Landessortenversuche Ökoweizen 2006

Kind beobachtet die Winterweizen-Ernte

Von vier Standorten in Nordrhein-Westfalen, auf denen Winterweizensorten geprüft werden, wurden auf zwei Standorten höhere, auf den anderen zwei Betrieben geringere Erträge als im letzten Jahr eingefahren. Die Qualitäten liegen im Mittel der letzten Jahre. Den guten Aussaat- und Auflaufbedingungen im Herbst folgte eine verzögerte Jugendentwicklung durch die kühle, später auch nasse Witterung im Frühjahr. Dies zeigte sich besonders auf den schwierigeren Standorten. Die Trockenheit im Juli bei hohen Temperaturen sorgte für eine schnelle Abreife, so dass auf einigen Standorten bereits Ende Juli gedroschen werden konnte. Allerdings führte der gesamte August aufgrund der starken Niederschläge zur ständigen Unterbrechung der Ernte. Vielfach kam es dann auch zu Auswuchs. Auf einzelnen Betrieben war dieser so stark, dass eine Ernte wenig sinnvoll erschien. Erträge und Qualitäten schwankten daher standortabhängig sehr stark. Solche extremen Jahre zeigen oft besonders deutlich, welche Sorten für den ökologischen Landbau geeignet sind.

So war die für den ökologischen Landbau besonders wichtige Stickstoff-Mineralisierung im Boden in diesem Jahr sehr schwierig. Die niedrigen Temperaturen im Frühjahr und die Trockenheit im Juli führten zu einer verzögerten Umsetzung im Boden und später zu begrenzter Stickstoffaufnahme. Da im ökologischen Landbau der Einsatz von mineralischen Stickstoffdüngern und synthetischen Pflanzenschutzmitteln nicht erlaubt ist, muss sich eine Sorte unter den gegebenen Bedingungen bewähren.

Auf den vier Versuchsstandorten erfolgte die Aussaat zwischen dem 30. September in Belecke (Soest) und dem 27. Oktober in Weeze (Kleve) am Niederrhein, siehe Tabelle 1. Die Nmin-Gehalte bis 90 cm lagen im Frühjahr bei 30 kg N/ha nach Vorfrucht Kleegras in Wendlinghausen (Lippe), 45 kg N/ha nach Winterroggen in Weeze (Kleve) und 57 kg N/ha nach Kleegras auf dem Naturlandbetrieb in Lichtenau (Paderborn). Auf dem Bioland-Betrieb in Belecke wurde nach Vorfrucht Winterraps in der Bodenschicht bis 60 cm ein Nmin-Gehalt von 44 kg N/ha nachgewiesen. Auf dem viehlosen Betrieb in Wendlinghausen erfolgte aufgrund der zu erwartenden geringen Stickstoff-Nachlieferung aus dem Boden eine zusätzliche organische Düngung mit Hornspänen. Der verzögerte Vegetationsbeginn im Frühjahr zeigte sich in Lichtenau besonders stark. Der Krankheitsbefall blieb relativ gering. Blattseptoria trat auf allen Standorten auf, Spelzenbräune vorwiegend in Belecke und Lichtenau und Braunrost nur in Weeze.

Auf dem Standort am Niederrhein (Weeze) konnte bereits am 20. Juli, in Lichtenau erst Ende August gedroschen werden. Auswuchs zeigte sich bei einigen Sorten vorwiegend in Belecke und Lichtenau.Auf zwei Standorten lagen die Erträge mit Einbußen bis 47 % deutlich niedriger als im letzten Jahr. In Belecke wurden im Mittel der Verrechnungssorten 51,1 dt/ha (2005: 65,2 dt/ha) und Lichtenau sogar nur 34,6 dt/ha (2005: 50,9 dt/ha) gedroschen. Im Gegensatz hierzu konnte in Wendlinghausen mit 52,7 dt/ha eine höhere Erntemenge eingefahren werden als im Jahr 2005 (40,9 dt/ha). In Weeze blieben die Erträge mit 53,7 dt/ha auf ähnlichem Niveau wie im letzten Jahr (51,4 dt/ha). Abbildung 1 verdeutlicht die Erträge auf den verschiedenen Standorten im Vergleich der Jahre.

Ertragsleistung der Sorten

Von den langjährig geprüften Elitesorten konnte sich bisher keine mit besonders guten Erträgen hervorheben. Bei oft starken Standortschwankungen tendierten Achat und Empire zu leicht besseren Erträgen in dieser Klasse, siehe Tabelle 2. Bussard, Privileg und besonders Wenga liegen auf niedrigem Ertragsniveau. Die Sorte Wenga enttäuschte jetzt bereits im zweiten Jahr in der Ertragsleistung. Von den zweijährig geprüften E-Sorten brachte Queborn im letzten Jahr auf allen, in diesem Jahr nur auf zwei Standorten Erträge über dem Durchschnitt. Unter den schwierigen Verhältnissen in diesem Jahr in Lichtenau blieb sein Ertragsniveau unterdurchschnittlich. Auf diesem Standort erreichten nur die erst einjährig geprüften Sorten Magister, der nur auf zwei Standorten geprüft wurde, und Astardo Ertragsleistungen über dem Durchschnitt. Ob diese Sorten für schwierige Standorte besonders geeignet sind, müssen sie aber noch langjährig unter Beweis stellen.

Von den A-Sorten sind die Sorten Aristos und Batis im Ertragsniveau weiterhin auf allen Standorten ungeschlagen. Die Sorte Tiger blieb in diesem Jahr im Gegensatz zu den Vorjahren mit Erträgen über dem Durchschnitt nur im mittleren Bereich. Von den vereinzelt geprüften B-Sorten zeigte keine Sorte eine überdurchschnittliche Tendenz. Die C-Sorte Hermann erreicht trotz überdurchschnittlicher Erträge nicht das Niveau der A-Sorten Batis und Aristos. Wie im letzten Jahr blieb der Krankheitsdruck auch in diesem Jahr relativ gering mit keinen deutlichen Sortenunterschieden, wie aus Tabelle 3 zu sehen. Bei sehr geringem bis niedrigem Krankheitsdruck zeigten Capo, Batis, Aszita, Drifter und Hermann den geringsten Befall. Mit Blattseptoria war die Sorte Cetus am stärksten befallen.

Mittlere Qualitäten

Im letzten Jahr waren die Qualitäten vor allem durch starken Auswuchs deutlich vermindert und die Verwendung als Backweizen stand bei vielen Chargen in Frage. In diesem Jahr lagen die Qualitäten auf den Versuchsstandorten im Mittel der Jahre, obwohl auch diesmal wieder einige Sorten auf zwei Standorten deutlichen Auswuchs aufwiesen. Der Proteingehalt lag in diesem Jahr im Mittel der Verrechnungssorten bei 9,7 %, siehe Tabelle 4. Bei den meisten Elite-Weizensorten konnten Proteingehalte zwischen 10,0 und 11,0 % gemessen werden. Den höchsten Gehalt wies der ertragsschwache Wenga auf. Qualibo, Quebon und Achat hatten im Mittel der Standorte Proteingehalte unter 10 % (9,7 bis 9,9 %). Im A-Weizen-Bereich konnten die Sorten Naturastar und Tiger mit Proteingehalten von jeweils 10,1 % im Mittel der Standorte durchaus mit denen der E-Weizensorten mithalten. Bei den ertragsstarken Sorten Aristos und Batis muss man geringere Rohproteingehalte in Kauf nehmen. Die auf zwei Standorten geprüfte B-Weizensorte Aszita überraschte mit Proteingehalten von durchschnittlich 10,9 %. Auch die ebenfalls nur auf zwei Standorten angebaute C-Weizensorte Hermann wies mit 10,0 % für diese Kategorie vergleichsweise gute Proteingehalte auf.

Ökologisch erzeugte Ware wird häufig zu Vollkornmehlen und Schroten verarbeitet, für die die Qualitätsansprüche geringer sind als für die Vermahlung zu Typenmehlen. Für eine bessere Beurteilung der Backfähigkeit wird der Feuchtklebergehalt als Kriterium mitbewertet. Feuchtklebergehalte über 20 % sichern die Verwendung als Qualitätsweizen. Nicht erreicht wurde diese Anforderung im Mittel der Standorte von den E-Sorten Qualibo und Quebon sowie von den A-Sorten Aristos und Tommi, siehe Tabelle 5. Für die Vermahlung zu Auszugsmehlen mit hohem Aschegehalt sind allerdings mindestens 26 % Feuchtklebergehalt erforderlich. Diese hohen Gehalte erreichten in diesem Jahr nur die Sorten Wenga, Empire und Naturastar jeweils auf dem Standort Belecke, Naturastar auch in Weeze. Von den E-Weizensorten erzielte der im zweiten Jahr geprüfte Wenga auf allen Standorten mit die besten Feuchtklebergehalte. Von den mehrjährig geprüften E-Sorten wiesen Bussard und Capo die besten Feuchtkleberwerte auf. Im langjährigen Vergleich schneidet die A-Weizensorte Naturastar aber etwas besser ab als Bussard und übertrifft hiermit auch die meisten anderen Elitesorten. Nicht nur im Proteingehalt, auch bei der Feuchtkleberqualität überzeugte die B-Sorte Aszita, allerdings im ersten Jahr auf nur zwei Standorten geprüft.

Die Fallzahl ist das Kriterium für die Auswuchsschädigung. Die festgelegte Mindest-Fallzahl von 220 wurde von fast allen Sorten auf allen Standorten eingehalten, siehe Tabelle 6. Auf dem Standort Belecke ermittelte man mit einem Wert von 282 im Mittel der Verrechnungssorten die geringsten Fallzahlen. Die Sorten Cetus, Tommi und Türkis mit Fallzahlen von 150, 151 und 181 zeigten auf diesem Standort die stärksten Auswuchsschäden. Unter einer Fallzahl von 180 sind Partien kaum noch zu verbacken. Auch auf dem Standort Lichtenau hatte Tommi eine sehr geringe Fallzahl von 196.

Die Sorten im Überblick

Nach den Ergebnissen der Sortenprüfungen können die Sorten für den Ökologischen Anbau wie folgt bewertet werden, wobei nur langjährige Ergebnisse wirklich aussagekräftig sind.

Bussard E: Diese ältere bewährte, frühere Standardsorte liefert gute und sichere Backqualitäten. Die Erträge sind unterdurchschnittlich. Die langstrohige Sorte neigt laut BSA-Liste zu Lager, Braunrost und Septoriabefall. Auf den Versuchsstandorten in NRW war der Befall immer gering.

Achat E ist eine mittellange, relativ frühreife EU-Sorte. Im langjährigen Vergleich die ertragsstärkste Elitesorte im Versuch, auch wenn sie in den letzten zwei Jahren im Schnitt nur mittlere Erträge aufwies. Die Eiweißwerte sind ähnlich hoch wie die von Bussard, die Feuchtklebergehalte niedriger.

Akteur (E): Diese etwas längere Sorte hatte auch im dritten Prüfjahr unterdurchschnittliche Erträge bei mittleren Qualitätseigenschaften. Laut Liste des BSA hat sie eine hohe Anfälligkeit für Gelbrost.

Capo (E): Die EU-Sorte ist vom Wuchs her lang und bestockt gut. Bei guten Bestandesdichten aber niedriger Tausendkornmasse brachte die Sorte langjährig unterdurchschnittliche Erträge. Sie hatte aber in den letzten Jahren hohe Feuchtkleber- und mittlere bis gute Eiweißgehalte.

Exquisit (E): Inzwischen nicht mehr im Prüfsortiment, erzielte diese mittellange Sorte in früheren Prüfjahren Erträge unter dem Durchschnitt bei hohen Tausendkornmassen. Die Feuchtkleber und Eiweißgehalte waren hoch und sicher.

Empire E: Diese längere Sorte reift etwas später ab. Im Vergleich der E-Weizensorten hat sie noch akzeptable Erträge bei mittleren Qualitätseigenschaften.

Magister E erreichte im ersten Jahr auf zwei Standorten geprüft im Durchschnitt ein mittleres Ertragsniveau bei mittleren Qualitäten. Auf dem Grenzstandort erzielte sie einen überdurchschnittlichen Ertrag, den sie aber noch langjährig beweisen muss.

Privileg E: Auch im dritten Prüfjahr sowohl im Ertrag als auch bei den Qualitätsmerkmalen Protein und Feuchtklebergehalt unter dem Durchschnitt. Die laut BSA-Liste hohe Körnerzahl/Ähre konnte sie auf den Versuchsstandorten nicht erbringen.

Qualibo E: Diese Sorte erreichte auch im zweiten Prüfjahr nur unterdurchschnittliche Erträge und Qualitäten. Laut BSA-Liste ist sie stark lageranfällig.

Wenga E: Die Sorte wurde als qualitätsstark besonders für den Ökoanbau gelobt. Im zweiten Jahr der Prüfung konnte sie diese guten Qualitätseigenschaften auch bestätigen. Diese gehen allerdings zu Lasten des Ertrages - sie hatte das niedrigste Ertragsniveau. Im Bestand präsentiert sie sich optisch oft mangelhaft.

Aristos A bestockt gut, reift früher ab und macht ein großes Korn. Die Sorte konnte wie Batis im Ertrag langjährig überzeugen bei allerdings unterdurchschnittlichen Eiweiß- und Rohproteingehalten.

Ludwig A: Langjährig geprüft, aber nicht mehr im Prüfsortiment. Die Sorte bestockt etwas schwächer, ist länger, aber standfest und hat hohe Tausendkornmassen. Rohprotein- und Feuchtklebergehalte waren stabil hoch bei unterdurchschnittlichen bis mittleren Erträgen.

Batis A: Diese längere Sorte erzielt bereits langjährig hohe überdurchschnittliche Erträge. Sie bestockt gut und hat ein schönes großes Korn, das in der Direktvermarktung gut ankommt. Die Qualitätsmerkmale sind unterdurchschnittlich.

Naturastar (früher Ökostar) A: Diese speziell für den Ökoanbau gezüchtete Sorte erreicht standortabhängig oft schwankende, in seiner langjährigen Prüfzeit mittlere bis unterdurchschnittliche Erträge. Die Rohprotein- und besonders die Feuchtklebergehalte dieser längeren Sorte erreichten aber gute bis sehr gute Werte, die die Qualitäten der meisten E-Weizen übertreffen.

Tiger A: Diese Sorte bestockt schwächer und ist lang aber standfest. Sie hat eine hohe Tausendkornmasse und hatte standortabhängig schwankende, im Mittel der letzten Jahre mittlere bis überdurchschnittliche Erträge. Protein- und Feuchtklebergehalte liegen im Mittel.

Tommi A: Im zweiten Jahr geprüft erzielte die Sorte bisher mittlere bis unterdurchschnittliche Ertragsleistungen bei geringen Qualitätseigenschaften. Mit den in diesem Jahr niedrigsten Fallzahlen zeigte sie die höchste Auswuchsneigung.

Türkis A: Ebenfalls zum zweiten Mal im Prüfsortiment erreichte standortabhängig unter- bis überdurchschnittliche Erträge mit mittleren Protein- und Feuchtklebergehalten.

Sortenempfehlung

Legt man Wert auf stabile Qualitätseigenschaften, so haben sich in der langjährigen Prüfung die E-Sorten Capo, Bussard und die A-Sorte Naturastar am besten bewährt. Bussard hat von diesen Sorten das niedrigste, Capo und Naturastar ein ähnlich hohes Ertragsniveau. Achat (E) erzielt eine bessere Ertragsleistung als Capo und Naturastar bei allerdings etwas niedrigeren Qualitäten. Spielt hauptsächlich die Ertragsleistung eine Rolle bei der Sortenwahl, ist man mit den A-Weizensorten Batis und Aristos gut bedient. Diese Sorten haben auch große, ansprechende Körner, die in der Direktvermarktung gut ankommen. Allerdings muss man bei diesen Sorten starke Abstriche bei der Qualität machen.

Gute Erträge lassen sich auch mit der Sorte Tiger erzielen. Bei starken Standortschwankungen reichen sie aber nicht an die Erträge von Aristos und Batis heran. Dafür hat Tiger gute Feuchtklebergehalte, vergleichbar mit Naturastar. Für eine Beurteilung der neueren Sorten sollten mehrere Prüfjahre abgewartet werden. Nicht alle geprüften Sorten gibt es als ökologisch vermehrtes Saatgut. Welche Sorten aktuell zur Verfügung stehen erfährt man unter www.organicxseeds.de.

Weizen und Dinkelsaatgut auf Steinbrandsporen untersuchen

In den letzten Jahren gab es im ökologischen Landbau wieder vermehrt Probleme mit Steinbrand/ Stinkbrand. Belastete Partien sind als Backweizen nicht zu vermarkten und auch in der Fütterung sind sie, wenn überhaupt, nur begrenzt einsatzfähig. Steinbrand wird mit dem Saatgut übertragen. Beim Saatgutkauf sollte man sich bestätigen lassen, dass keine Belastung des Saatgutes mit Steinbrandsporen vorliegt. Besonders betroffen ist häufig der eigene Nachbau. Die Lagerstätten von infiziertem Getreide beherbergen die Brandsporen dauerhaft und können auch gesunde Partien infizieren, wenn diese dort gelagert werden. In der Regel können zehn bis 20 Brandsporen pro Korn gerade noch akzeptiert werden. Bei über 300 Sporen sollte keine Verwendung mehr als Saatgut erfolgen oder es muss unbedingt gebeizt werden. Als Beize stehen für den ökologischen Landbau die Heißwasserbeize und Tillecur zur Verfügung. Tillecur ist ein zugelassenes Produkt aus Gelbsenfmehl der Firma Schaette. Untersuchen lassen kann man das Saatgut beim Pflanzenschutzdienst, Diagnostik Pflanzenkrankheiten, Siebengebirgsstraße 200, 53 229 Bonn-Roleber, Telefon: 0228 / 434-2164. Die Untersuchung kostet 72 € plus Mehrwertsteuer. Die Probengröße muss rund 100 g betragen.

Autor: Andreas Paffrath