist mit Mittel angeben, das Halmknicken etwas besser eingestuft. Die Sorte weist eine mittlere Pflanzenlänge auf und scheint eine gute Bestandesdichte zu haben und recht blattgesund zu sein. Für einen Anbau unter ökologischen Bedingungen ist diese Sorte in die engere Wahl zu nehmen.

Titus ist dreijährig geprüft, weißt gute Erträgen (100 %) und Proteingehalte (10,0 %) auf. Weitere positive Eigenschaften dieser Sorte sind eine ausgeprägt Langstrohigkeit, guter Standfestigkeit, Frohwüchsigkeit und gute Pflanzengesundheit. Das hoch eingestufte Ährenknicken konnte bisher noch nicht beobachtet werden.

Neue Sorten, ein- bis zweijährig geprüft (ohne Anbauempfehlung):

Anja steht im zweiten Versuchsjahr mit eher unterdurchschnittlichen Erträgen (96 %) und mittleren Proteinwerten (10 %). Anja ist eher kürzer im Wuchs, weniger in der Massebildung und Bodenbedeckung und zudem noch langsamer in der Jugendentwicklung als andere Sorten. Die Blattgesundheit ist gut. Derzeit keine Anbauempfehlung für den Ökolandbau.

Tamina steht erstmalig in der Prüfung mit guten 103 % Ertrag und niedrigen Proteingehalten (8,8 %). Diese Sorte ist länger im Wuchs, hat eine gute Massebildung, dennoch weniger Bodenbedeckung und eine mittelschnelle Jugendentwicklung und eine gute Blattgesundheit. Weitere Versuche bleiben abzuwarten.

Quadriga starten im ersten Versuchsjahr mit guten 105 % Ertrag und niedrigen Proteingehalten (8,7 %). Diese Sorte ist mittellang im Wuchs mit guter Massebildung und mittelschneller Jugendentwicklung. Weitere Versuche bleiben abzuwarten.

SU Ellen startet im ersten Versuchsjahr mit hervorragenden 108 % Ertrag und niedrigen Proteingehalten (8,8 %). Diese Sorte ist sehr kurz im Wuchs bei guter Massebildung und schneller Jugendentwicklung. An einem Standort fiel sie mit Halmknicken auf. Weitere Versuche bleiben abzuwarten.

KWS Keeper steht im ersten Versuchsjahr mit eher unterdurchschnittlichen Erträgen (96 %) und geringen Proteingehalten (9,0 %). Diese Sorte ist länger im Wuchs mit mittlerer Massebildung und langsame Jugendentwicklung. Weitere Versuche bleiben abzuwarten.

Fazit

Bewährte haben sich für den Ökolandbau die Sorten Highlight, KWS Meridian und Semper. Alle drei Sorten gehören in die engere Wahl (Tabelle 2). Lomerit fällt etwas ab, wird aber noch im Anbau empfohlen. Titus ist dreijährig geprüft und kann ausprobiert werden. Vielversprechend bei den zwei- und einjährig geprüften Sorten sind Tamina, Quadriga und SU Ellen.

Die Verwendung von ökologisch erzeugtem Saat- und Pflanzgut ist grundsätzlich gemäß EU-Bioverordnung vorgeschrieben. Der Saatgutbezug kann über die Ökosaatgutvermehrer aus NRW zum Beispiel Bioland-Z-Saatgutliste erhältlich beim Bioland Landesverband NRW erfolgen. Die Verfügbarkeit einzelner Sorten finden Sie im Überblick unter www.organicXseeds.de

Autor: Dr. Claudia Hof-Kautz