Landessortenversuche Winterweizen 2011 - Späte Saaten

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Spätsaatverträgliche Winterweizensorten

Nach spät gerodeten Zuckerrüben oder spät geerntetem Mais stellt sich die Frage, welche Weizensorten unter den Bedingungen einer Spätsaat noch über die beste Leistungsfähigkeit verfügen. Die Ergebnisse, die sich dazu aus den Landessortenversuchen ergeben haben, stellen Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, im Folgenden dar.

Im Herbst 2010 wurden an drei Versuchsstandorten in NRW die Landessortenversuche Winterweizen mit elf Sorten in Spätsaat angelegt. Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte ausschließlich unter den Bedingungen einer auf Gesunderhaltung der Sorten ausgerichteten Intensität. Es stehen nicht die Intensitätsfragen, sondern die Erträge der Sorten unter den Bedingungen einer Spätsaat im Vordergrund des Interesses. Grundsätzlich ist über die letzten sieben Jahre aus den Landessortenversuchen im Mittel der Sorten festzustellen, dass eine Spätsaat gegenüber einer Normalsaat insgesamt erheblich Ertrag kostet. Im Mittel der jeweiligen Standorte betragen die Mindererträge auf den Lößstandorten bei Spätsaat rund 21dt je ha, auf den Lehmstandorten rund 12 dt je ha und in den Höhenlagen rund 10 dt je ha.

Die Erträge der Sorten

Spätsaat beim Weizen, also die bewusste Inkaufnahme einer Verkürzung der Vegetationszeit, erfordert in der Regel frohwüchsige, robuste, winterhärtere Sorten, da diese einem höheren Risiko ausgesetzt sind, unter ungünstigen Saatbett- und Witterungsbedingungen keimen, auflaufen sowie nach Winter sich schnell regenerieren zu müssen. Unter Spätsaat generell lässt sich in der Regel eine um rund vier bis sechs Wochen gegenüber der regulären, standortspezifischen Saatzeitspanne erfolgende Aussaat definieren. Nicht selten, in Normaljahren bei sehr frühem Vegetationsende im Herbst, läuft die Saat vor Winter nicht mehr auf. Dieses war häufig auch in diesem Vegetationsjahr mit einer insgesamt langen Vegetationsruhe von drei bis vier Monaten der Fall. Unter diesen Bedingungen müssen sich die Sorten nach Winter noch unter erforderlichen Kurztagsbedingungen sehr schnell entwickeln und bestocken, um über ausreichende Bestandesdichten noch vernünftige Erträge realisieren zu können. Diese Situation war insbesondere in diesem Jahr nur in sehr geringem Umfang zu realisieren, da nach dem späten Ende der Vegetationsruhe die Bestände im April unter hohen Temperaturbedingungen gleich in den Langtag und damit in die Schossphase übergingen.

Inwieweit die Winterhärte der Sorte eine absolut entscheidende Rolle bei der Sortenwahl spielen sollte, ist pflanzenbaulich betrachtet nicht eindeutig zu klären. Unter Berücksichtigung der mangelnden Winterhärte zum Beispiel der Sorte Winnetou, aber seiner in den vergangenen Jahren mehrjährig überwiegend noch guten stabilen Ertragsergebnisse unter allen Standortbedingungen, siehe Tabelle 2, kann dieses Merkmal nicht das absolute Ausschlusskriterium sein. Offensichtlich besitzen nicht prüfbare Kriterien, wie Sortenvitalität oder Frohwüchsigkeit sowie auch eine möglicherweise sehr gute Regenerationsfähigkeit in Verbindung mit einer dem Standort entsprechenden Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre, einen größeren Einfluss.

Im aktuellen Vegetationsjahr wurden auf dem Lößstandort Kerpen-Buir im Rheinland die Sorten extrem spät, nämlich am 15. Februar 2011, ausgesät. Mit Ausnahme der Sorte Julius, welche nicht mehr zur Reife gelangte, erbrachten die anderen Sorten noch einen Ertrag, der allerdings mit im Mittel 49 dt je ha äußerst bescheiden ausfiel, siehe dazu die Tabelle 1. Daraus ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass solch extrem späte Saatzeiten grundsätzlich zwar noch funktionieren können, sicherlich aber nicht empfehlenswert sind. In solchen Fällen sollte auf winterhärtere Sommerweizen, auch als Wechselweizen bezeichnet, zurückgegriffen werden. Der Ertrag der Wechselweizensorte Granny auf dem Lößstandort fällt entsprechend überproportional gut aus. Allerdings schneiden auch die frühreiferen Sorten, wie Mercato, Arezzo sowie Altigounter, zu diesem sehr späten Saattermin deutlich besser ab als die normalreifen Sorten. Auf der Grundlage der in der Tabelle 2 aufgeführten Mehrjahresergebnisse lassen sich die in der Tabelle 3 aufgeführten Sortenempfehlungen ableiten.

Hinweise zur Aussaat

Gegenüber einer Normalsaat sollten die Saatstärken um rund 15 % erhöht werden. Generell muss bei Spätsaat von niedrigeren Bestandesdichten zur Ernte ausgegangen werden, da eine Bestockung vor Winter nur selten ausreichend möglich ist und im Frühjahr unter Kurztagsbedingungen häufig nicht mehr die erforderlichen Bestockungsraten erzielt werden können wie bei der normalen, üblichen Aussaatzeit. In diesem Jahr kam als zusätzliche Kalamität noch die ausgeprägte Frühjahrstrockenheit dazu. Die Bestandesdichten gegenüber dem Vorjahr lagen im Mittel um rund 150 ährentragende Halme je m² niedriger. Unter den Bedingungen der Spätsaat ist in der Regel auch mit deutlich schlechteren Feldaufgangsraten - wegen ungünstigerer Saatbettbedingungen oder Verschlämmung - und etwas höheren Überwinterungsverlusten zu rechnen. Wenn man sich unter solchen Bedingungen vorstellt, dass von 100 gesäten Körnern 90 vielleicht keimen und auflaufen, entspricht dieses einem schon erforderlichen Saatgutaufschlag in Körnern von 10 %. Sicherlich ist häufig auch mit nur 85 % Feldaufgang zu rechnen. Daher müssen bei der Saatstärkenberechnung neben der Minder-Keimfähigkeit auch diese beiden Komponenten zur Absicherung einer nach Winter erwünschten Mindest-Bestandesdichte berücksichtigt werden. Gegebenenfalls sollte im frühen Frühjahr bei sehr dünnen Beständen über eine erhöhte Start-N-Düngung mit 80 bis 100 kg N je ha sowie eine frühe CCC-Maßnahme in EC 23 bis 25 zur Brechung der apikalen Dominanz der Haupttriebe versucht werden, die Bestockung stärker zu fördern.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch