Landessortenversuche Winterweizen 2006 - Frühsaaten

Erntereifes Weizenfeld

Ein langer, milder Herbst mit sehr guten Saat- und Vorwinterentwicklungsbedingungen, eine sehr lange, relativ trockene Überwinterungsphase mit sehr spätem Vegetationsbeginn, wenig Krankheitsdruck, früh einsetzende, sehr lange Trocken- und Hitzephase in den Monaten Juni, Juli, sehr früher Erntebeginn, ein verregneter August mit langer Ernteunterbrechung, sehr spätes Ernteende bis zur Mitte der zweiten Septemberwoche - mit dieser Kurzbeschreibung lässt sich das von vielen Extremen gekennzeichnete Vegetationsjahr 2005/2006 für den Winterweizen charakterisieren. Entsprechend stark schwankende Erträge und Qualitäten haben sich dann, je nach Region in NRW, auch eingestellt.

Anbau- und Ertragssituation

Der Winterweizen ist im doppelten Sinne des Wortes die wichtigste Brotfrucht unter den Getreidearten. Dieses dokumentiert sich in den Winterweizen-Anbauflächen von Nordrhein-Westfalen, die mit rund 277 000 ha und rund 90 000 ha mehr einen deutlichen Abstand zu der Wintergerstenanbaufläche aufweist. Gegenüber dem Anbaujahr 2005 ist nach ersten vorläufigen Ermittlungen des statistischen Landesamtes in Düsseldorf die Winterweizenanbaufläche 2006 um rund 5 400 ha reduziert worden. Diese Reduzierung geht ausschließlich auf die verringerte Anbaufläche im Landesteil Nordrhein zurück. Ursachen dafür sind die vorjährig gemachten schlechten Erfahrungen mit Stoppelweizen, aber auch die gestiegene Rapsfläche mit entsprechend ausgeweiteter Wintergerstenanbaufläche als günstigere Vorfrucht zum Raps.

Im Vergleich zur Ertragsentwicklung des Winterweizens in den 90er Jahren lässt sich in den letzten acht Jahren eine gewisse Stagnation der Ertragsentwicklung in NRW nicht verhehlen, siehe Tabelle 1. Das Ertragsniveau ist zwar hoch, eine weiter steigende Tendenz ist aber nicht ersichtlich. Exakte Ursachen dafür zu finden sind schwierig. Die in den letzten Jahren feststellbaren zunehmenden Witterungsextreme mögen eine Ursache sein. Die zunehmenden Resistenzprobleme bei den Strobilurinen sowie die fehlenden Neuentwicklungen im Fungizidsektor können eine weitere Ursache sein. Schließlich zeichnen sich zurzeit im Bereich der Sortenentwicklung keine deutlichen Ertragssteigerungen bei den neueren Sorten ab. Es sind lediglich Verschiebungen insofern erkennbar, als neuere A-Sorten ertraglich mittlerweile das Niveau von B- und sogar auch C- Sorten erreichen. Allerdings bewegen sich bei diesen Sorten häufig die Eiweißleistungen auf dem Mindestniveau, was stickstoff-düngungsmäßig stärker beachtet werden sollte. Eine letzte, mit zu beachtende mögliche Ursache für die stagnierenden Weizenerträge ist sicherlich auch in der Produktionstechnik zu suchen. Hier muss man kritisch hinterfragen, inwieweit, aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen gefordert, Minimierungsstrategien in der gesamten Anbautechnik sich nicht doch überproportional ungünstig auf die Ertragsituation des Weizens auswirken.

Vor dem Hintergrund des Witterungsverlaufs des Vegetationsjahres 2005/2006 sind in der Tabelle 2 aus den Landessortenversuchen die Ertragsstrukturverhältnisse des Winterweizens im Mittel über alle Sorten in den einzelnen Ackerbauregionen von NRW im Vergleich zu den Vorjahren dargestellt. Über alle Ackerbauregionen hinweg lassen sich 2006 im Vergleich zu den Vorjahren gute bis höhere Bestandesdichten feststellen. Die sehr guten Herbstbedingungen sowie die weitestgehend verlustlose Überwinterung haben dazu geführt. Die in der Regel zu trockenen Witterungsbedingungen zu Schossbeginn führten überwiegend zu einer reduzierten Anlage von Körnern je Ähre. In Abhängigkeit der regional sehr unterschiedlichen Wasserversorgung zum Zeitpunkt der Kornfüllungsphase (Milchreife) des Weizens bildeten sich an den Versuchsstandorten teilweise niedrigere bis höhere TKM im Vergleich zu den Vorjahren aus. Hauptursache für die überwiegend niedrigeren Erträge in den Landessortenversuchen waren damit die zum Teil deutlich niedrigeren Kornzahlen je Ähre. In Abhängigkeit der Wasserversorgung konnte dieser Ertragsstrukturfaktor über die TKM nicht oder nur teilweise kompensiert werden.

Landessortenversuche Winterweizen nach Blattfrüchten

In Nordrhein-Westfalen wurden im Herbst 2005 an insgesamt neun Versuchsstandorten die Landessortenversuche Winterweizen mit insgesamt 32 Sorten ausgedrillt. Neun weitere Landessortenversuche von gleichartigen Standorten aus der benachbarten Kammerregionen Niedersachsen konnten mit in die Gesamtauswertung einbezogen werden. Damit stehen insgesamt 18 Landessortenversuchsergebnisse für eine sehr sichere Leistungsbewertung der Weizensorten in diesem Jahr zur Verfügung. In den Landessortenversuchen wurden gegenüber dem Vorjahr rund 3,7 % weniger gedroschen. Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte landesweit in drei Intensitätsvarianten, siehe Tabelle 3. Nun bereits im zweiten Jahr wurde die Stickstoffdüngung in allen drei Intensitätsvarianten einheitlich durchgeführt. Diese Vorgehensweise soll dem Ziel der Züchter Rechnung tragen, möglichst gesunde und damit weniger pflanzenschutzbedürftige Sorten der Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Eine Schlechterstellung der Sorten durch eine reduzierte Stickstoffdüngung in der unbehandelten Variante, wie in den Vorjahren praktiziert, ließ bei der betriebswirtschaftlichen Auswertung der Intensitätsvarianten eine korrekte Bewertung der Sorten bezüglich ihrer notwendigen Pflanzenschutzintensität nicht zu. Neuere, gesündere Sorten konnten ihre mögliche Leistungsfähigkeit unter unbehandelten Bedingungen nicht deutlich zeigen. Um in B1 durch die erhöhte N-Düngung kein überproportionales Lager zu provozieren, wurde eine gegenüber B2 und B3 um die Hälfte verringerte Wachstumsreglermenge eingesetzt.

Als Grundlage für die Leistungsbeurteilung und die Empfehlung der Sorten wird das Ertragsmittel aus der mittleren und der höheren Intensitätsvariante herangezogen. Diese Werte sind in den nachfolgenden Tabellen aufgeführt. Zwischen diesen beiden Varianten bewegt sich, je nach Jahr und Standort immer wieder verschieden, die produktionstechnisch optimale Intensität. Durch diese Verdoppelung der vorhandenen Einzelergebnisse erhöht sich darüber hinaus auch die Aussagesicherheit zu den Sorten.

Ertrags- und Qualitätsleistungen der Sorten

In der Tabelle 4 sind die diesjährigen Ertragsleistungen der Sorten an den einzelnen Versuchsstandorten aufgeführt. Zur Erleichterung der Übersicht sind die Sorten innerhalb der jeweiligen Prüfzeiträume und Qualitätsgruppen nach dem Durchschnittsergebnis aller Versuche 2006 fallend sortiert. Es lässt sich auch in diesem Jahr wieder feststellen, dass zwischen den besten mehrjährig geprüften, im Praxisanbau schon bewährten Sorten und den neueren, zweijährig- und den erstjährig geprüften Sorten ertraglich keine Leistungsunterschiede bestehen. Die bislang empfohlenen, mehrjährig geprüften Sorten zeigten damit auch im Jahr 2006 einen hohen und sicheren Leistungsstand. Zwischen den besten C-, B- und neueren A- Sorten zeigen sich ebenfalls keine Leistungsunterschiede. Dieser Umstand erleichtert die Sortenwahlentscheidung vor allem für den reinen Marktfruchtbaubetrieb hinsichtlich einer höher qualitativen Sorte mit dem Ziel einer flexibleren Vermarktungsmöglichkeit. Der Tabelle 5 sind die über die letzten vier Prüfjahre erzielten Erträge, zusammengefasst für die jeweiligen Ackerbauregionen, zu entnehmen. Daraus lassen sich die Standorteignung, die Höhe der Ertragsleistung und die Ertragstreue einer Sorte beurteilen. Die in der Tabelle 5 ebenfalls aufgeführten agronomischen Eigenschaften der Sorten sollen, je nach Fruchtfolgegegebenheiten sowie Düngungsregime, aber auch Bodenbearbeitungsverfahren eine auf den Standort abgestimmte Feinjustierung bei der Sortenwahl ermöglichen. Standfestigkeit, Ährenfusarium- sowie Septoria tritici-Anfälligkeit sind besonders wichtige, zu beachtende Kriterien. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren sind in der Tabelle 6 die Sortenempfehlungen für Nordrhein-Westfalen für die verschiedenen Anbauregionen aufgeführt.

Eine sehr gute leistungsfähige und sichere Sorte gibt es nicht. Die in der Tabelle 5 aufgeführten Merkmale zu den Sorten ermöglichen unter Beachtung ihrer jeweiligen Schwachpunkte schon beim Fungizideinkauf dessen gezielte Auswahl bezüglich der erforderlichen Wirkungsstärken gegenüber bestimmten Krankheiten. Insbesondere bei einer höheren Ährenfusariumanfälligkeit ist darüber hinaus auch schon die entsprechende Fungizidstrategie einzuplanen, um allen Risiken vorzubeugen (Fungizidmaßnahme in EC 59/61). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch auf die neue EU-Mykotoxinverordnung, nach der für gereinigtes Getreide ein höchstzulässiger DON-Wert von 1 250 µg/kg gilt, gegenüber der nicht mehr geltenden alten deutschen mit 500 µg/kg. Insoweit ist das mögliche Belastungs- und Vermarktungsrisiko erheblich gesenkt worden.

Die Qualitätssicherheit von Weizensorten, in diesem Erntejahr erneut vor allem bezüglich der Fallzahl in den Übergangs- und Höhenlagen von NRW ein wichtiger Vermarktungsaspekt, ist in der Tabelle 5 unter dem Begriff der Fallzahlstabilität zu den einzelnen Sorten aufgeführt. Leider liegen bislang zu den beauftragten Sorten-Fallzahluntersuchungen aus diesem Erntejahr noch keine vollständigen aktuellen Ergebnisse vor. Allerdings sollte dieses Merkmal aufgrund der diesjährigen Erfahrungen nicht zum absolut einzig relevanten Sortenwahlkriterium erhoben werden, da es zufallsbedingt nur in einzelnen Jahren zu einem größeren Problem wird.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsstufen

Beim Vergleich der jeweils über alle Sorten gemittelten Ertragsleistungen in der niedrigen Intensitätsstufe B1 mit der mittleren B2 und der höheren Intensitätsstufe B3 in Tabelle 4 ist festzustellen, dass die mittlere Intensitätsstufe gegenüber B1 immer wirtschaftlich gewesen ist. Die wirtschaftlich mindestens erforderlichen 7,4 dt je ha notwendiger Mehrerträge wurden im Mittel aller Sorten immer erreicht. Beim Vergleich der mittleren mit der höheren Intensität zeigt sich aus den Ergebnissen der Tabelle 4, dass die wirtschaftlich erforderlichen Mindestmehrerträge in B3 nicht auf allen Standorten mehr erreicht wurden. Damit reagieren schon sehr viele Sorten sehr differenziert auf die unterschiedlichen Intensitäten. Da beim Winterweizen nun bereits im zweiten Jahr in den drei Intensitätsvarianten B1, B2 und B3 die Stickstoffdüngung in den Landessortenversuchen einheitlich durchgeführt wird, lassen sich erste Tendenzen ableiten, welche Weizensorten aufgrund ihrer besseren Gesundheit, ihrer Standfestigkeit und sonstiger sortenspezifischer Eigenschaften produktionstechnisch extensiver geführt werden können. Diese Ergebnisse sind in der Abbildung veranschaulicht. Die Ertragsleistung, die agronomischen Eigenschaften sowie die Gesundheit einer Sorte lassen sich in ihrer gesamten Wertigkeit mit ihrer bereinigten Marktleistung zusammenfassend am besten beurteilen.

In der Abbildung sind aus den Landessortenversuchen der letzten beiden Jahre (n = 19, nur NRW) von jeder Sorte die höchsten bereinigten Marktleistungen (BML) aus den jeweils besten Intensitätsstufen 1, 2 oder 3 im Mittel dargestellt. Aus den diesen jeweils zugeordneten Intensitätsstufen 1,2 oder 3 ist ebenfalls der Mittelwert errechnet worden, der, als Behandlungsindex bezeichnet, Auskunft darüber gibt, wie hoch der durchschnittliche Intensitätsanspruch einer Sorte ist, bei der die jeweils höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt wurden. Zusätzlich wurde die Mittelwertabweichung des Behandlungsindex berechnet, die als Schwankungsbreite Auskunft über die Streuung gibt. Da bei der Berechnung der bereinigten Marktleistung nicht die übergeordneten betrieblichen Managementaufwendungen kostenmäßig berücksichtigt sind, können sich aus diesen Ergebnissen vor dem Hintergrund knapper und teurer Arbeitsressourcen auch entsprechende Hinweise für die Anbauvorzüglichkeit der Weizensorten ergeben, wenn Beobachtungs- und Kontrollaufwand, Pflanzenschutzmengenbewegungen und ähnliches kostenwirksam reduziert werden können.

Beim Vergleich der Futterweizensorten Winnetou und Hermann zeigt sich, dass Winnetou in den überwiegenden Fällen der letzten beiden Jahre auf den 19 Standorten erst in der höchsten Intensitätsstufe die entsprechend höchsten bereinigten Marktleistungen erzielte. Immer jedoch war eine mittlere Intensität erforderlich. Bei der Sorte Hermann zeigt sich bei leicht niedrigerer BML, dass diese fast zur Hälfte der 19 Prüfergebnisse schon in der niedrigsten Intensitätsstufe erzielt wurde. Im Vergleich zu Winnetou reicht damit bei Hermann allenfalls eine mittlere Intensität aus, um die höchsten bereinigten Marktleistungen zu erzielen. Bei den beiden ebenfalls sehr leistungsfähigen A-Sorten Tuareg und Paroli ist zu erkennen, dass bei Tuareg bei im Mittel noch leicht höherer bereinigter Marktleistung fast ausschließlich die mittlere Intensitätsstufe für das Erreichen der höchsten bereinigten Marktleistungen ausreichte, während bei Paroli etwa jeweils zur Hälfte der vorliegenden Einzelergebnisse die höchsten bereinigten Marktleistungen in der mittleren und in der höchsten Intensitätsstufe erzielt wurden. Die bei vielen Sorten zu erkennenden niedrigen Behandlungsindizes korrespondieren überwiegend gut mit den aus der beschreibenden Sortenliste zu entnehmenden breiten Gesundheit und günstigen agronomischen Merkmalen. Da die Sorten Ephoros, Hybred, Akratos nur an einer eingeschränkten Anzahl von Standorten geprüft wurden, sind die abgebildeten Ergebnisse in deren Aussagefähigkeit nur eingeschränkt verwertbar.

Landessortenversuche mit frühreifen Sorten

Ein weiteres, nicht uninteressantes Weizensortensegment sind sehr frühreife Winterweizensorten. Sie haben sich bereits im Rheinland seit vielen Jahren sehr gut bewährt und zeigen mittlerweile auch in den zweijährigen Sortenversuchen im westfälischen Landesteil sehr gute Ergebnisse. Frühreife Winterweizensorten sind in ihrer Gesamtentwicklung bis zur Ernte rund eine Woche früher. Dieses ist bei der Platzierung von pflanzenbaulichen Maßnahmen entsprechend zu berücksichtigen. Auch in diesem Jahr zeigten sich insbesondere auf den Sand- und Lehmstandorten, aber auch in den Übergangs- und Höhenlagen die Erträge durchaus auf dem gleichen Niveau wie die der normalreifen Sorten. Zusammenfassend lassen sich folgende anbau- und betriebsrelevante Aspekte anführen, die auch für den Anbau solch sehr frühreifer Weizensorten sprechen können:

  • Entzerrung von Arbeitsspitzen
  • als Stoppelweizen-Vorfrucht zu Raps: Hybridsorten; verfügbare Feldarbeitszeiten für Neusaat deutlich verlängerbar
  • Stoppelweizenanbau, wenn Gräserbekämpfung in Wintergerste problematisch
  • Anbau auf sehr leichten, trockenen Standorten oder sehr tonigen Standorten
  • Ertragsrisikostreuung auf Normal- Standorten (Frühsommerhitze)
  • mögliches Risiko: Auswinterungsgefährdung
  • zurzeit nur französische Sortenherkünfte.

Folgende Sachverhalte sind allerdings zu beachten: In Jahren mit starken Wintern besteht tendenziell die Gefahr einer etwas stärkeren Auswinterung. Gegenmaßnahmen:

  • Saatstärken etwa 20 bis 30 Körner/m² höher wählen
  • Start-N-Düngung dem Überwinterungszustand anpassen und gegebenenfalls erhöhen
  • reifeangepasste Ernte unbedingt erforderlich, ansonsten kann es Probleme mit vorzeitigem Kornausfall und/oder der Fallzahl geben
  • Frühreife bedeutet nicht, dass auch früher zu säen ist. Die standortübliche Saatzeit ist auf jeden Fall einzuhalten.

In diesem Jahr wurden an insgesamt sieben Standorten in NRW die Landessortenversuche mit insgesamt sieben sehr frühreifen Winterweizensorten angelegt. Aus der Tabelle 8 sind die diesjährigen Ergebnisse an den Einzelstandorten aufgeführt. Beim Vergleich mit den Erträgen aus dem normal reifen Winterweizen-Landessortenversuch (Tabelle 4) liegen die Erträge der sehr frühreifen Sorten (Tabelle 12) durchaus auf gleichem Niveau, auf einigen Standorten deutlich höher. Die Sorten wurden nur in einer Intensitätsstufe (B3 LSV, Tabelle 3) geprüft. Tabelle 9 zeigt die mehrjährigen Leistungsergebnisse der Sorten in den verschiedenen Ackerbauregionen sowie die Einstufungen hinsichtlich ihrer agronomischen Eigenschaften. Die Sortenempfehlungen sind der Tabelle 10 zu entnehmen. Bei den Sorten Isengrain, Farandole und Nirvana handelt es sich um Grannenweizen.

Beschreibung der empfohlenen Sorten

Grundsätzlich ist zu beachten, dass jedes neue Landessortenversuchsjahr immer wieder andere Spitzensorten aufweist. Zur Risikostreuung empfiehlt sich, nicht alles auf eine oder die diesjährig beste Sorte zu setzen, sondern, je nach Größe der Weizenanbaufläche, mehrere Weizensorten anzubauen. Aus den Landessortenversuchen wird deutlich, dass es mehrere sehr gute Sorten gibt. Ertragsunterschiede von 2 bis 3 % zwischen Sorten wirken sich im Praxisanbau nicht reproduzierbar aus. Eine gesunde Sortenvielfalt mit unterschiedlichen Resistenz- und Qualitätsspektren verhilft darüber hinaus einer Anbauregion dazu, die in den Sorten verankerten Resistenzen länger funktionsfähig zu erhalten. Die eigenen Anbauerfahrungen mit einer Sorte sollten mit in die Sortenwahlentscheidung einbezogen, andererseits aber auch nicht überbewertet werden, da ein Betrieb nur zwischen einigen wenigen Sorten und dann möglicherweise auch noch unter verschiedenen Anbaubedingungen vergleichen kann. Ein Landessortenversuch prüft sehr viele Sorten unter gleichen Bedingungen, die daraus gewonnen Ergebnisse sind sehr viel schärfer.

Winnetou (C): Apollo- Abstammung; Ertrag: mehrjährig konstante, überdurchschnittlich hohe Ertragsleistungen in allen Anbauregionen. Qualität: Etwas überdurchschnittliche Fallzahl, jedoch relativ geringe Fallzahlstabilität. Ertragsbildung: Über mittlere Bestandesdichte, hohe Kornzahl je Ähre sowie mittlere Tausendkornmasse (TKM). Agronomische Merkmale: Sorte mit höherer Auswinterungsneigung. Stärker bereifte- bläulich- steilwüchsige Sorte. Besonderheiten: Pflanzenschutzintensität nach der erhöhten Anfälligkeit gegenüber Mehltau ausrichten. Nicht für fusariumgefährdete, pfluglose Maisfruchtfolgen geeignet.

Hermann (C): Xanthos- Abstammung; Ertrag: Mehrjährig konstante, überdurchschnittliche Ertragsleistungen in allen Anbauregionen. Qualität: Sorte mit leicht überdurchschnittlicher Fallzahl, aber niedriger Fallzahlstabilität. Ertragsbildung: Über leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre sowie mittlere TKM. Agronomische Merkmale: Recht standfeste Sorte, daher für Standorte mit hohem organischen Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung geeignet. Steilwüchsiger, schmalblättriger, dunklerer Wuchshabitus. Besonderheiten: Spätreife, blattgesunde Sorte, die wegen ihrer hohen Resistenz gegenüber Ährenfusarium für Maisfruchtfolgen und Mulchsaat geeignet ist. Die höchste bereinigte Marktleistung wird sehr häufig schon in der unbehandelten Behandlungsstufe erreicht.

Biscay (C): Hussar-Abstammung; Ertrag: Mehrjährig mittlerweile leicht unterdurchschnittliche Erträge in allen Anbauregionen. Qualität: Sorte mit überdurchschnittlich hoher Fallzahl, aber niedriger Fallzahlstabilität. Ertragsbildung: Über eine durchschnittliche Bestandesdichte, eine unterdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie eine durchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Relativ kurze, mittelfrühe Sorte mit höherer Anfälligkeit gegen DTR und Septoria. Besonderheiten: Spätsaatverträglich, schmalblättriger, steilwüchsiger, hellgrüner Wuchshabitus.

Hattrick (B): Ritmo-Greif-Kreuzung; Ertrag: Bis auf die Höhenlagen, mehrjährig konstante überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Mittlere Fallzahlleistung sowie geringe Fallzahlstabilität, unterdurchschnittliche Rohproteinleistung und Sedimentationswert. Ertragsbildung: über mittlere Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre sowie relativ hohe TKM. Agronomische Merkmale: Relativ kurze Sorte. Steilwüchsiger, dunkelfarbiger Wuchshabitus. Besonderheiten: hohe Anfälligkeit gegenüber Spätbefall Braunrost.

Campari (B): Campus-Rialto-Kreuzung; Ertrag: Im Mittel der Standorte und Prüfjahre eher leicht unterdurchschnittliche Ertragsleistung. Auf Sand und Lößstandorten jedoch konstante leicht überdurchschnittliches Ertragsverhalten. Qualität: Leicht überdurchschnittliche Fallzahlleistung sowie geringe Fallzahlstabilität, durchschnittliche Rohprotein- und Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über durchschnittliche Bestandesdichte, Kornzahl je Ähre sowie TKM. Agronomische Merkmale: Etwas spätreifere, kurze Sorte mit guter Standfestigkeit. Für Standorte mit hohem organischem Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung geeignet. Steilwüchsiger, schmalblättriger Wuchshabitus. Besonderheiten: Erhöhte Anfälligkeit gegenüber DTR.

Terrier (B): Kronjuwel Monopol-Abstammung; Ertrag: Im Mittel der Standorte und Prüfjahre eher leicht unterdurchschnittliche Ertragsleistung. Auf Lehm- Übergangslagen und Höhenlagen konstante leicht überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Sorte mit hoher Fallzahlleistung sowie sehr hoher Fallzahlstabilität, mittlerer Rohproteingehalt, höherer Sedimentationswert. Ertragsbildung: über leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre sowie durchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Etwas spätreifere, längere Sorte mit relativ guter Standfestigkeit. Steilwüchsiger, breitblättriger, dunkelgrüner Wuchshabitus. Besonderheiten: Die Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Halmbruch und Mehltau ausgerichtet werden.

Skater (B): Aquila Gawain-Abstammung; Ertrag: Im Mittel der Standorte und Prüfjahre leicht unterdurchschnittliche Ertragsleistung. Auf Lehm- Niederungslagen und Lehm- Übergangslagen konstante, leicht überdurchschnittliche Erträge. Qualität: Die Sorte zeichnet sich durch eine mittlere Fallzahlleistung und Fallzahlstabilität aus. Der Proteingehalt und der Sedimentationswert sind etwas unterdurchschnittlich. Ertragsbildung: Über sehr hohe Bestandesdichte, relativ niedrige Kornzahl je Ähre sowie mittlere TKM. Agronomische Merkmale: Standfeste Sorte mit Neigung zur Auswinterung. Für Standorte mit hohem organischen Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung geeignet. Besonderheiten: Pflanzenschutzbehandlungen sollten auf die erhöhte Anfälligkeit gegen Septoria, DTR und Braunrost ausgerichtet werden.

Hybred (B): Pico-Abstammung; Ertrag: Auf Sand mehrjährige, konstante, überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Wegen der sehr hohen Saatgutkosten im Vergleich zu anderen Sorten wirtschaftlich nicht besser. Qualität: Hohe Fallzahlleistung, jedoch nur mittlere Fallzahlstabilität. Mittlere Rohproteineinstufung und gute Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über eine mittlere Bestandesdichte, eine hohe Kornzahl je Ähre sowie eine mittlere TKM. Agronomische Merkmale: Spätreife, mittellange Sorte mit guter Standfestigkeit. Für Standorte mit hohem organischen Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung geeignet. Besonderheiten: Die Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Anfälligkeit gegen Septoria und DTR ausgerichtet werden.

Actros (B): Brigadier-Tandem-Kreuzung; Ertrag: Im Mittel der Prüfjahre und Standorte nur unterdurchschnittliche Ertragsleistung. Auf Lehm-Niederungs-, Übergangs- sowie Höhenlagen gute Ertragsleistungen. Qualität: Leicht überdurchschnittliche Fallzahl bei jedoch sehr geringer Fallzahlstabilität. Geringer Rohproteingehalt und mittlerer Sedimentationswert. Ertragsbildung: Über mittlere Bestandesdichte, unterdurchschnittliche Kornzahl je Ähre und hoher TKM. Agronomische Merkmale: Tendenziell eher spätreifere Sorte mit planophiler Blattstellung, relativ hell in der Blattfärbung. Besonderheiten: Ährenfusarium anfällige Sorte, daher Vorsicht in pfluglosen Maisfruchtfolgen.

Paroli (A): Batis-Rialto-Kreuzung; Ertrag: Im Mittel der Prüfjahre und Standorte durchschnittliche Ertragsleistung. Auf Löß und Lehm-Übergangslagen sowie Höhenlagen schwankende überdurchschnittliche Ertragsleistung. Auf Lehm Niederungslagen konstante überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Leicht überdurchschnittliche Fallzahl bei jedoch sehr geringer Fallzahlstabilität. Mittlere Rohproteingehalte und leicht überdurchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über leicht unterdurchschnittliche Bestandesdichte, leicht überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie eine hohe TKM. Agronomische Merkmale: Dunkelgrüner Wuchshabitus, breitblättrige, erektophile Blattstellung. Besonderheiten: Ährenfusarium anfällige Sorte, daher Vorsicht in pfluglosen Maisfruchtfolgen. Die Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Halmbruch, Blattseptoria, Braunrost und Ährenfusarium abzustimmen.

Türkis (A): Tambor-Abstammung; Ertrag: Im Mittel der Prüfjahre und Standorte leicht unterdurchschnittliche Erträge. Auf Lehm-Niederungslagen und Höhenlagen gute und recht stabile Ertragsleistungen. Qualität: Überdurchschnittliche Fallzahl, jedoch niedrigere Fallzahlstabilität. Mittlere Rohproteingehalte und überdurchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über eine leicht unterdurchschnittliche Bestandesdichte, eine hohe Kornzahl je Ähre sowie eine mittlere TKM. Agronomische Merkmale: DTR anfälligere Sorte. Besonderheiten: Hellgrüner Wuchshabitus, relativ licht stehend.

Tommi (A): Ralf, Astron/Haven-Abstammung; Ertrag: Leicht unterdurchschnittliche Erträge. Qualität: Überdurchschnittliche Fallzahl, jedoch sehr niedrige Fallzahlstabilität. Gute Rohproteingehalte und überdurchschnittliche gute Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über eine leicht unterdurchschnittliche Bestandesdichte, eine hohe Kornzahl je Ähre sowie eine mittlere TKM. Agronomische Merkmale: Etwas spätreifere, auswinterungsgefährdetere, standfeste Sorte. Besonderheiten: dunkelgrüner Wuchshabitus.

Magnus (A): Obelisk-Abstammung; Ertrag: Auf Lehm- Übergangsstandorten und Höhenlagen konstante durchschnittliche bis leicht überdurchschnittliche Erträge, auf den übrigen Standorten eher unterdurchschnittlich. Qualität: Überdurchschnittliche Fallzahl mit sehr hoher Fallzahlstabilität. Leicht unterdurchschnittliche Rohproteingehalte (4) und leicht überdurchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über eine durchschnittliche Bestandesdichte, eine hohe Kornzahl je Ähre sowie eine mittlere TKM. Agronomische Merkmale: Relativ langwachsende, lagergefährdete Sorte mit erhöhter Neigung zum Auswintern. Gleichmäßiger, steilwüchsiger Wuchshabitus. Besonderheiten: Die Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte Lagerneigung und die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Halmbruch und Mehltau auszurichten.

Tuareg (A): Kris x Dekan-Kreuzung; Ertrag: überdurchschnittlich hohe und stabile Erträge in den ersten beiden Prüfjahren auf allen Standorten. Qualität: Überdurchschnittliche Fallzahl bei jedoch nur mittlerer Fallzahlstabilität. Leicht unterdurchschnittliche Rohproteingehalte und leicht überdurchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über durchschnittliche Bestandesdichte, eine sehr hohe Kornzahl je Ähre sowie mittlere TKM. Agronomische Merkmale: Tendenziell etwas spätreifere Sorte. Blaugrüne, stark bereifte Blattfärbung. Besonderheiten: Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte Anfälligkeit gegenüber DTR und Ährenfusarium auszurichten. Vorsicht in pfluglosen Maisfruchtfolgen.

Boomer (A): Transit-Kreuzung; Ertrag: Auf den Niederungslagen Lehm und Sand konstant gute, überdurchschnittliche Erträge. Qualität: Sehr hohe Fallzahlleistung, jedoch nur unterdurchschnittliche Fallzahlstabilität. Unterdurchschnittliche Rohproteingehalte und leicht überdurchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Erfolgt über eine leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte sowie eine durchschnittliche Kornzahl je Ähre und TKM. Agronomische Merkmale: Relativ kurze, standfeste Sorte, daher für Standorte mit hohem organischen Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung geeignet. Sehr kompakte Ähre. Dunkelgrüne, stark bereifte Blattfärbung mit erektophiler Blattstellung. Besonderheiten: Die Wahl der Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte Halmbruchneigung auszurichten.

Frühreife Sorten

Orvantis (A/B): Ertrag: konstant mehrjährig gute, leicht überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Leicht überdurchschnittliche Fallzahlleistung, mittlere Rohproteingehalte und durchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte, eine höhere Kornzahl je Ähre sowie eine mittlere TKM. Agronomische Merkmale: Sehr frühreife Sorte. Leicht bereifter, steilwüchsiger Wuchshabitus. Besonderheiten: Die Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Septoria ausgerichtet sein.

Cubus (A): Ertrag: Auf Lehm- Niederungs- und Übergangslagen mittlere, auf Sand- Niederungslagen überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Überdurchschnittlich hohe Fallzahl bei geringerer Fallzahlstabilität, unterdurchschnittliche Rohproteingehalte und überdurchschnittliche hohe Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über durchschnittliche Bestandesdichte, etwas höhere Kornzahl je Ähre sowie eine mittlere TKM. Agronomische Merkmale: Frühreifere, im Wuchshabitus blaugrün wirkende Sorte, mit planophiler Blattstellung. Auffällig ist das lange letzte Internodium. Besonderheiten: Die Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Anfälligkeit gegen Halmbruch, und Braunrost ausgerichtet werden.

Hinweise zur Aussaat

Immer wieder zeigen sich in der Praxis verschiedene acker- und pflanzenbaulich erzeugte Mängel. Diese können erst gar nicht stärker auftreten, wenn folgendes regelmäßig beachtet wird: Kontrolle auf Bodenverdichtungen, Wurzelwegsamkeit im Unterboden und damit die Wasserverfügbarkeit verbessern, Humusgehalt verbessern - vor allem auf den schluffigen Löß- und Lehmböden sollten 2 % angestrebt werden. Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit, der Bodenstruktur, des Bodenlebens und der Nährstoffverfügbarkeit sind wünschenswerte, ertragsichernde Effekte. Das Einhalten des Minimalversorgungszustandes mit den Grundnährstoffen funktioniert nur unter annährend normalen Witterungsbedingungen. Die Intensität der Saatbettbereitung ist in Abhängigkeit der jeweiligen Erntebedingungen der Vorfrüchte Kartoffeln oder Zuckerrüben durchzuführen. Saatstärken sollten nicht zu niedrig kalkuliert werden. Mit dem Vertrauen auf optimale Witterungsbedingungen im Spätherbst und Frühjahr bewegt man sich im Bereich des unkalkulierbaren Risikos. In der Tabelle 11 sind die zu beachtenden Aspekte und der Rechengang aufgeführt, die zu einer standort- und saatzeitangepassten kostengünstigen Aussaatmenge führen. Grundlage für die anzustrebenden standortorientierten, über viele Jahre sich als realistisch herausgestellten Zielbestandesdichten in den jeweiligen Ackerbauregionen sind langjährige Ergebnisse aus den Landessortenversuchen.

Autor: Dr. Joachim Holz