Landessortenversuche Wintergerste 2007

Getreidequalität

Das in jeder Hinsicht außergewöhnliche Vegetationsjahr 2006/2007 verursachte bei der Wintergerste landesweit sehr heterogene Erträge und Qualitäten. Die Ernte begann teilweise extrem früh, im Rheinland bereits Mitte Juni, zögerte sich dann allerdings bis Juli infolge reichlicher Niederschläge hinaus. Die Strohstabilität war in diesem Jahr besonders wichtig, denn stärkeres Halm- und Ährenknicken führte zu weiteren Ernteverlusten. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erläutern, wie sich die Sorten unter diesen Bedingungen präsentierten.

Gegenüber den Vorjahren bewegt sich in NRW die diesjährige Wintergerste-Anbaufläche nach ersten vorläufigen Schätzungen des statistischen Landesamtes mit knapp 181 000 ha zwar auf relativ hohem Niveau, hat sich aber gegenüber dem letzten Anbaujahr um rund 10 000 ha beziehungsweise 5 % reduziert, siehe Tabelle 1. Der größte Rückgang ist im westfälisch-lippischen Landesteil zu verzeichnen. Neben dem außergewöhnlichen Witterungsverlauf in diesem Vegetationsjahr hatte auch der durch Blattläuse übertragene starke Befall mit dem BYDV/Gelbverzwergungsvirus einen nicht unerheblichen Anteil an den enttäuschenden Erträgen und Qualitäten. Im Mittel der 14 auswertbaren Landessortenversuche ist gegenüber dem Vorjahr ein Minderertrag von 10 % zu errechnen. Aufgeteilt nach den verschiedenen Ackerbauregionen in NRW, zeigen sich auch hier extreme Streubreiten. Auf den Lößstandorten des Rheinlandes ergaben sich Mindererträge von 4,3 %, auf den Lehmstandorten des Niederrheins und des Münsterlandes waren es 11 %, auf den Sandstandorten des Münsterlandes sogar 25 % und in den Höhenlagen 5 %. In den Übergangslagen in Ostwestfalen-Lippe konnte ein leichter Mehrertrag von 2,4 % gegenüber dem Vorjahr erzielt werden. Bei den hl-Gewichten stellt sich die Situation ähnlich dar. Im Mittel aller Versuche konnte mit 62,9 kg/hl nur knapp die Mindestnorm erreicht werden.

Vor dem Hintergrund der immer wieder durch Niederschläge unterbrochenen Wintergerstenernte waren die Strohstabilität und Reife der Sorten ein entscheidendes Merkmal. Insbesondere die frühreiferen Sorten hatten zu leiden, da infolge des mittlerweile sehr mürben Strohs viele Halme und Ähren bis auf den Boden abknickten, die dann für den Mähdrescher nicht mehr erreichbar waren. Die agronomischen Vorteile des früheren Drusches und damit einer potenziell möglichen Ernteentzerrung lassen sich nicht immer in jedem Jahr realisieren. Die diesjährig enttäuschend niedrigen Ertragsergebnisse der frühreiferen Sorten sind damit nicht auf eine im eigentlichen Sinne niedrigere Sortenertragsleistung zurückzuführen, sondern auf die nicht zeitgerecht mögliche Ernte. Dieser Aspekt sollte bei der Sortenwahl berücksichtigt werden.

Die Analyse der Ertragsstrukturergebnisse im Vergleich zum Vorjahr zeigt, dass in der Köln-Aachener Bucht die Bestandesdichten gegenüber dem Vorjahr erwartungsgemäß niedriger lagen, der Ertrag aber, trotz leicht höherer Kornzahl je Ähre und TKM, gegenüber dem Vorjahr nicht vollständig kompensiert werden konnte, siehe Tabelle 2. Die ebenfalls deutlich niedrigeren Bestandesdichten sowie niedrigeren Kornzahlen je Ähre im Vergleich zum Vorjahr führten auf den Niederungslagen-Lehmstandorten zu entsprechend deutlich niedrigeren diesjährigen Erträgen. Die besseren TKM konnten den Minderertrag mildern, aber nicht verhindern. Auf den Sandstandorten erklären die sehr niedrigen Bestandesdichten und TKM den erheblichen diesjährigen Minderertrag. Auf den Übergangslagen-Standorten zeigten sich im Unterschied zu 2006 die drei Ertragsstrukturmerkmale mit insgesamt leicht höheren Werten und einem entsprechend höheren Ertrag. In den Höhenlagen, hier sind nur die zwei NRW-Ergebnisse berücksichtigt, führte die vergleichsweise leicht höhere Bestandesdichte sowie TKM zu den im Mittel etwas höheren Erträgen.

Die Landessortenversuche

In Nordrhein-Westfalen wurden im Vegetationsjahr 2006/07 an insgesamt zehn Standorten die Landessortenversuche Wintergerste angelegt. Haus Düsse und Biemsen konnten wegen zu hoher Grenzdifferenzen nicht ausgewertet werden. Durch Hinzunahme von standörtlich passenden Landessortenversuchsergebnissen aus dem benachbarten Kammergebiet Niedersachsen konnten dennoch insgesamt 14 Landessortenversuche Wintergerste in die diesjährige Gesamtauswertung einbezogen werden. Unter Berücksichtigung der Vorjahresergebnisse bilden die Landessortenversuche damit eine sehr zuverlässige Grundlage für die sichere Vorausschätzungen über die nächstjährig zu erwartenden standortspezifischen Ertrags- und Qualitätsleistungen der Sorten in den jeweiligen Anbauregionen von NRW.

Die Prüfung der Wintergerstesorten erfolgte im Anbaujahr 2006/07 wieder in zwei Intensitätsstufen B1 und B2, siehe Tabelle 3. Die höheren Produktionskosten in der B2-Variante entsprechen in diesem Jahr, bei bescheiden kalkuliertem Erzeugerpreis von 16 € je dt einem notwendigen Mindestmehrertrag von 7,1 dt je ha. Angesichts der diesjährig deutlich höheren Erzeugerpreise liegt dieser damit gegenüber dem vergangenen Jahr mit 11 dt je ha deutlich niedriger. Bei höheren Erzeugerpreisen ist die Wirtschaftlichkeit durch eine höhere Intensität eher gegeben. Wie aus der Tabelle 4 aus den unteren Zeilen zu ersehen, war in diesem Anbaujahr bis auf einige Sandstandorte die höhere Intensitätsstufe B2 im Mittel über alle Sorten auf allen anderen Ackerbaustandorten immer wirtschaftlich gewesen.

Ertrags- und Qualitätsleistungen der Sorten

Als praxisnahe Grundlage für gut abgesicherte Sortenempfehlungen sind die mehrjährig erzielten Leistungen der Sorten aus der höheren Intensitätsvariante B2. Die in den Exaktversuchen zwischen einigen Sorten ermittelten Ertragsdifferenzen von 1 bis 2 % lassen sich in der Praxis nicht wiederfinden. Deshalb sollten solche geringen Differenzen keinen übermäßigen Einfluss auf die Bewertung und letztlich die Sortenwahl haben. Auch ein im aktuellen Jahr unterdurchschnittliches Ertragsergebnis einer sonst sich mehrjährig bewährten Sorte sollte nicht überbewertet werden, vor allem, wenn die eigenen Anbauerfahrungen mit dieser Sorte bislang gut waren. Dieses gilt, wie oben bereits erwähnt, in diesem Jahr insbesondere für die frühreiferen Sorten, die, obwohl erntereif, witterungsbedingt oftmals nicht zeitgerecht gedroschen werden konnten und daher stark zusammenbrachen - mit entsprechenden Ernteverlusten. Für die Sortenwahl bedeutet dieses aber auch, im Sinne einer Ertrags - Risikostreuung, dass je nach einzelbetrieblichem Umfang der Wintergerstenfläche mindestens zwei Sorten angebaut werden sollten. Ein weiterer Maßstab ist die Bewertung der eigenen Praxisergebnisse von Sorten im Vergleich zu den Ergebnissen aus den Landessortenversuchen. Hierbei ist zu bedenken, dass maximal drei Sorten auf dem eigenen Betrieb im Vergleich stehen, teilweise angebaut unter unterschiedlichen Bedingungen. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit dieser Sorten ist damit sehr eingeschränkt. In den Landessortenversuchen dagegen müssen sich diese Sorten gegenüber 15 bis 20 anderen Sorten unter verschiedenen Bedingungen in mehrfacher Wiederholung messen lassen, so dass hier der Vergleich um ein Vielfaches schärfer und genauer ist. Vor diesem Hintergrund ist zu erklären, dass die eigenen, möglicherweise noch guten Anbauerfahrungen mit einer Sorte sich nicht unbedingt mit einem korrespondierenden guten Sortenergebnis aus den Landessortenversuchen decken.

Der Tabelle 4 sind die diesjährig an den verschiedenen Prüfstandorten in den jeweiligen Ackerbauregionen erzielten Sortenertragsleistungen, absteigend sortiert nach ihrem Gesamtmittel über alle Standorte, zu entnehmen. Im Ergebnis zeigen die bislang mehrjährig geprüften und empfohlenen Sorten, Lomerit, Naomie und Laverda, auch weiterhin ihre Anbauwürdigkeit. Die besondere Erntezeitproblematik zeigt sich diesjährig deutlicher bei Laverda in entsprechend stärker schwankenden Ertragsergebnissen zwischen den Versuchsstandorten. Die jetzt zweijährig geprüften Wintergerstensorten Fridericus und Alinghi bestätigten unter den diesjährig schwierigen Vegetationsverhältnissen ihre guten Vorjahresergebnisse. Bei den neueren, erst einjährig geprüften Sorten Highlight, Leibniz und Madame zeigen sich zumindest in diesem Jahr gegenüber den etablierten Sorten keine herausragenden Ergebnisse.Die sehr frühreifen Sorten Siberia und Ketos konnten in diesem Jahr, ähnlich wie bei Laverda, ihre durchaus als günstig zu beurteilende Frühreife witterungs- und erntebedingt nicht in zufriedenstellenden Erträge zeigen. Trotzdem sollte man diese Sorten nicht ganz unbeachtet lassen. Vor allem auf leichten Standorten können sie wegen ihrer früheren Entwicklung Trockenheitskalamitäten besser überstehen.

In Tabelle 5 sind, differenziert nach den fünf Ackerbauregionen von NRW, die Vorjahresergebnisse der Sorten aufgeführt, die die Basis für die Sortenempfehlungen in Tabelle 7 darstellen. Es sind ausschließlich gelbmosaikvirusresistente Sorten. Aus der Tabelle 6 sind die Ergebnisse der hl-Gewichtsleistungen der Sorten zu entnehmen. Wie in der Praxis, liegen auch in den Landessortenversuchen die diesjährigen hl-Gewichte im Mittel der Standorte und Sorten auf einem sehr niedrigen Niveau. Der bezahlungsrelevante Vermarktungsgrenzwert von 63 kg je hl wird knapp erreicht. Es zeigen sich mehrjährig aber deutliche Sortenabhängigkeiten. Sorten wie Lomerit und Sequel erzielen, genetisch bedingt, immer deutlich überdurchschnittliche, Naomie, Laverda, Ketos, Colibri, Alinghi und Fridericus gut durchschnittliche hl-Gewichte. Im Mittel der Sorten lässt sich durch die höhere Intensität auch das hl-Gewicht positiv beeinflussen.

Höhere Intensität wirtschaftlich lohnend?

Bereits im dritten Jahr wird in den beiden Intensitätsvarianten B1 und B2 der Landessortenversuche die Stickstoffdüngung einheitlich durchgeführt. Dieses ermöglicht die Beantwortung der Frage, ob es Sorten gibt, die auf Grund ihrer besseren Gesundheit sowie besserer Standfestigkeitsmerkmale einen geringeren fungiziden Pflanzenschutz sowie Wachstumsreglereinsatz benötigen. Da schon in jeweils einem Jahr bei einer Sorte, je nach Standort und Ertragsbedingungen mal in der B1, mal in der B2-Variante, die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt werden und in mehreren Jahren weitere Schwankungen hinzukommen, lassen sich allerdings nur sortenspezifische Tendenzen bezüglich ihrer erforderlichen Behandlungsbedürftigkeit ableiten. Das dafür herangezogene Beurteilungskriterium bereinigte Marktleistung ist das rechnerische Produkt aus dem Ertrag und dem Erzeugerpreis abzüglich der jeweils in B1 und B2 vorhandenen variablen Kosten für Überfahrten, Wachstumsregler, Fungizide und Stickstoff, siehe Tabelle 3. Hinter jeder dreijährig geprüften Sorte stehen aus drei Jahren insgesamt 28 Einzelergebnisse, die mittlerweile eine deutlichere Aussage über den notwendigen Behandlungsanspruch einer Sorte zulassen.

Bei diesen über drei Jahre vorliegenden Sortenergebnissen zeigten Laverda, Merilyn, Lomerit und Naomie deutlich die höchsten bereinigten Marktleistungen. Diese wurden aber sortenspezifisch unter höchst unterschiedlichen Intensitätsansprüchen erzielt. In allen drei Jahren zeigte sich bei Laverda, dass bereits bei nur leichtem Wachstumsreglereinsatz sich auf den meisten Versuchsstandorten schon die höchsten Marktleistungen erzielen ließen. Die gute Standfestigkeit und breite, gute Blattgesundheit machten eine höhere Intensität nur in seltenen Fällen wirtschaftlich. Ähnliche Verhältnisse, mit nur etwas höherem Intensitätsanspruch, zeigten sich bei der Sorte Merilyn. Völlig anders zeigten sich über die letzten drei Jahre die Intensitätsansprüche bei Lomerit, ähnlich auch Naomie, um die höchsten bereinigten Marktleistungen zu erzielen. Bei Lomerit rechnete sich in der Regel überwiegend die höhere Intensität. Dieses korrespondiert mit den teilweise schlechteren agronomischen Eigenschaften, siehe Tabelle 5. Bei den bislang zweijährig geprüften Sorten Alinghi und Fridericus zeigten sich die vergleichsweise sehr hohen und höchsten Marktleistungen überwiegend bereits in der niedrigen Intensitätsstufe. Auch hier kommen offensichtlich die guten agronomischen Sorteneigenschaften in einem entsprechend niedrigeren Intensitätsanspruch zum Tragen.

Beim Vergleich der Einzeljahre zeigt sich generell, dass bei den hohen Erzeugerpreisen 2007 auch bei den gesünderen und standfesteren Sorten eine höhere Intensität etwas häufiger wirtschaftlich ist als in den Vorjahren bei niedrigeren Preisen. Da bei der Bewertung der bereinigten Marktleistung kostenmäßig nicht die Managementzeiten, Logistikaufwand und ähnliches berücksichtigt werden, ergeben vor dem Hintergrund knapper und teurer Arbeitsressourcen zusätzliche, durchaus berücksichtigenswerte Sortenwahlkriterien für die Anbauvorzüglichkeit der Wintergerstensorten, wenn Überfahrten, Beobachtungs- und Kontrollaufwand, Pflanzenschutzmittel-Mengenbewegungen und ähnliche Faktoren reduziert werden können.

Beschreibung der empfohlenen Sorten

Lomerit (Grete-Abstammung): Mehrjährig konstante, überdurchschnittlich hohe Ertragsleistungen in allen Anbauregionen. Qualität: Hohe, sichere hl- Gewichtsleistungen. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichte, mittlere Kornzahl je Ähre sowie hohe Tausendkornmasse (TKM). Agronomische Merkmale: Sorte mit erhöhter Lagerneigung. Die mittlere Anfälligkeit bei Halmknicken kann durch ausreichend hohen Wachstumsreglereinsatz auch 2007 gut im Griff behalten werden. Besonderheiten: Erhöhte Pflanzenschutzintensität erforderlich, sollte nach der stärken Anfälligkeit gegenüber Zwergrost, Mehltau sowie Netzflecken ausgerichtet werden. Marktleistung: Im dreijährigen Mittel wurde die überdurchschnittliche bereinigte Marktleistung in fast allen Fällen in der höheren Intensitätsstufe erreicht. Eine intensive Führung der Sorte war in den vergangenen Jahren fast immer lohnend. Empfehlung: Für alle Anbauregionen sehr gut geeignet.

Naomie (Carola-Julia-Abstammung): Ertragsstabile Sorte, auf den meisten Standorten mehrjährig überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Leicht unterdurchschnittliches, in der Regel noch sicheres hl-Gewicht. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichten, durchschnittliche Kornzahl je Ähre und etwas überdurchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Sehr standfest mit erhöhter Neigung zum Halm- und Ährenknicken. In der Blattfarbe dunkelgrün. Besonderheiten: Gute, breite Blattgesundheit, Augenmerk auf Rhynchosporium richten. Marktleistung: Sorte mit hoher bereinigter Marktleistung, die sehr häufig in der unbehandelten Variante erzielt wird. Die höhere Intensität zeigte sich nur an den Hochertragsstandorten wirtschaftlich. Empfehlung: Besonders gut geeignet für Lehm- Niederungs-, Übergangslagen-, Sand- sowie Höhenlagenstandorte.

Laverda (Merlot-Ludmilla-Abstammung): In den vergangenen beiden Jahren überdurchschnittliche Ertragsleistung in fast allen Anbauregionen. In diesem Jahr, bis auf Sandstandorte, eher unterdurchschnittliche Ertragsleistungen, infolge erhöhten Halm- und Ährenknickens bei verspäteter Ernte. Qualität: Leicht unterdurchschnittliches, in der Regel noch sicheres hl-Gewicht. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre sowie leicht überdurchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Frühreifere, standfeste Sorte mit erhöhter Neigung zum Halm- und Ährenknicken. Nicht zeitgerechte Ernte kann zu größeren Ertragsverlusten führen. Besonderheiten: Sorte mit sehr hoher, breiter Blattgesundheit. Marktleistung: Im Durchschnitt der letzten drei Anbaujahre höchste bereinigte Marktleistung, in der Regel bereits in der niedrigeren Intensitätsstufe B1. Empfehlung: Für Sandstandorte sehr gut geeignet, für Lehm-Niederungs- und Übergangslagen gut geeignet.

Ketos: Im Mittel der Standorte unterdurchschnittliche Erträge. Auf Sand- Niederungslagen im Mittel der letzten Jahren durchschnittliche Erträge. Qualität: Überdurchschnittlich konstant gute hl- Gewichtsleistung. Ertragsbildung über höhere Bestandesdichte, bei leicht unterdurchschnittlicher Kornzahl je Ähre sowie mittlerer TKM. Agronomische Merkmale: Sehr frühreife, standfeste Sorte mit leichter Neigung zum Ährenknicken. Zeitgerechte Ernte sichert den Ertrag. Besonderheiten: Mehltau- und stark netzfleckenanfällige Sorte. Pflanzenschutzmaßnahmen sind auf diese erhöhte Anfälligkeit abzustimmen. Marktleistung: Auf den Sand-Niederungslagen konnte sich die Sorte mit einer durchschnittlichen bereinigten Marktleistung bei höherer Behandlungsintensität behaupten. Empfehlung: Für Sandstandorte geeignet.

Fridericus (Carola-Abstammung): Zweijährig konstant, überdurchschnittlich hohe Ertragsleistungen in allen Anbauregionen. Qualität: Durchschnittliches, in der Regel sicheres hl-Gewicht. Ertragsbildung über leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte, geringere Kornzahl je Ähre und leicht überdurchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Relativ lange, jedoch standfeste Sorte, mit geringem Halm- aber leicht erhöhtem Ährenknicken. In der Blattfarbe dunkelgrüner. Besonderheiten: Sorte mit sehr hoher, breiter Blattgesundheit. Marktleistung: Sehr hohe bereinigte Marktleistungen in den letzten beiden Jahren, die überwiegend bereits in der niedrigeren Intensitätsstufe erzielt wird. Die höhere Intensität zeigte sich meist nur auf den Lößstandorten wirtschaftlich. Empfehlung: Für Lößstandorte, Sand- und Lehm-Niederungslagen sowie Höhenlagen zum Ausprobieren geeignet.

Alinghi (Carola-Lomerit-Abstammung): Weist zweijährig konstante, überdurchschnittlich hohe Ertragsleistungen in allen Anbauregionen auf. Qualität: Durchschnittliches, in der Regel sicheres hl-Gewicht. Ertragsbildung über eine leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte, einer geringeren Kornzahl je Ähre sowie einer leicht überdurchschnittlichen TKM. Agronomische Merkmale: Spätreifere, relativ lange, jedoch noch gut standfeste Sorte. In der Blattfarbe etwas heller, soll nicht zu stärkerer N-Düngung verleiten. Besonderheiten: Sehr hohe, breite Blattgesundheit. Marktleistung: Sehr hohe bereinigte Marktleistung in den letzten beiden Jahren, die überwiegend bereits in der niedrigeren Intensitätsstufe erzielt wird. Die höhere Intensität zeigte sich meist nur auf den Lößstandorten wirtschaftlich. Empfehlung: Für Lößstandorte, Lehmübergangslagen und Höhenlagen zum Ausprobieren geeignet.

Merilyn (Carola Kreuzung): Weist dreijährig stärker schwankende Ertragsleistungen auf. Qualität: Durchschnittliches, in der Regel sicheres hl-Gewicht. Ertragsbildung über durchschnittliche Bestandesdichte sowie Kornzahl je Ähre und einer leicht überdurchschnittlichen TKM. Agronomische Merkmale: Spätreifere, relativ lange, jedoch sehr standfesten Sorte mit sehr guter Strohstabilität. In der Blattfarbe etwas heller, soll nicht zu stärkerer N-Düngung verleiten. Besonderheiten: Gute, breite Blattgesundheit. Netzflecken sind stärker zu beachten. Marktleistung: Hohe bereinigte Marktleistung in den letzten drei Jahren, die überwiegend bereits in der niedrigeren Intensitätsstufe erzielt wird. Empfehlung: Für Löß- und Lehm-Niederungslagenstandorte.

Colibri: Zweijährig konstante, überdurchschnittliche Ertragsleistungen auf Lehm- und Sand-Niederungslagen. Qualität: Durchschnittliches, in der Regel noch sicheres hl-Gewicht. Ertragsbildung über durchschnittliche Bestandesdichte, eine mittlere Kornzahl je Ähre und eine durchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Etwas kürzere Sorte mit erhöhter Lagerneigung sowie Halmknicken, zeitige Ernte zur Ertragssicherung erforderlich. Hellere Blattfarbe. Besonderheiten: Sorte mit guter, breiter Blattgesundheit. Die Intensität sollte gegen die leicht erhöhte Lagerneigung ausgerichtet werden. Marktleistung: Suf Lehm und Sand-Niederungslagen gute überdurchschnittliche bereinigte Marktleistungen. Die höhere Intensität ist fast immer wirtschaftlich. Empfehlung: Für Lehm- und Sand-Niederungslagen zum Ausprobieren geeignet.

Sequel: Mehrjährig gute Ertragsleistungen auf Lößstandorten. Qualität: Überdurchschnittlich hohes hl-Gewicht. Ertragsbildung über durchschnittliche Bestandesdichte, eine leicht überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie eine unterdurchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Frühreifere, standfeste Sorte mit leicht erhöhter Neigung zum Ährenknicken. Relativ kurz, hellgrüner in der Blattfarbe. Besonderheiten: Sorte mit guter Blattgesundheit. Die Intensität sollte auf die leicht erhöhte Netzfleckenanfälligkeit ausgerichtet werden. Marktleistung: Sorte mit durchschnittlicher bereinigter Marktleistung in den letzten beiden Jahren, die häufig bereits in der unbehandelten Variante erzielt wird. Die höhere Intensität zeigte sich meist nur auf den Lößstandorten wirtschaftlich. Empfehlung: Für Lößstandorte bei eigenen noch guten Anbauerfahrungen.

Siberia: Im Mittel der Jahre durchschnittliche Ertragsleistung auf Lößstandorten, jedoch mit höheren Ertragsschwankungen. Qualität: Tendenziell niedrigere hl- Gewichtsleistung. Ertragsbildung über durchschnittliche Bestandesdichten, Kornzahl je Ähre sowie TKM. Agronomische Merkmale: Sehr frühreife, standfeste Sorte mit erhöhter Neigung zum Halm- und Ährenknicken. Zeitgerechte Ernte zur Ertragssicherung erforderlich. Besonderheiten: Bei der Wahl der Pflanzenschutzintensität ist der erhöhten Anfälligkeit gegenüber Mehltau und Netzflecken Rechnung zu tragen. Marktleistung: In der Tendenz höhere Marktleistungen erst bei höherer Intensität erzielbar. Empfehlung: Für Lößstandorte bei eigenen, noch guten Anbauerfahrungen.

Hinweise zur Aussaat

Erst wenn die an einem Standort möglichen acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen optimal gestaltet werden, kann bei dann noch stimmigen Witterungsbedingungen eine gute Sorte auch ihr genetisch verankertes Ertrags- und Qualitätspotential in Form gesunder und vitaler Pflanzenbestände voll ausschöpfen. Die ersten pflanzenbaulichen Maßnahmen beginnen im Herbst mit der optimalen Saatbettbereitung sowie mit der Wahl der Saatzeit und einer darauf abgestimmten Saatmenge. Der sehr lange, warme Herbst zeigte erneut die Problematik zu früher Saattermine auf: Häufig zu üppig entwickelte, mastige, kranke Gerstenbestände bereits im Herbst und dazu noch der starke, mit dem Gelbverzwergungsvirus infizierte Blattlausbefall waren mit ein Grund für die diesjährig unbefriedigenden Erträge und Qualitäten. Die Einhaltung eines optimalen standortspezifischen Saattermins sollte wieder stärker beachtet werden. Ein Großteil der Herbstprobleme kann damit schon wesentlich gemildert werden. Andererseits sollte auch nicht in das andere Extrem, einer deutlich späteren Saat, verfallen werden.

In der Tabelle 8 sind für die verschiedenen Ackerbau-/Anbauregionen in NRW Empfehlungen zu den Aussaatmengen aufgeführt. Die dort jeweils aufgeführten Angaben zur anzustrebenden Zielbestandesdichte, den Beährungskoeffizienten sowie den Feldaufgangs- und Überwinterungsverlusten, die bei in einer korrekten Aussaatmengenberechnung zu berücksichtigen sind, basieren auf mehrjährig in den Landessortenversuchen ermittelten Werten. Zwischen den Anbauregionen sind deutliche Unterschiede feststellbar. Liegen eigene standörtliche Erfahrungen vor, sollten sie in der Rechnung berücksichtigt werden. Die aufgeführten Werte beziehen sich auf die regional langjährig bewährte normale Saatzeit für die Wintergerste sowie auf gute Saatbettbedingungen. Bei größerer Saatzeitverspätung müssen die Beährungskoeffizenten reduziert werden, da sich die verfügbare Zeit für eine ausreichende Bestockung unter Kurztagsbedingungen reduziert. Bei sich verschlechternden Saatbedingungen sind die Werte für die Feldaufgangsverluste sowie gegebenenfalls für die Überwinterungsverluste zu erhöhen. Ziel dieser flexiblen Anpassung ist, über die sich daraus ergebenden Aussaatmengenänderungen ausreichende, aber nicht überhöhte Bestandesdichten als wichtige Basis für einen hohen und sicheren Ertrag zu sichern. Beim Anbau von zweizeiliger Wintergerste sollte die Saatstärke generell um etwa 30 Körner je m² über der jeweiligen standortspezifischen Saatstärke der mehrzeiligen Wintergerste erhöht werden.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch