Landessortenversuche Winterweizen 2011 - Frühsaaten

Erntereifes Weizenfeld

Frühreife Weizensorten leicht im Nachteil

Neben dem normal- bis etwas spätreiferen Weizensorten nach Zuckerrüben, Kartoffeln, Raps oder auch Mais werden zusätzliche Sortenversuche mit deutlich frühreiferen Winterweizensorten in der gleichen Fruchtfolge durchgeführt. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, haben die Ergebnisse zusammengestellt.

Das frühreife Sortensortiment konnte in diesem Jahr nicht ganz seine Vorteile zur Geltung bringen, da die reichlichen Niederschläge in Juni insbesondere die spätreifen Sorten stark begünstigten. Im trocken heißen Juni, Juli des vergangenen Jahres war die Situation genau umgekehrt. Als eine Reaktionsmöglichkeit auf die zunehmenden Witterungsextreme behalten die frühreifen Winterweizensorten zur Risikostreuung aber nach wie vor ihre Bedeutung.

Stellenwert frühreifer Winterweizensorten

Sehr frühreife Sorten sind gegenüber den normal- bis etwas späterreifen Weizensorten rund vier bis sechs Tage früher druschreif. Daher werden sie in einem gesonderten Sortiment geprüft, da auch der gesamte Entwicklungsverlauf während der Vegetationszeit etwa früher verläuft. Dieses hat zur Folge, dass die produktionstechnischen Maßnahmen ebenfalls früher erfolgen müssen. Diese Unterschiede lassen sich nicht in einem gemeinsamen Landessortenversuch (LSV) durchführen.

Auf den Lehmstandorten zeigten im Mittel der letzten sieben Jahre die frühreifen Sorten keine Ertragsunterschiede zu den normalreifen Sorten. Auf den Höhenlagenstandorten war in den letzten sechs Jahren bei den frühreifen Sorten gegenüber den normal- bis spätreifen Sorten ein zu vernachlässigender Minderertrag von 0,6 dt je ha hinzunehmen. Lediglich auf den ertragreichen, wasserführenden Lößstandorten im Rheinland fallen die frühreifen Sorten in ihrer durchschnittlichen Erträge mit 4,4 dt im Mittel der letzten neun Jahre gegenüber den normalreifen Sorten ab. Auf den natürlicherweise immer problematischeren Sandstandorten ist es genau umgekehrt, hier können die frühreifen Sorten unter den immer wasserknappen Bedingungen voll zur Geltung kommen. Im Mittel von sechs Jahren betrug der Ertragsvorteil gegenüber den normalreifen Sorten 7 dt je ha. Auch in diesem Jahr war die Ertragsdifferenz auf den Sandstandorten sehr deutlich, siehe Tabelle 2.

Frühreife bedeutet pflanzenphysiologisch immer eine etwas kürzere Vegetationszeit und damit auch eine gewisse natürliche Ertragsbegrenzung. Da nicht alle Sorten in diesem Segment gleich frühreif sind, haben die etwas Späteren unter den Frühreiferen oftmals Vorteile und erreichen Ertragsleistungen, die an die besten Sorten im normalreifen Sortensortiment heranreichen. Sorten, wie JB Asano, Cubus und Premio, sind reifeseitig etwas die Grenzgänger zwischen den beiden Reifegruppen.

Zusammenfassend lassen sich folgende Aspekte anführen, die für den Anbau frühreifer Weizensorten sprechen können:

  • Entzerrung von Arbeitsspitzen bei N-Düngung, Fungizidmaßnahmen und Ernte, vor allem für größere Betriebe von Interesse,
  • als Stoppelweizen-Vorfrucht zu Raps, gleichzeitig kombiniert mit der Aussaat von Raps-Hybridsorten, ermöglichen frühreife Weizensorten eine deutlich verlängerte Feldarbeitsspanne für eine optimale Saatbettbereitung und Aussaat des Rapses,
  • Stoppelweizenanbau erforderlich, vor allem wenn die Gräserbekämpfung in Wintergerste problematisch ist,
  • Anbau auf sehr leichten, sandigen, trockenen Standorten oder sehr tonigen Standorten,
  • Ertragsrisikostreuung auf Normal-Standorten mit Frühsommerhitze während der Kornfüllungsphasewie im Juni 2010.

Mögliche Risiken sind:

  • Fallzahlproblematik, wenn frühzeitigere Ernte witterungsbedingt nicht möglich ist. Das war 2007, 2008, 2009, 2010 auf einzelnen Standorten ein größeres Problem. Insbesondere die fallzahllabileren Sorten sind dabei zu beachten, siehe Tabelle 6.

Reaktionsmöglichkeiten und Besonderheiten:

  • Eine abreifeangepasste Ernte ist möglichst einzuhalten, auch unter Inkaufnahme einer eventuell höheren Kornfeuchte in problematischeren Erntejahren.
  • Frühreife bedeutet nicht zwangsläufig, dass gerade mit diesen Sorten eine Frühsaat, also mehr als drei Wochen vor der ortsüblichen Saatzeit, durchzuführen ist. Die standortübliche Saatzeit ist für dieses Sortensortiment ebenfalls gültig. Pflanzenbaulich betrachtet gibt es keinen Zusammenhang zwischen einer Frühsaat im Herbst und einer noch früheren Reife im folgenden Sommer.

Die Landessortenversuche

In diesem Jahr wurden an acht Standorten die Landessortenversuche mit insgesamt elf sehr frühreifen Winterweizensortenangelegt (Tabelle 3). Erstmalig konnten auch aus den Anbauregionen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen weitere acht Versuchsergebnisse in die Auswertung einbezogen werden, sodass insgesamt 16 Landessortenversuchsergebnisse eine sichere Beurteilung zulassen.

Die Versuchsdurchführung entspricht der höheren Intensitätsstufe (B 3) der Landessortenversuche für die normalreifen Sorten, siehe Tabelle 1. Dadurch ist die Vergleichbarkeit der Ertragsleistungen aus den verschiedenen Weizenanbausegmenten gegeben.

Der Tabelle 3 sind die diesjährigen Erträge zu entnehmen. Es ergaben sich im Mittel der Sorten zum Teil beachtlich hohe Ertragsniveaus, vor allem auf den Höhenstandorten. Über alle Standorte und Anbauregionen hinweg zeigte diesjährig nur JB Asano konstant deutlich überdurchschnittliche Erträge. Größere deutliche Standortabhängigkeiten zeigten die Sorten Cubus auf Lehm und Sand, und die erstjährig geprüfte Sorte Barok auf Löß-, Lehm- und Höhenlagenstandorten. Bei den erstjährig geprüften Sorten zeichnet sich in diesem Jahr kein neuer herausragender Leistungsträger ab.

In der Tabelle 4 sind die mehrjährigen Erträge in den verschiedenen Ackerbauregionen aufgeführt. Hier zeigen sich die standortabhängige Leistungspotenziale der Sorten. Auf der Basis dieser mehrjährigen Ertragsleistungen ergeben sich die in der Tabelle 5 aufgeführten Sortenempfehlungen. Die Tabelle 6 zeigt die Einstufungen der Sorten hinsichtlich ihrer Eigenschaften. Zu den empfohlenen, sehr frühreifen Winterweizensorten sind in der Tabelle 7 die Merkmale aufgeführt, die für eine sortenspezifische Bestandesführung von Bedeutung sind.

Hinweise zur Aussaat

Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau der Blattfruchtweizensorten bewegen.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch