Landessortenversuche Ökoweizen 2005

Ökoweizen kurz vor der Ernte

Ökoweizen mit guten Erträgen und schlechten Qualitäten

Auf vier Standorten In Nordrhein-Westfalen werden verschiedene Winterweizensorten auch für den Ökologischen Anbau geprüft. In diesem Jahr sind hier nur die Erträge zufriedenstellend ausgefallen, die Qualitäten waren mehr als enttäuschend. Wie die verschiedenen Sorten auf den einzelnen Standorten abgeschnitten haben berichtet Andreas Paffrath von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Unter ungünstigen Witterungsbedingungen zeigt sich oft am besten, welche Sorte für den Ökologischen Landbau besonders geeignet ist. Eine gute Krankheitsresistenz und gutes Stickstoffaneignungsvermögen sind Hauptkriterien, die an eine Sorte für den Ökologischen Anbau gestellt werden. Um eine ausreichende Stickstoffversorgung zu gewährleisten, sind eine optimale Fruchtfolgegestaltung und gezielte organische Düngung Grundvorrausetzung. Extreme Witterungsbedingungen verhindern aber oft die Stickstoffmineralisation im Boden. So verminderte die 14-täge Hitzeperiode in diesem Jahr die Aufnahme des Stickstoffs, der von der Pflanze für eine hohe Proteineinlagerung ins Korn benötigt wird. Das nasse Wetter, teilweise mit Starkniederschlägen Ende Juli/Anfang August verzögerte auf vielen Standorten die Ernte. Die Folgen waren Auswuchs, der sich in niedrigen Fallzahlen niederschlug und die Vermarktung als Backweizen für viele Chargen in Frage stellt. Da diese Partien zusätzlich auf den Futterweizenmarkt drängen, sind negative Auswirkung auf die Preise zu erwarten.

Von den vier Versuchsstandorten herrschten auf dem Biolandbetrieb in Weeze (Kreis Kleve) noch die günstigsten Erntebedingungen. Auf diesem leichten Standort am Niederrhein konnte die Ernte bereits am 5. August eingefahren werden. Auch auf dem Naturlandbetrieb in Lichtenau (Kreis Paderborn) waren die Erntebedingungen im Gegensatz zum letzten Jahr noch günstig. Auf dem Demeter-Betrieb in Wendlinghausen (Kreis Lippe) konnte der Sortenversuch jedoch erst am 17. August und auf dem Bioland-Betrieb in Belecke (Kreis Soest) sogar erst am 24. August beerntet werden. Die Aussaat erfolgte auf allen vier Standorten zwischen dem 11. und 13. Oktober 2004. Die N min-Gehalte im Frühjahr waren in Wendlinghausen mit 24 kg N/ha, nach Vorfrucht Winterraps und in Lichtenau, mit 35 kg N/ha nach Kleegras am geringsten. Auf den Standorten Belecke nach Vorfrucht Winterraps und Weeze nach Ackerbohnen mit Zwischenfrucht Senf wurden N min-Werte von jeweils 69 kg N/ha gemessen. Mängel im Stand nach Auflaufen und nach Winter gab es vorwiegend in Lichtenau. Hier waren am stärksten die Sorten Wenga, Achat und Ludwig betroffen. Vorwiegend in Wendlinghausen gingen die Sorten nach starken Regenfällen und Sturmböen unterschiedlich stark ins Lager. Qualibo und Capo zeigten auf diesem Standort die stärkste Lagerneigung, Enorm, Queborn, Türkis, Tommi und Hermann präsentierten sich am standfestesten. Probleme mit Unkräutern gab es vorwiegend durch die Wicke in Weeze und besonders in Wendlinghausen, wo der Besatz entfernt wurde. Der Krankheitsbefall war im Allgemeinen geringer als im Jahr zuvor. Blattseptoria trat auf allen Standorten auf, Spelzenbräune vorwiegend in Weeze, Belecke und Wendlinghausen und Braunrost in Weeze und Belecke. Ein leichter Befall mit Mehltau war nur vereinzelt in Belecke zu beobachten.

Der mittlere Ertrag der Standorte lag mit 50,9 dt/ha in der Größenordnung des letzten Jahres, siehe Tabelle 2. Die Tausendkornmasse war mit durchschnittlich 44,9 niedriger als in den Jahren zuvor. Bei allen Parametern gab es aber deutliche Standortunterschiede. Die mittleren Erträge waren auf den Standorten Lichtenau mit 42,5 dt/ha und Belecke mit 65,2 dt/ha geringfügig, in Weeze mit 51,4 dt/ha sogar deutlich besser als im Jahr 2004. Der Standort Wendlinghausen blieb in diesem Jahr mit einem Ertrag von 40,9 dt/ha hinter seinen Möglichkeiten zurück, siehe Tabelle 2. In Wendlinghausen wurden auch die geringste Tausendkornmasse und Kornzahl/Ähre ermittelt. Der Ertrag wurde hier über die höhere Anzahl Ähren/m 2 sichergestellt. Anders verhielt es sich in Lichtenau. Bei der vergleichsweise geringsten Anzahl Ähren/m 2 erfolgte die Ertragsbildung hauptsächlich über die hohe Kornzahl/Ähre. Im Gegensatz zu den anderen Standorten waren in Belecke die Tausendkornmassen in diesem Jahr sogar höher als im letzten Jahr.

Ertragsleistung der Sorten

Von den langjährig geprüften Elitesorten lag Achat zum ersten Mal unter dem Durchschnitt. Im langjährigen Mittel wartet Achat aber immer noch mit der besten Ertragsleistung im E-Weizen-Bereich auf, siehe Tabelle 3. Eine gute Ertragsleistung zeigte auch die Sorte Enorm, die, vor allem auf den Lehmstandorten in Lichtenau und Belecke, wie bereits im letzten Jahr überdurchschnittliche Erträge erzielte. Die geringsten Erträge brachten in diesem Jahr die Sorten Bussard und Akteur. Die auf drei Standorten geprüfte neue Sorte Wenga enttäuschte sowohl in der optischen Präsentation als auch im Ertrag, welcher deutlich unter dem Durchschnitt lag. Als einzige Elitesorte brachte die erstmalig geprüften Sorte Queborn auf allen Standorten überdurchschnittliche Erträge auf die Waage. Ähnlich wie die Sorte Achat kann sie im Ertragsniveau mit meist ertragsstärkeren A-Sorten mithalten. Die A-Sorten Aristos und Batis sind in der Ertragsleistung langjährig bisher ungeschlagen und brachten auch in diesem Jahr wieder auf allen Standorten überdurchschnittliche Erträge. Ludwig liegt im langjährigen Vergleich leicht unter dem Durchschnitt. Auf dem Standort Belecke schnitt Ludwig immer über-, in Wendlinghausen und Belecke unterdurchschnittlich ab. In Weeze schwankten seine Erträge jahresabhängig. Erträge leicht über dem Durchschnitt weist auch die Sorte Tiger, sowohl in diesem als auch Mittel der Jahre auf. Nur auf zwei Standorten wurden im Rahmen der Wertprüfung des Bundessorten -amtes auch eine B-Sorte und ein C-Sorte geprüft. Die B-Sorte Drifter erzielte unterdurchschnittliche, die C-Sorte Hermann überdurchschnittliche Erträge. Hermann blieb trotz der guten Ertragsleistung unter der A-Sorte Aristos.

Bei insgesamt geringem Krankheitsdruck zeigten sich auch in diesem Jahr wieder nur geringe Sortenunterschiede. Vor allem bei Spelzenbräune und Braunrost war der Befall nur sehr gering bis gering. Blattseptoria zeigte sich mit einem geringen bis mittleren Krankheitsdruck besonders in Weeze und Lichtenau. Etwas stärker befallen waren die Sorten Privileg, Achat, Drifter und Empire, am geringsten die Sorten Queborn, Batis und Capo.

Qualitätsergebnisse

Die Qualitätsanforderungen an Backweizen im ökologischen Landbau sind abhängig von der Verwendung. Für die Vermahlung zu Typenmehlen werden die höchsten Qualitätsansprüche an die Weizensorten gestellt. Geringer sind die Qualitätsansprüche für die Verarbeitung zu Vollkornmehlen und -feinschroten. In diesem Jahr wurden auf den vier Prüfstandorten im Mittel der Verrechnungssorten Proteingehalte von 8,3 bis 9,0 gemessen, siehe Tabelle 4. Das sind die geringsten Werte, die seit Jahren erzielt wurden. Die Elitesorten erreichten im Mittel aller Standorte Proteingehalte zwischen 9,1 und 10,1 %, die A-Weizensorten zwischen 8,2 und 9,1%. Um die Backfähigkeit einer Sorte genauer beurteilen zu können, wird im Ökologischen Landbau der Feuchtklebergehalt als Beurteilungskriterium mitbewertet. Für Qualitätsweizen wird ein Mindestgehalt an Feuchtkleber von 20 % gefordert, Auszugsmehle mit hohem Aschegehalt benötigen Klebergehalte ab 26 %. Auch bei den Feuchtklebergehalten wurden in diesem Jahr mit 16,2 % im Mittel der Standorte und Verrechnungssorten die schlechtesten Werte gemessen, siehe Tabelle 5. Auf dem Standort Lichtenau hatten die Weizensorten die höchsten Klebergehalte. Naturastar und Wenga mit jeweils 23,7 % wiesen hier die höchsten Werte auf. Nur Bussard (21,4 %) und Qualibo (20,8 %) konnten auf diesem Standort noch einen Feuchtklebergehalt über 20 % erreichen. Auf den anderen Standorten überschritten nur die Sorten Wenga und Empire jeweils auf nur einem Betrieb die 20 %-Grenze. Die neue Sorte Wenga konnte damit auch unter schwierigeren Bedingungen recht gute Qualitäten erreichen bei allerdings sehr geringen Ertragsergebnissen. Die A-Sorte Naturastar, früher unter dem Namen Ökostar speziell für den Ökologischen Landbau gezüchtet, bestätigte langjährig gute Feuchtklebergehalte und kann diesbezüglich mit einigen Elitesorten gut mithalten.

Ein großes Problem stellten in diesem Jahr die niedrigen Fallzahlen dar. Für die Fallzahl wurde ein Mindestwert von 220 festgelegt. Unter einem Wert von 180 ist die Partie praktisch nicht mehr zu verbacken. Auf den beiden Standorten Wendlinghausen und Belecke erreichte keine der Sorten eine Fallzahl von 220, wie aus Tabelle 6 zu ersehen. Auf den Betrieben in Lichtenau und Weeze wurden deutlich bessere Fallzahlen ermittelt und der Wert von 220 wurde von fast allen Sorten zum Teil gut überschritten. Nur die Sorten Batis und Aristos auf beiden Standorten und Bussard Qualibo und Queborn auf jeweils einem der zwei Standorte erreichten den Wert 220 nicht.

Beurteilung der einzelnen Sorten

Unter den extremen Bedingungen des Jahres 2005 erreichte keine Sorte wirklich gute Qualitätseigenschaften. Bei der Bewertung der einzelnen Sorten sind daher nur langjährige Ergebnisse aussagekräftig. Gemäß den Ergebnissen der Sortenprüfungen sind die Sorten wie folgt für den Ökologischen Landbau zu bewerten:

Bussard E ist eine ältere bewährte Standardsorte mit hohen und sicheren Backqualitäten. Die Erträge sind unterdurchschnittlich. Die langstrohige Sorte neigt zu Lager Braunrost und Septoriabefall.

Achat  (E) ist eine mittellange, relativ frühreife Sorte. Im langjährigen Vergleich die ertragsstärkste Elitesorte. Die Eiweißwerte sind ähnlich hoch wie die von Bussard, die Feuchtklebergehalte niedriger.

Akteur E , eine etwas längere Sorte, wurde zum zweiten Mal unter ökologischen Bedingungen geprüft. Die Erträge und Qualitäten waren mittel bis unterdurchschnittlich. Laut Liste des BSA hat sie eine hohe Anfälligkeit für Gelbrost.

Capo (E) ist vom Wuchs her lang und bestockt gut. Bei guten Bestandesdichten, aber niedriger Tausendkornmasse brachte die Sorte langjährig unterdurchschnittliche Erträge. Sie hatte aber in den letzten Jahren hohe Feuchtkleber und Eiweißgehalte.

Exquisit (E) wurde in diesem Jahr nicht mehr geprüft und erzielte diese mittellange Sorte in früheren Prüfjahren Erträge unter dem Durchschnitt bei hohen Tausendkornmassen. Die Feuchtkleber und Eiweißgehalte waren hoch und sicher.

Empire E war zum zweiten Mal im Prüfsortiment. Diese etwas längere Sorte reift etwas später ab. Sie brachte unterdurchschnittliche Erträge. Für eine E-Sorte hat sie mittlere Qualitätseigenschaften.

Enorm E ist eine etwas kürzere Sorte und wurde ebenfalls zum zweiten Mal geprüft und brachte auf den schwereren Standorten überdurchschnittliche Erträge. Die Qualitäten sind mittel bis unterdurchschnittlich.

Privileg E enttäuschte ertraglich auch im zweiten Prüfjahr mit Werten unter dem Durchschnitt. Sowohl beim Protein als auch beim Feuchtklebergehalt wies sie die niedrigsten Werte im E-Weizenbereich auf. Die laut BSA-Liste hohe Körnerzahl/Ähre konnte sie auf den Versuchsstandorten nicht erbringen.

Qualibo E stand zum ersten Mal in der Prüfung und erreichte nur unterdurchschnittliche Erträge. Laut BSA-Liste ist sie stark lageranfällig. Die Qualitätsergebnisse bleiben abzuwarten.

Wenga E schien, als besonders qualitätsstark gelobt, für den Ökoanbau besonders geeignet. Im ersten Prüfjahr konnte sie die guten Qualitätseigenschaften auch unter den extremen Bedingungen bestätigen, präsentierte sich im Bestand aber optisch mangelhaft und hatte das geringste Ertragsniveau.

Aristos A bestockt gut, reift früher ab und macht ein großes Korn. Die Sorte konnte wie Batis im Ertrag langjährig überzeugen bei allerdings unterdurchschnittlichen Eiweiß- und Rohproteingehalten. In diesem Jahr zeigte sie auf allen Standorten starken Auswuchs.

Ludwig A bestockt etwas schwächer, ist länger aber standfest und hat hohe Tausendkornmassen. Rohprotein- und Feuchtklebergehalte waren in den letzten Jahren stabil hoch bei unterdurchschnittlichen bis mittleren Erträgen.

Batis A erzielt als längere Sorte bereits langjährig hohe überdurchschnittliche Erträge. Sie bestockt gut und hat ein schönes, großes Korn, das in der Direktvermarktung gut ankommt. Die Qualitätsmerkmale sind unterdurchschnittlich. Auch Batis wies in diesem Jahr auf allen Standorten geringe Fallzahlen auf.

Naturastar (früher Ökostar) A  ist eine speziell für den Ökoanbau gezüchtete Sorte. Sie erreichte standortabhängig schwankende, in der dreijährigen Prüfzeit mittlere bis unterdurchschnittliche Erträge. Die Rohprotein- und Feuchtklebergehalte dieser längeren Sorte erreichten aber bisher gute Werte, die mit denen mancher Eliteweizen konkurrieren können.

Tiger A bestockt schwächer und ist lang, aber standfest. Sie hat eine hohe Tausendkornmasse und hatte standortabhängig schwankende, im Mittel der letzten Jahre aber überdurchschnittliche Erträge. Die Eiweißwerte in den letzten zwei Jahren waren ebenfalls akzeptabel.

Tommi  A  wurde i m ersten Jahr auf nur zwei Standorten geprüft und erzielte unter den Extrembedingungen des Jahres mittlere Erträge mit unterdurchschnittlichen Qualitätsmerkmalen.

Türkis A war ebenfalls zum ersten Mal im Prüfsortiment und erreichte sowohl im Ertrag als auch in der Qualität mittlere Werte.

Sortenempfehlung

Als Qualitätsstandardsorte für die sichere Vermarktung von ökologisch erzeugtem Backweizen ist Bussard immer noch eine Empfehlung wert. Höhere Erträge als Bussard bei annähernd gleichguten Feuchtklebergehalten liefert die Sorte Achat. Die besseren Feuchtklebergehalte als Achat und Bussard hat die Sorte Capo. Capo zeigte dafür aber im langjährigen Mittel standortabhängig stark schwankende Erträge, die niedriger liegen als bei Achat. Wer Wert legt auf hohe und sichere Erträge, ist mit den A-Weizensorten Batis und Aristos gut bedient. Bei diesen Sorten muss man aber zum Teil starke Abstriche bei der Qualität machen. Die Sorte Tiger hat, bei allerdings starken Standortschwankungen, auch überdurchschnittliche Erträge, die aber nicht an Aristos und Batis heranreichen. Dafür hat Tiger aber im A-Sortiment mit die besten Feuchtklebergehalte. Ludwig hat geringere Erträge, aber ähnlich gute Rohprotein- und Feuchtklebergehalte. Langjährig die besten Qualitätsmerkmale bei den A-Sorten zeigte die Sorte Naturastar, früher Ökosta, allerdings bei Erträgen knapp unter dem Durchschnitt. Für eine Beurteilung der neueren Sorten sollten mehrere Prüfjahre abgewartet werden.

Autor: Andreas Paffrath