Landessortenversuche Winterweizen 2010 - Späte Saaten

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Spätsaatverträgliche Winterweizensorten

Nach spät gerodeten Zuckerrüben oder spät geerntetem Mais stellt sich die Frage, welche Weizensorten unter den Bedingungen einer Spätsaat noch über die beste Leistungsfähigkeit verfügen. Die Ergebnisse der Landessortenversuche mit spätsaatverträglichem Weizen stellen Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, hier vor.

Im Herbst 2009 wurden an drei Versuchsstandorten in NRW die Landessortenversuche Winterweizen mit acht Sorten in Spätsaat angelegt. Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte ausschließlich unter den Bedingungen einer auf Gesunderhaltung der Sorten ausgerichteten Intensität. Da diese Sorten wegen der insgesamt kürzeren Vegetationszeit grundsätzlich nicht demselben potenziellen Krankheitsdruck ausgesetzt sind wie zur Normalzeit gesäte Sorten, wurden sie lediglich unter den Bedingungen der mittleren Intensitätsstufe B2 des Landessortenversuchs mit zweimaligem Fungizideinsatz - der erste zu Schossbeginn, der zweite zu Beginn des Ährenschiebens - geprüft. Es steht nicht die Intensitätsfrage, sondern die Ertragsleistung der Sorten unter den Bedingungen einer Spätsaat im Vordergrund des Interesses.

Grundsätzlich ist über die letzten sechs Jahre aus den Landessortenversuchen im Mittel der Sorten festzustellen, dass eine Spätsaat gegenüber einer Normalsaat insgesamt erheblich Ertrag kostet. Im Mittel der jeweiligen Standorte betragen die Mindererträge auf den Lößstandorten bei Spätsaat rund 15 dt je ha, auf den Lehmstandorten rund 11 dt je ha und in den Höhenlagen rund 9 dt je ha.

Die Erträge der Sorten

Spätsaat beim Weizen - das bedeutet die bewusste Inkaufnahme einer Verkürzung der Vegetationszeit. Das erfordert in der Regel frohwüchsige, robuste, winterhärtere Sorten, da diese einem höheren Risiko ausgesetzt sind, unter ungünstigen Saatbett- und Witterungsbedingungen keimen und auflaufen; nach dem Winter müssen sie sich schnell regenerieren. Unter Spätsaat generell lässt sich eine um rund drei bis vier Wochen gegenüber der regulären, standortspezifischen Saatzeitspanne erfolgende Aussaat definieren.

Nicht selten, in Normaljahren bei sehr frühem Vegetationsende im Herbst, läuft die Saat vor dem Winter nicht mehr auf. Das war sehr häufig in diesem Vegetationsjahr mit einer insgesamt extrem langen Vegetationsruhe von drei bis vier Monaten der Fall. Dann müssen sich die Sorten nach dem Winter noch unter erforderlichen Kurztagsbedingungen sehr schnell entwickeln und bestocken, um über ausreichende Bestandesdichten noch vernünftige Erträge realisieren zu können. Auch diese Situation war insbesondere in diesem Jahr nur in sehr geringem Umfang zu realisieren, da nach dem sehr späten Ende der Vegetationsruhe die Bestände im April unter hohen Temperaturbedingungen gleich in den Langtag und damit zügig in die Schossphase übergingen.

Inwieweit die Winterhärte der Sorte eine absolut entscheidende Rolle bei der Sortenwahl spielen sollte, ist pflanzenbaulich betrachtet nicht eindeutig zu klären. Unter Berücksichtigung der mangelnden Winterhärte zum Beispiel der Sorte Winnetou, aber seiner in den vergangenen Jahren mehrjährig hervorragenden, sehr guten stabilen Erträge unter allen Standortbedingungen, kann dieses Merkmal nicht das absolute Ausschlusskriterium sein; siehe dazu die Tabelle 2. Offensichtlich besitzen nicht prüfbare Kriterien, wie Sortenvitalität oder Frohwüchsigkeit sowie auch eine mögliche sehr gute Regenerationsfähigkeit in Verbindung mit einem den jeweiligen Umständen angepassten, flexibel reagierenden Bestandesdichte, Kornzahl je Ähre und Tausendkorngewicht, einen größeren Einfluss.

Speziell bei Winnetou hat sich in vergangenen Jahren im Gegenteil häufiger deutlich gezeigt, dass eine überzogene Frühsaat mit einer entsprechend üppigen Herbstentwicklung und nachfolgend nur zwei Tagen leichten Minusgraden diese Umstände insgesamt eher massiv schaden können als eine Spätsaat mit entsprechend verhaltener Pflanzenentwicklung. Auch die Krankheitsanfälligkeit der Sorten, hier insbesondere die Septoria- anfälligkeit, besitzt unter Spätsaatbedingungen, im Unterschied zu Normal- und Frühsaaten, eine deutlich geringere, pflanzenbaulich zu beachtende Wertigkeit. Beispiele dafür sind die septoriaanfälligeren Sorten Paroli und die sehr frühreife Sorte Orvantis, die mehrjährig in den Spätsaatversuchen recht gut und sicher abschneiden und daher empfohlen werden, wie aus Tabelle 3 ersichtlich.

Standortabhängigkeiten beachten

In der Tabelle 1 sind die diesjährigen Ertragsleistungen der Sorten an den Einzelstandorten aufgeführt. Im Mittel der Sorten lagen auf den Lößstandorten die Erträge gegenüber der Normalsaatzeit um 16 dt je ha niedriger, auf dem Lehmstandort Düsse waren dies 25 dt je und auf dem höher gelegenen Standort Steinheim-Breitenhaupt nur 8 dt je ha. Insbesondere die sehr frühreifen Sorten Orvantis und Mercato zeigten auf allen Standorten in diesem Jahr sehr hohe Erträge. Durch die sehr lange Vegetationsruhe ins späte Frühjahr hinein, in Verbindung mit der hitzebedingten, sehr frühen Abreife Ende Juni, wurde diese Sorten recht deutlich bevorzugt. In Verbindung mit den Mehrjahresergebnissen aus der Tabelle 2 ergeben sich in der Tabelle 3 die standortspezifischen Sortenempfehlungen.

Hinweise zur Aussaat

In der Tabelle 4 sind die spezifischen Saatstärkenempfehlungen aufgeführt. Generell muss bei Spätsaat von niedrigeren Bestandesdichten zur Ernte ausgegangen werden, da eine Bestockung vor Winter nur selten ausreichend möglich ist und im Frühjahr unter Kurztagsbedingungen häufig nicht die erforderlichen Bestockungsraten erzielt werden können wie bei der normalen, üblichen Aussaatzeit. In diesem Jahr war dieses sehr eindeutig festzustellen. Die Bestandesdichten gegenüber dem Vorjahr lagen im Mittel um rund 100 ährentragende Halme je m² niedriger.

Unter den Bedingungen der Spätsaat ist in der Regel auch mit schlechteren Feldaufgangsraten wegen ungünstigerer Saatbettbedingungen und Verschlämmung sowie etwas höheren Überwinterungsverlusten zu rechnen. Daher müssen bei der Saatstärkenberechnung neben der Minder-Keimfähigkeit auch diese beiden Verlustkomponenten stärker mit berücksichtigt werden.

Gegebenenfalls sollte im frühen Frühjahr bei sehr dünnen Beständen über eine erhöhte Start-N-Düngung mit 80 kg je ha sowie eine frühe CCC-Maßnahme in EC 23 bis 25, die die apikale Dominanz der Haupttriebe bricht, versucht werden, die Bestockung stärker zu fördern.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch