Landessortenversuche Wintergerste 2006

Getreidequalität

Wintergerste - Erträge und Qualitäten noch gut

Die Wintergerste zeigte auch in diesem Jahr erneut ihren Vorteil als früh reifende und früh räumende Getreideart. Trotz extremer Trockenheit im Frühsommer brachte die Gerste noch recht sichere Erträge bei überwiegend zufriedenstellenden Qualitäten. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erläutern die Ergebnisse der Landessortenversuche.

Die Wintergerste hatte weder mit erhöhtem Krankheitsdruck noch mit Lager zu kämpfen, es war sogar ein recht gesundes Jahr. Die Ernte begann Anfang Juli zur normalen Zeit und konnte trocken eingebracht werden. Die Erträge in den Landessortenversuchen lagen gegenüber dem Vorjahr 2005 landesweit um rund 2 % höher. Die hl-Gewichte dagegen verzeichneten im Vergleich zum Vorjahr mit 64,3 kg/hl um knapp 6 % niedrigere Werte.

Anbauentwicklung und Ertragssituation

Gegenüber den Vorjahren hat die Wintergerste-Anbaufläche in NRW nach ersten Schätzungen erheblich zugelegt. Aufgrund von Witterungsproblemen im Vorjahr, den trotzdem, wie auch in diesem Jahr, noch guten Erträgen, verbunden mit recht guten Erzeugerpreisen, den schlechteren Stoppelweizenergebnissen im letzten Jahr sowie der nochmals ausgeweiteten Rapsanbaufläche, stieg die Anbaufläche der Wintergerste im Vergleich zu 2005 um rund 16 000 ha oder 9 % (Tabelle 1). Der Zuwachs liegt mit etwa jeweils rund 8 000 ha in beiden Landesteilen auf etwa gleichem Niveau. Vor dem Hintergrund auch der diesjährigen guten Praxiserfahrungen bezüglich der Ertragssicherheit, der recht festen Preise für Wintergerste sowie einer weiterhin leicht steigenden Rapsanbaufläche ist daher davon auszugehen, dass die Wintergerstenanbaufläche auch im kommenden Jahr auf hohem Niveau bleibt.

Durch den sehr milden, langen Herbst bis Ende Oktober entwickelte sich nach besten Saatbett- und Bestellbedingungen die Bestockung schon sehr weit. So konnte der sehr späte Vegetationsbeginn im Frühjahr der Entwicklung einer ausreichenden Bestandesdichte überwiegend nur noch wenig anhaben. Allerdings waren bei sehr früher Aussaat der Gerste und demzufolge schon deutlich überwachsenen Vorwinterbeständen in diesem Frühjahr nach dem langen und trockenen Winter vereinzelt verstärkt Bestandesdichte-Reduzierungen festzustellen, die vielfach mit eine Ursache für die vereinzelt aufgetretenen Mindererträge waren. Zum Zeitpunkt der Kornfüllungsphase in der letzten, noch überwiegend feuchten, Maidekade waren die Witterungsbedingungen entsprechend günstig, so dass sich NRW-weit mehrheitlich noch überraschend gute Erträge bei allerdings bescheidenen hl-Gewichten erzielen ließen. Regional fielen sehr begrenzt Niederschläge, so dass dort größere Ertrags- und Qualitätseinbußen hingenommen werden mussten. Aus der Praxis wurde über Ertragsspannen von 60 bis über 95 dt je ha berichtet. Nach den ersten Schätzungen des Statistischen Landesamtes werden sich die Wintergerstenerträge etwa knapp auf dem Vorjahresniveau bewegen. Die hl-Gewichtsspannen in der Praxis reichten von unter 60 bis knapp 70. Im Durchschnitt sind aber ausreichende hl-Gewichte erzielt worden. In den Landessortenversuchen schwankten die Erträge je nach Standort gegenüber dem Vorjahr um + 11 % auf den Niederungslagen-Lehm bis – 7% auf den Sandstandorten im nordwestlichen Münsterland. Die hl-Gewichte schwankten von – 3 % auf den Lößstandorten der Köln-Aachener Bucht bis - 9 % in den Höhenlagen des Sauerlandes und liegen damit deutlich unter denen des Vorjahres.

Die Analyse der Ertragsstruktur zeigt (Tabelle 2), dass in der Köln-Aachener Bucht die Bestandesdichten gegenüber dem Vorjahr deutlich niedriger lagen, der Ertrag aber über eine deutlich höhere Kornzahl je Ähre bei niedrigerer Tausendkornmasse (TKM) noch gehalten werden konnte. Wegen der deutlich höheren Bestandesdichten bei ansonsten ähnlichen Kornzahlen je Ähre und TKM im Vergleich zum Vorjahr konnten diesjährig die deutlich höheren Erträge auf den Niederungslagen-Lehmstandorten realisiert werden. Auf den Sandstandorten führten die sehr hohen Bestandesdichten zu deutlich niedrigeren Kornzahlen je Ähre, so dass trotz der hohen TKM zwar noch ein guter, aber gegenüber dem vergangenen Jahr schlechterer Ertrag im Mittel über alle Sorten erzielt wurde. Auf den Übergangslagen-Standorten zeigten sich im Unterschied zu 2005 alle drei Ertragsstrukturmerkmale insgesamt niedriger in der Ausprägung, so dass der niedrige Ertrag erklärbar ist. In den Höhenlagen führten die vergleichsweise niedrigeren Bestandesdichten zu den geringeren Erträgen.

Landessortenversuche zur Leistungsschätzung

In Nordrhein-Westfalen wurden im Vegetationsjahr 2005/06 an insgesamt zehn   Standorten Landessortenversuche Wintergerste angelegt. Auf dem Sand-Standort Sassenberg-Gröblingen war wegen extremer Bodenunterschiede unter dem Einfluss der Trockenheit eine korrekte Versuchsauswertung infolge zu hoher Grenzdifferenzen nicht mehr möglich. Durch Hinzunahme von zum Standort passenden Landessortenversuchsergebnissen aus dem benachbarten Niedersachsen konnten insgesamt 16 Landessortenversuche Wintergerste in die diesjährige Gesamtauswertung einbezogen werden. Ziel ist, mit mindestens drei Landessortenversuchsergebnissen je Ackerbauregion in NRW - fünf insgesamt -, Aussagen zu einer gegebenenfalls standortspezifischen Anbaueignung von Sorten zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung bereits vorhandener Vorjahresergebnisse bilden die Landessortenversuche damit eine zuverlässige Grundlage, relativ sichere Vorausschätzungen über die nächstjährigen Ertrags- und Qualitätsleistungen der geprüften Sorten in der jeweiligen Anbauregion abzugeben.

Die Prüfung der Wintergerstensorten erfolgte im Anbaujahr 2005/06 wieder in zwei Intensitätsstufen B1 und B2, siehe Tabelle 3. Die höheren Produktionskosten in der B2-Variante entsprechen einem notwendigen Mindestmehrertrag von 11 dt je ha. Wie aus der Tabelle 4 aus den unteren Zeilen zu ersehen, war, bis auf die Sand- und die Höhenlagenstandorte, in diesem relativ gesunden Vegetationsjahr, die höhere Intensitätsstufe B2 im Mittel über alle Sorten auf allen anderen Ackerbaustandorten immer höchst wirtschaftlich gewesen.

Was leisteten die Sorten?

Praxisnahe Grundlage für gut abgesicherte Sortenempfehlungen sind die mehrjährig erzielten Leistungen der Sorten aus der höheren Intensitätsvariante B2. Das Verrechnungs- und Bezugssortenmittel   wird in diesem Jahr von den leistungsstarken Sorten Lomerit, Naomie und Laverda gebildet. Es sollte beachtet werden, dass sich die in den Exaktversuchen zwischen einigen Sorten ermittelten Ertragsdifferenzen von 1 bis 2 % in der Praxis so deutlich nicht wiederfinden lassen. Deshalb sollten solche geringen Differenzen keinen übermäßigen Einfluss auf die Bewertung und letztlich die Sortenwahl haben. Auch ein im aktuellen Jahr mal unterdurchschnittliches Ertragsergebnis einer sonst sich mehrjährig bewährten Sorte sollte nicht überbewertet werden, vor allem, wenn die eigenen Anbauerfahrungen mit dieser Sorte bislang gut waren. Für die Sortenwahl bedeutet dieses aber auch, im Sinne einer Ertrags - Risikostreuung, dass je nach einzelbetrieblichem Umfang der Wintergerstenfläche mindestens zwei Sorten angebaut werden sollten.

Ein weiterer zu beachtender Punkt ist die Bewertung der eigenen Praxisergebnisse von Sorten im Vergleich zu den Ergebnissen aus den Landessortenversuchen. Zu bedenken ist, dass maximal drei Sorten auf dem eigenen Betrieb im Vergleich stehen, teilweise unter unterschiedlichen Bedingungen angebaut. Die Beurteilung der Wertigkeit dieser Sorten ist damit sehr eingeschränkt. In den Landessortenversuchen dagegen müssen sich diese Sorten gegenüber 15 bis 20 anderen Sorten unter verschiedenen Bedingungen in mehrfacher Wiederholung messen lassen, so dass hier der Vergleich um ein vielfaches schärfer und genauer ist. Vor diesem Hintergrund ist zu erklären, dass die eigenen, möglicherweise noch guten Anbauerfahrungen mit einer Sorte sich nicht unbedingt mit einem entsprechend guten Sortenergebnis aus den Landessortenversuchen decken, sondern dass hier auch größere Abweichungen auftreten können.

Der Tabelle 4 sind die diesjährig an den verschiedenen Prüfstandorten in den jeweiligen Ackerbauregionen erzielten Sortenertragsleistungen, absteigend sortiert nach ihrem Gesamtmittel über alle Standorte zu entnehmen. Es zeigt sich in diesem Jahr auch in den Versuchen, dass - wie in der Praxis - die Ertragsleistungen der Sorten an einzelnen Standorten innerhalb der gleichen Ackerbauregion teilweise erheblich voneinander abweichen. Dieses kommt im Gesamtmittel über alle Versuchsstandorte deutlich zum Ausdruck. Die Ertragsdifferenzierungen zwischen den leistungsstärkeren Sorten sind in diesem Jahr sehr gering. Die örtlichen Witterungsverläufe im Vegetationsjahr zeigen hiermit auch auf die Versuchsergebnisse ihren Einfluss.

Die bislang mehrjährig geprüften und empfohlenen Sorten zeigen grundsätzlich auch weiterhin ihre Anbauwürdigkeit. Die Sorte Franziska erweist sich, wie schon im Vorjahr, so auch dieses Jahr, nur noch an einzelnen Standorten als anbauwürdig. Von den jetzt zweijährig geprüften Wintergerstensorten empfiehlt sich sehr deutlich die frühreifere und gesunde Sorte Laverda mit recht beständigen Erträgen. Bei den neueren, erst einjährig geprüften Sorten Fridericus und Alinghi ist eine deutliche Rangierung untereinander noch nicht möglich. Ertraglich zeigten beide Sorten keine Verbesserung gegenüber dem bisher bewährten Standard-Sortenspektrum. Allerdings erlauben ihre züchterisch verbesserten agronomischen Merkmale sowie ihre bessere Gesundheit, mit einer geringeren Anbauintensität die Rentabilität im Wintergerstenanbau zu erhöhen.   Die im letzten Jahr mehrheitlich gut abgeschnittenen, sehr frühreifen Sorten Siberia und Ketos, konnten in diesem Jahr diese Leistungen nicht wiederholen. Inwieweit der spezifische Witterungsverlauf, vor allem die rund vier bis fünf Monate Vegetationsruhe einen ungünstigen Einfluss auf die bei diesen Sorten schon sehr früh einsetzenden Entwicklungsprozesse gehabt haben könnten, kann nur gemutmaßt werden. Trotzdem sollte man diese Sorten nicht ganz unbeachtet lassen. Die pflanzenbauliche Bedeutung solcher sehr frühreifen Sorten ist in einer Entzerrung von Arbeitsspitzen zu sehen, von den durchzuführenden produktionstechnischen Maßnahmen, wie N-Düngung und Pflanzenschutz, bis hin zur Ernte. Vor allem auf leichten Standorten können solche Sorten wegen ihrer früheren Entwicklung Trockenheit besser überstehen.

In der Tabelle 5 sind, differenziert nach den fünf Ackerbauregionen in NRW, die Vorjahresergebnisse der Sorten aufgeführt, die die Basis für die Sortenempfehlungen in der Tabelle 7 darstellen. Es sind ausschließlich gelbmosaikvirusresistente Sorten.

Aus der Tabelle 6 sind die Ergebnisse der hl-Gewichtsleistungen der Sorten zu entnehmen. Auffällig sind die, wie schon im Vorjahr, auch diesjährig hervorragenden, sehr hohen hl-Gewichte auf den Sandstandorten. Mit Ausnahme der Sorten Stephanie, Naomie, Elbany und Laverda, die tendenziell schwächere hl-Gewichtsleistungen zeigen, erbringen die anderen empfohlenen Sorten über die Jahre sehr sichere interventionsfähige hl-Gewichte. Auch beim hl-Gewicht zeigt sich im Mittel der Sorten im   Anbaujahr 2006 ein deutlich positiver Effekt durch die höhere Intensität.

Lohnt höhere Intensität bei jeder Sorte?

Bereits im zweiten Jahr wird in den beiden Intensitätsvarianten B1 und B2 der Landessortenversuche die Stickstoffdüngung einheitlich durchgeführt. Diese Vorgehensweise ermöglicht die wichtige Fragestellung, ob es Wintergerste-Sorten gibt, die aufgrund ihrer besseren Gesundheit keinen oder einen nur sehr verhaltenen fungiziden Pflanzenschutz, sondern lediglich einen geringeren Wachstumsreglereinsatz benötigen. Beurteilungskriterium dafür ist die bereinigte Marktleistung, als rechnerisches Produkt aus dem Ertrag und dem Erzeugerpreis abzüglich der jeweils in B1 und B2 vorgenommenen variablen Aufwendungen für die Überfahrten, für Wachstumsregler, Fungizide und Stickstoff (Tabelle 3). Hinter jeder mindestens zweijährig geprüften Sorte stehen aus zwei Jahren insgesamt 20 Einzelergebnisse, die schon eine deutlichere Aussage über den notwendigen Behandlungsanspruch einer Sorte unter Berücksichtigung der erzielbaren Marktleistung zulassen.

Beschreibung der empfohlenen Sorten

Lomerit: Grete-Abstammung. Ertrag: Weist mehrjährig konstante überdurchschnittliche hohe Ertragsleistungen auf. Qualität: Konstant hohes hl- Gewicht. Ertragsbildung:   Mittlere Bestandesdichten, mittlere Kornzahlen je Ähre, jedoch sehr hohe TKM. Agronomische Merkmale: Auf die schwächere Standfestigkeit ist pflanzenbaulich zu reagieren. Besonderheiten: In der vergangenen Vegetationsperiode überdurchschnittliche Netzfleckenanfälligkeit. Marktleistung: Sorte mit sehr hoher bereinigter Marktleistung. Eine intensive Führung der Sorte zeigte sich in 2006   in den meisten Fällen lohnend. Empfehlung: Für alle Anbauregionen sehr gut geeignet.

Naomie: Carola-Julia-Abstammung. Ertrag: Sehr ertragsstabile Sorte, auf den meisten Standorten überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Durchschnittliches, in der Regel aber noch sicheres hl-Gewicht. Ertragsbildung:   Mittlere Bestandesdichten, etwas unterdurchschnittliche Kornzahl je Ähre und etwas überdurchschnittliche TKM.

Agronomische Merkmale: Standfestere, kürzere Sorte. Besonderheiten: Naomie zeichnet sich durch eine gute Gesundheit aus. Marktleistung: Sorte mit hoher bereinigter Marktleistung, die sehr häufig in der unbehandelten Variante erzielt wird. Die höhere Intensität   zeigte sich nur an den Hochertragsstandorten wirtschaftlich. Empfehlung: Besonders gut geeignet für Lehm- Niederungslagen, Sand- Niederungslagen sowie Höhenlagen. Eingeschränkte Empfehlung für Lößstandorte.

Stephanie: Krimhild- Kreuzung. Ertrag: Sorte mit guten durchschnittlich hohen Ertragsleistungen. Qualität: Durchschnittliches hl- Gewicht. Sie bewegen sich im Mittel knapp oberhalb der Interventionsschwelle von 62 kg/hl, je nach Standort können sie aber auch unter die Interventionsschwelle geraten. Ertragsbildung:   Mittlere Bestandesdichte, mittlere bis leicht unterdurchschnittliche Kornzahl je Ähre und etwas überdurchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Die Sorte zeichnet sich durch eine etwas erhöhte Lagerneigung aus.   Besonderheiten: Tendenziell stärkerer Befall   durch Netzflecken, Rhynchosporium sowie Teerflecken, was pflanzenschützerisch entsprechend zu beachten ist. Marktleistung: Sorte mit hoher bereinigter Marktleistung. Die höhere Intensität zeigt sich   an fast allen Standorten   als wirtschaftlich. Empfehlung: Besonders für Lößstandorte und   Höhenlagen geeignet. Eingeschränkte Empfehlung für Lehm- Niederungslagen sowie Lehm- Übergangslagen .

Franziska: Borwina-Kreuzung. Ertrag: Im Mittel der Jahre leicht unterdurchschnittliche Ertragsleistungen, mit hohen Ertragsschwankungen. Im Erntejahr 2006   überwiegend unterdurchschnittliche Ertragsleistung. Qualität: Sichere, überdurchschnittlich hohe hl- Gewichtsleistung. Ertragsbildung: Unterdurchschnittliche Bestandesdichte, hohe Kornzahl je Ähre bei mittlerer TKM. Agronomische Merkmale: Standfeste Sorte mit leichter Neigung zum Auswintern. Besonderheiten: Insgesamt   eine leicht unterdurchschnittliche Blattgesundheit . Sie weist einen leicht überdurchschnittlichen Befall mit Mehltau sowie erhöhte Anfälligkeit gegen Netzflecken und Teerflecken auf. Marktleistung: Sorte mit leicht unterdurchschnittlicher bereinigter Marktleistung. Die höhere Intensität zeigt sich an fast allen Standorten als wirtschaftlich. Empfehlung: Geeignet noch für Lößstandorte, speziell auf dem Standort   Beckrath werden noch   gute Erträge erzielt.

Elbany: Borwina-Abstammung. Ertrag: Im Mittel der Jahre relativ ertragsstabile Sorte mit durchschnittlich hohen Ertragsleistungen. Im Erntejahr 2006 jedoch nur an wenigen Standorten überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Mittlere beständige hl-Gewichtsleistung. Ertragsbildung: Leicht unterdurchschnittliche   Bestandesdichte,   sehr hohe Kornzahl je Ähre bei sehr geringer TKM. Agronomische Merkmale: Sehr standfeste Sorte mit leicht erhöhtem Risiko des Ährenknickens. Besonderheiten: Bei sonst guter Blattgesundheit höhere Anfälligkeit gegenüber Rhynchosporium und Netzflecken.

Marktleistung: Sorte mit überdurchschnittlich hoher bereinigter Marktleistung.   Die erhöhte Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Anfälligkeit gegen Rhynchosporium und Netzflecken ausgerichtet werden. Sie zeigt sich auf fast allen Standorten als wirtschaftlich.   Empfehlung: Für Höhenlagen sowie bei eigener guter Anbauerfahrung auch für Lehm- Niederungs- sowie Lehm- Übergangslagen geeignet.

Siberia: Clarine/Energy//Monaco- Kreuzung. Ertrag: Im Mittel der Jahre durchschnittliche Ertragsleistung   jedoch mit hohen Ertragsschwankungen. Im Erntejahr 2006 unterdurchschnittliche Ertragsleistung. Qualität: Tendenziell niedrigere aber noch unkritische hl- Gewichtsleistung. Ertragsbildung: Über leicht überdurchschnittliche Bestandesdichten, durchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie leicht unterdurchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Sehr frühreife standfeste Sorte mit erhöhter Neigung zum Ährenknicken. Erhöhte Gefahr der Auswinterung. Besonderheiten: Bei der Wahl der Pflanzenschutzintensität ist der erhöhten Anfälligkeit gegenüber Mehltau Rechnung zu tragen.   Marktleistung: Im Erntejahr 2006 unterdurchschnittliche, im vergangenem   Jahre durchschnittliche bereinigte Marktleistung. Empfehlung: Für Lößstandorte bei eigenen, noch guten Anbauerfahrungen geeignet.

Laverda:   Merlot-Ludmilla-Abstammung. Neuere im Landessortenversuch zweijährig geprüfte frühreife Sorte. Ertrag: Sowohl im vergangenen als auch im aktuellen Erntejahr viel versprechende überdurchschnittliche   Ertragsleistung.   Qualität: Mittleres hl-Gewicht. Ertragsbildung: Über mittlere Bestandesdichte, einer leicht überdurchschnittlichen Kornzahl je Ähre und einer überdurchschnittlichen TKM. Agronomische Merkmale: Frühreife, standfeste Sorte mit Neigung zum Halm- und Ährenknicken.Besonderheiten: Sorte mit sehr hoher Blattgesundheit. Marktleistung: Sorte mit sehr hoher bereinigter Marktleistung in beiden bisher geprüften Anbaujahren. Auf fast allen Standorten   wurde die beste bereinigte Marktleistung in der Regel in der niedrigeren Intensitätsstufe B1 erreicht. Empfehlung: Für alle Standorte zum Ausprobieren geeignet.

Sequel: Ertrag: Sorte mit leicht unterdurchschnittlicher Ertragsleistung. Die Sorte konnte sich nur an wenigen Standorten etwas besser präsentieren. Qualität: Hohe hl-Gewichtsleistung. Ertragsbildung: Über eine mittlere Bestandesdichte, einer hohen Kornzahl je Ähre und einer unterdurchschnittlichen TKM. Agronomische Merkmale: Frühreife, recht standfeste Sorte mit leichter Neigung   zum Ährenknicken. Besonderheiten: An einigen Standorten fiel die Sorte durch verstärktes Auftreten von Blatt- und Netzflecken auf. Marktleistung: Leicht unterdurchschnittliche bereinigte Marktleistung. Auf fast allen Standorten   wurde die beste bereinigte Marktleistung in der schwächeren Intensitätsstufe erreicht. Empfehlung: Für Lößstandorte   zum Ausprobieren geeignet.

Ketos: Ertrag: Im Mittel der Standorte unterdurchschnittliches Ertragsverhalten. Auf Sand- Niederungslagen und Lehmübergangslagen kann sich die Sorte behaupten.

Qualität: Überdurchschnittlich konstant gutes hl- Gewicht. Ertragsbildung: Über eine hohe Bestandesdichte bei leicht unterdurchschnittlicher Kornzahl je Ähre und geringer TKM. Agronomische Merkmale: Sehr frühreife, standfeste Sorte mit leichter Neigung zum Auswintern. Besonderheiten: mehltau- und stark netzfleckenanfällige Sorte. Die Pflanzenschutzmaßnahmen sollten auf diese erhöhte Anfälligkeit abgestimmt werden.

Marktleistung: Auf den Sand- Niederungslagen und Lehm- Übergangslagen konnte sich die Sorte mit einer leicht überdurchschnittlichen bereinigten Marktleistung behaupten.

Empfehlung: Für Sand- Niederungslagen und Lehm- Übergangslagen zum „Testen“ geeignet.

Hinweise zur Aussaat

Erst wenn die an einem Standort möglichen acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen optimal gestaltet werden, kann bei dann noch stimmigen Witterungsbedingungen eine gute Sorte auch ihr genetisch verankertes Ertrags- und Qualitätspotenzial in Form gesunder und vitaler Pflanzenbestände voll ausschöpfen. Die ersten ertragsentscheidenden acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen beginnen im Herbst mit der optimalen Saatbettbereitung sowie mit der Wahl der Saatzeit und einer darauf abgestimmte erforderliche Saatmenge. Die diesjährigen Winterwitterungsbedingungen haben gezeigt, dass es auch mal wieder lange Winter mit kurzen Frühjahren sowie länger anhaltender Trockenheit geben kann. Dieses sollte hinsichtlich der Wahl der Aussaatstärke beachtet werden. In Jahren mit optimalen Saatbettbedingungen, guter Vorwinterentwicklung bis EC 25/27 sowie normalen Frühjahrsverhältnissen kann die Aussaatstärke durchaus stärker reduziert werden. Optimale Bestockungsbedingungen sichern trotzdem eine ausreichende Bestandesdichte zur Ernte.

Da die rundum optimalen Bedingungen aber nicht vorhersehbar sind, sollte die Reduzierung der Saatstärke nicht übertrieben werden. Dieses gilt vor allem auf leichteren Standorten, auf denen der Frost schneller und tiefer in den Boden eindringen kann. Auch ist dort häufiger mit Frühjahrstrockenheit zu rechnen. Niedrigere Saatstärken sind grundsätzlich eher auf guten, wasserführenden Standorten möglich. Hohe Schluffanteile mit der Neigung zur Verschlämmung sind aber auch hier Standortfaktoren, die bei zu niedrigen Aussaatstärken zu Problemen hinsichtlich einer ausreichenden Bestandesdichte führen können. Mit einer vollen Kompensation dieses Ertragsstrukturfaktors durch die beiden anderen, sich erst später entwickelnden, der Kornzahl je Ähre und der TKM, kann witterungsbedingt auch nicht sicher gerechnet werden, wie das aktuell abgelaufene Jahr deutlich zeigte.

In der Tabelle 8 sind für die verschiedenen Ackerbau-Anbauregionen von NRW Empfehlungen zu den erforderlichen Aussaatmengen sowie deren Berechnungsweise aufgeführt. Die dort jeweils aufgeführten Angaben zur anzustrebenden Zielbestandesdichte, den Beährungskoeffizienten sowie den Feldaufgangs- und Überwinterungsverlusten, die mit in einer korrekten Ausaatmengenberechnung zu berücksichtigen sind, basieren auf mehrjährig in den Landessortenversuchen ermittelten Werten. Zwischen den Anbauregionen sind deutliche Unterschiede feststellbar. Liegen eigene Erfahrungen vor, sollten sie in der Rechnung berücksichtigt werden. Die aufgeführten Werte beziehen sich auf die regional langjährig bewährte normale Saatzeit für die Wintergerste sowie auf gute Saatbettbedingungen. Bei größerer Saatzeitverspätung müssen die Beährungskoeffizenten (ährentragende Halme je überwinterter Keimpflanze) reduziert werden, da sich die verfügbare Zeit für eine ausreichende Bestockung unter Kurztagsbedingungen reduziert. Bei sich verschlechternden Saatbedingungen sind die Werte für die Feldaufgangsverluste sowie gegebenenfalls für die Überwinterungsverluste zu erhöhen. Ziel dieser flexiblen Korrektur - Anpassungen ist, über die sich daraus ergebenden Aussaatmengenänderungen ausreichende, aber nicht überhöhte, Bestandesdichten als wichtige Basis   für einen hohen und sicheren Ertrag zu sichern.

Beim Anbau von zweizeiliger Wintergerste sollte die Saatstärke generell um rund 30 Körner je m² über der jeweiligen standortspezifischen Saatstärke der mehrzeiligen Wintergerste erhöht werden.

Erläuterung der Abbildung „Behandlungsansprüche der Wintergerstensorten“

Von jeder Sorte wurde von jedem einzelnen Versuchsstandort aus den letzten beiden Jahren die entweder in der B1- oder in der B2 - Intensitätsstufe vorliegende höchste Bereinigte Marktleistung genommen und anschließend gemittelt (Säulen im Diagramm). Ebenfalls wurden die dazugehörigen Intensitätsstufen entnommen und gemittelt, aus dem sich rechnerisch der Behandlungsindex ergibt (Querstriche, abgetragen auf der rechten Achse). Zusätzlich wurde die Mittelwertabweichung des Behandlungsindex berechnet, die als Schwankungsbreite ebenfalls auf der rechten Achse abgetragen ist.

Aus der Abbildung ergeben sich nach zwei Jahren folgende Aussagen:

Bei den drei- und mehrjährig geprüften Sorten zeigen sich die empfohlenen Sorten Naomie, Stephanie, Lomerit und Elbany entsprechend mit den höchsten bereinigten Marktleistungen. Bezüglich ihrer Behandlungsansprüche wird aber deutlich, dass bei der Sorte Naomie im Vergleich zur Lomerit nur in jedem zweiten Fall eine höhere Intensität wirtschaftlich lohnend war. Bei Lomerit war in der Mehrzahl der Ergebnisse die höhere Intensität lohnend.   Sehr deutlich zeigt die neuere Sorte Laverda, dass sogar bei höherer bereinigter Marktleistung in den überwiegenden Fällen in den letzten beiden Jahren nur die niedrigere Intensität wirtschaftlich lohnend war. Und das auch mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, wie es die nur geringe Streubreite ausweist. In die gleiche Richtung weisen die ganz neuen Sorten Fridericus und Alinghi, die aber offensichtlich, da nur die Ergebnisse aus diesem sehr gesunden Jahr vorliegen, nicht die breite Widerstandsfähigkeit aufweisen, wie Laverda. Etwas häufiger als bei Laverda zeigte sich bei diesen beiden Sorten noch die höhere Intensität wirtschaftlich, insgesamt auch mit einer größeren Streubreite.

Da bei der Bewertung der Bereinigten Marktleistung nicht die Managementzeiten berücksichtigt wird, ergeben sich aus diesen Ergebnissen vor dem Hintergrund knapper und teurer Arbeitsressourcen wesentliche Hinweise für die Anbauvorzüglichkeit der Wintergerstensorten, wenn Überfahrten, Beobachtungs- und Kontrollaufwand und Mengenbewegungen reduziert werden können.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch