Landessortenversuche Winterweizen 2010 - Frühsaaten

Erntereifes Weizenfeld

Frühreife Weizensorten häufig im Vorteil

Neben dem normal- bis etwas spätreiferen Blattfruchtweizen-Sortensortiment, ausgesät nach Zuckerrüben, Kartoffeln, Raps oder auch Mais, werden als Spezialsegment zusätzliche Sortenversuche mit deutlich frühreiferen Winterweizensorten in der gleichen Fruchtfolgestellung durchgeführt. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, stellen die Ergebnisse dieses Sortimentes vor.

Das frühreife Sortensortiment konnte insbesondere in diesem Jahr, da die Zeit der Kornfüllungsphase im trockenen-heißen Juni sehr problematisch war, das oben genannte Sondermerkmal ertragssichernd vielfach in sehr hohe Erträge umsetzen. Sehr frühreife Sorten sind gegenüber den normal- bis etwas später reifen Weizensorten rund vier bis sechs Tage früher druschreif. Daher werden sie in einem gesonderten Sortiment geprüft, da auch der gesamte Entwicklungsverlauf während der Vegetationszeit entsprechend etwas früher verläuft. Dieses hat konsequenterweise zur Folge, dass die gesamten produktionstechnischen Maßnahmen ebenfalls früher erfolgen müssen. Diese Unterschiede lassen sich nicht in einem gemeinsamen Landessortenversuch durchführen.

Stellenwert frühreifer Winterweizensorten

Auf den Lehm- und Höhenlagenstandorten Haus Düsse, Neukirchen-Vluyn, Lemgo, Steinheim-Breitenhaupt und Meerhof zeigte in den letzten sechs Prüfjahren das frühreife Sortensortiment im Mittel gegenüber den normalreifen Sorten durchaus vergleichbare Erträge, siehe Tabelle 2. In etwa der Hälfte der Prüfjahre waren die frühreifen Sorten im Mittel besser als die normalreifen Weizensorten. Lediglich auf den hochertragreichen wasserführenden milden Lößstandorten fallen die frühreifen Sorten in ihrer durchschnittlichen Ertragsleistung gegenüber den normalreifen Sorten ab, da Frühreife auf solchen Standorten pflanzenphysiologisch eine geringere Vegetationszeit und damit Ertragsbegrenzung bedeutet.

Da nicht alle Sorten in diesem Segment gleich frühreif sind, haben natürlich die etwas Späteren unter den Frühreiferen oftmals Vorteile und erreichen Ertragsleistungen, die an die besten Sorten im normalreifen Sortensortiment heranreichen. Sorten wie JB Asano, Cubus und Premio sind reifeseitig etwas die Grenzgänger zwischen den beiden Sorten-Reifegruppen. Erstmalig seit acht Prüfjahren überrundete in diesem Erntejahr auch auf den beiden Lößstandorten das frühreife Sortiment ertraglich gesehen das normalreife. Im gesamten achtjährigen Prüfzeitraum liegen die Erträge der normalreifen Sorten in dieser Anbauregion im Mittel aber immer noch um rund 5 dt ja ha höher, siehe Tabelle 2.

Betriebsrelevante Anbauaspekte

Folgende acker- und pflanzenbauliche lassen sich anführen, die für den Anbau frühreifer Weizensorten sprechen können:

  • Entzerrung von Arbeitsspitzen (N-Düngung, Fungizidmaßnahmen, Ernte), vor allem für größere Betriebe von Interesse
  • als Stoppelweizen-Vorfrucht zu Raps, gleichzeitig kombiniert mit der Aussaat von Raps-Hybridsorten, ermöglicht eine deutlich verlängerte Feldarbeitszeitspanne für eine optimale Saatbettbereitung und Aussaat des Rapses
  • Stoppelweizenanbau erforderlich, wenn vor allem die Gräserbekämpfung in Wintergerste problematisch ist
  • Anbau auf sehr leichten, sandigen, trockenen oder sehr tonigen Standorten
  • Ertragsrisikostreuung auf Normal-Standorten; in diesem Jahr Frühsommerhitze während der Kornfüllungsphase
  • mögliche Risiken: Fallzahlproblematik, wenn frühzeitigere Ernte witterungsbedingt nicht möglich, was 2007, 2008, 2009, 2010 einzelstandörtlich ein größeres Problem bedeutete. Insbesondere die fallzahllabileren Sorten sind dabei zu beachten, siehe Tabelle 6.
  • Pflanzenbauliche Reaktionsmöglichkeiten: Die abreifeangepasste Ernte ist möglichst einzuhalten, auch unter Inkaufnahme einer eventuell höheren Kornfeuchte in problematischeren Erntejahren.

Frühreife bedeutet nicht zwangsläufig, dass gerade mit diesen Sorten eine Frühsaat, also mehr als drei Wochen vor der ortsüblichen Saatzeit, durchzuführen ist. Die standortübliche Weizen-Saatzeit ist für dieses Sortensortiment ebenfalls gültig. Pflanzenbaulich betrachtet gibt es keinen Zusammenhang zwischen einer Frühsaat im Herbst und einer noch früheren Reife im folgenden Sommer. Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau der Blattfruchtweizensorten bewegen.

Die Landessortenversuche

In diesem Jahr wurden an insgesamt sieben Standorten die Landessortenversuche mit insgesamt zwölf sehr frühreifen Winterweizensorten angelegt, siehe Tabelle 3. Die Anbautechnik und die Versuchsdurchführung entsprechen der höheren Intensitätsstufe B 3 der Landessortenversuche für die normalreifen Sorten, siehe Tabelle 1. Dadurch ist die Vergleichbarkeit der Sorten-Erträge aus den verschiedenen Weizenanbausegmenten unmittelbar gegeben.

Der Tabelle 3 sind die diesjährigen Ertragsergebnisse von den Einzelstandorten zu entnehmen. Es ergaben sich im Mittel der Sorten zum Teil beachtlich hohe Ertragsniveaus, vor allem auf den Höhenstandorten. Über alle Standorte und Anbauregionen hinweg zeigten diesjährig Isengrain, Kerubino, Orvantis und JB Asano konstant deutlich überdurchschnittliche Erträge. Als neuerdings in die höchste Qualitätsgruppe E eingestuft, ist die überdurchschnittliche Leistung von Kerubino hervorzuheben.

Größere Standortabhängigkeiten zeigten dagegen die Sorten Cubus und Premio. Während Cubus auf den Lehmstandorten sehr gut abschnitt, war dieses bei Premio auf den Lößstandorten. Bei den erstjährig geprüften Sorten zeichnete sich in diesem Jahr kein neuer Leistungsträger ab. Die recht guten Leistungen der Hybridsorte Hystar auf den Lehm- und Höhenlagenstandorten übertrafen nicht die der besseren Liniensorten, so dass sich hier vor dem Hintergrund der höheren Saatgutkosten keine vergleichbare Wirtschaftlichkeit ergibt.

In der Tabelle 4 sind die mehrjährigen Ertragleistungsergebnisse der Sorten in den verschiedenen Ackerbauregionen von NRW aufgeführt. Die sich hier zeigenden standortabhängig differenzierenden Leistungspotenziale der Sorten in den verschiedenen Regionen werden deutlich. Auf der Basis dieser mehrjährigen Ertragsleistungen ergeben sich die in der Tabelle 5 aufgeführten Sortenempfehlungen für die einzelnen Anbauregionen in NRW. Bei den darunter empfohlenen Sorten Isengrain und Premio handelt es sich um Grannenweizen. Als Sondereignungsmerkmal bieten sich solche Sorten für die Aussaat auf häufig durch Wildschäden gefährdeten Flächen in Waldnähe an. Die Tabelle 6 zeigt die Einstufungen der Sorten hinsichtlich ihrer agronomischen Eigenschaften.

Zu den empfohlenen, sehr frühreifen Winterweizensorten sind in der Tabelle 7 die sortenspezifische Eigenschaften und Merkmale aufgeführt, die für eine sortenspezifische Bestandesführung von Bedeutung sind.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch