Landessortenversuche Winterweizen 2009 - Späte Saaten

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Diese Weizensorten vertragen eine späte Saat

Nach spät gerodeten Zuckerrüben oder spät geerntetem Mais stellt sich die Frage, welche Weizensorten als Spätsaat noch über die beste Leistungsfähigkeit verfügen. Dr. Joachim Holz, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erläutert die Versuchsergebnisse.

Im Herbst 2008 wurden an drei Versuchsstandorten in NRW Landessortenversuche Winterweizen mit elf Sorten in Spätsaat angelegt. Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte ausschließlich unter den Bedingungen einer auf Gesunderhaltung der Sorten ausgerichteten Intensität. Da diese Sorten wegen der insgesamt kürzeren Vegetationszeit grundsätzlich nicht dem potenziellen Krankheitsdruck ausgesetzt sind wie die normal gesäten Sorten, wurden sie lediglich unter den Bedingungen der mittleren Intensitätsstufe B2 des Landessortenversuchs (zweimaliger Fungizideinsatz - der erste zu Schossbeginn, der zweite zu Beginn Ährenschieben) geprüft. Es steht nicht die Intensitätsfrage, sondern die Ertragsleistungen der Sorten unter den Bedingungen einer Spätsaat im Vordergrund des Interesses.

Grundsätzlich ist über die letzten fünf Jahre aus den Landessortenversuchen festzustellen, dass eine Spätsaat gegenüber einer Normalsaat insgesamt erheblich Ertrag kostet. Im Mittel der Standorte betragen die Mindererträge auf den Lößstandorten bei Spätsaat rund 14 dt je ha, auf den Lehmstandorten rund 9 dt je ha und in den Höhenlagen rund 9,5 dt je ha.

Die Ertragsleistungen der Sorten

Spätsaat beim Weizen, dass heißt, die bewusste Inkaufnahme einer Verkürzung der Vegetationszeit, erfordert in der Regel frohwüchsige, robuste, winterhärtere Sorten, da diese einem höheren Risiko ausgesetzt sind, unter ungünstigen Saatbett- und Witterungsbedingungen keimen und auflaufen sowie nach Winter sich schnell regenerieren zu müssen.

Unter Spätsaat lässt sich eine um rund drei bis vier Wochen gegenüber der standortüblichen Saatzeit erfolgende Aussaat definieren.

Nicht selten, in Normaljahren bei sehr frühem Vegetationsende im Herbst, läuft die Saat vor Winter nicht mehr auf. Dies war in diesem Vegetationsjahr mit einer extrem langen Vegetationsruhe von drei bis vier Monaten häufig der Fall. Dann müssen sich die Sorten nach Winter unter erforderlichen Kurztagsbedingungen sehr schnell entwickeln und bestocken, um über ausreichende Bestandesdichten noch vernünftige Erträge realisieren zu können. Dies war insbesondere in diesem Jahr nur in sehr geringem Umfang möglich, da nach dem sehr späten Ende der Vegetationsruhe die Bestände im April unter hohen Temperaturen gleich in den Langtag und damit zügig in die Schossphase übergingen.

Inwieweit die Winterhärte der Sorte eine entscheidende Rolle bei der Sortenwahl spielen sollte, ist pflanzenbaulich betrachtet nicht eindeutig zu klären. Unter Berücksichtigung der mangelnden Winterhärte zum Beispiel der Sorte Winnetou, aber seiner mehrjährig hervorragenden, sehr guten und stabilen Ertragsergebnisse unter allen Standortbedingungen (Tabelle 1) kann dieses Merkmal nicht das Ausschlusskriterium sein. Offensichtlich besitzen nicht prüfbare Kriterien wie Sortenvitalität oder Frohwüchsigkeit sowie eine sehr gute Regenerationsfähigkeit in Verbindung mit einem den Umständen angepassten flexiblen Ertragstrukturaufbau aus Bestandesdichte, Kornzahl je Ähre und TKM einen größeren Einfluss.

Speziell bei Winnetou hat sich im Gegenteil deutlich gezeigt, dass eine überzogene Frühsaat mit einer entsprechend üppigen Herbstentwicklung und nur zwei Tagen leichten Minusgraden insgesamt eher schaden können als eine Spätsaat mit entsprechend verhaltener Pflanzenentwicklung.

Auch die Krankheitsanfälligkeit der Sorten, hier insbesondere die Septoriaanfälligkeit, besitzt unter Spätsaatbedingungen im Gegensatz zu Normal- und Frühsaaten, eine deutlich geringere Wertigkeit. Beispiele dafür sind die septoriaanfälligeren Sorten Biscay und Paroli, die mehrjährig in den Spätsaatversuchen auch recht gut und sicher abschneiden und daher empfohlen werden (Tabelle 2).

Hinweise zur Aussaat

In Tabelle 3 sind die Saatstärkenempfehlungen aufgeführt. Generell muss bei Spätsaat von niedrigeren Bestandesdichten zur Ernte ausgegangen werden, da eine Bestockung vor Winter nur selten ausreichend möglich ist und im Frühjahr unter Kurztagsbedingungen häufig nicht die erforderlichen Bestockungsraten erzielt werden wie bei der normalen Aussaatzeit.

Unter den Bedingungen der Spätsaat ist in der Regel auch mit schlechteren Feldaufgangsraten auf Grund der ungünstigere Saatbettbedingungen oder Verschlämmungen sowie etwas höheren Überwinterungsverlusten zu rechnen. Daher müssen bei der Saatstärkenberechnung neben der Minder-Keimfähigkeit auch diese beiden Verlustkomponenten stärker berücksichtigt werden.

Gegebenenfalls sollte im frühen Frühjahr bei sehr dünnen Beständen über eine erhöhte Start-N-Düngung von etwa 80 kg je ha sowie eine frühe CCC-Maßnahme in EC 23 bis 25 (Brechung der apikalen Dominanz der Haupttriebe) versucht werden, die Bestockung stärker zu fördern.

Autor: Dr. Joachim Holz