Landessortenversuche Winterweizen 2015 - Späte Saaten

WinterweizenfeldBild vergrößern
Winterweizen

Spätsaatverträgliche Winterweizensorten

Im Unterschied zu den anderen Getreidearten ist die Aussaat bei Weizen über einen weiten Zeitraum möglich. Entgegen diverser pflanzenbaulicher Risiken wird in der Praxis generell zunehmend früher gesät. Unter den Bedingungen einer ebenfalls nicht unbedenklichen Spätsaat - zwangsläufig nach spät gerodeten Zuckerrüben oder spät geerntetem Mais - stellt sich hier insbesondere die Frage, welche Weizensorten dann noch über die beste Leistungsfähigkeit verfügen. Dr. Kathrin Bürling hat mögliche Antworten zusammengetragen.

Im Herbst 2014 konnte an drei Versuchsstandorten in NRW der Landessortenversuch Winterweizen-Spätsaat mit 13 Sorten angelegt werden. Da der Versuch auf dem höheren Standort Steinheim-Breitenhaupt nicht angelegt werden konnte, wurde dafür dieser Versuch auf Lehm am Standort Lage-Heiden ausgedrillt. Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte ausschließlich unter den Bedingungen einer auf Gesunderhaltung der Sorten ausgerichteten Intensität, die der praxisüblichen Variante B3 des Blattfruchtweizen-Sortimentes entspricht. Die Erträge der Sorten unter den Bedingungen einer Spätsaat stehen hier allein im Vordergrund.

Grundsätzlich ist über die letzten elf Jahre aus den Landessortenversuchen im Mittel der Sorten festzustellen, dass eine Spätsaat gegenüber einer Normalsaat erheblich Ertrag kostet. Allgemein beruht diese geringere Ertragsfähigkeit bei später Saat im Wesentlichen auf dem Rückgang des Einzelährenertrages der Bestockungstriebe mit kürzeren Ähren und geringerer Kornzahl pro Ährchen, zum Teil auch geringeren TKM, die sich mit zunehmender Verspätung weiter verstärkt. In den Landessortenversuchen betragen im Mittel der jeweiligen Standorte die Mindererträge auf den Lößstandorten bei Spätsaat rund 15 dt je ha und auf den Lehm- sowie Höhenlagenstandorten rund 9 beziehungsweise 7 dt je ha. In diesem Jahr zeigte sich allerdings auf dem Lößstandort ein um plus 3 dt/ha leicht höheres und auf dem Lehmstandort ein mit plus 1 dt/ha vergleichbares Ertragsniveau in der Spätsaat gegenüber dem zur Normalsaatzeit ausgesäten Sortiment. Der sehr milde Winter, der eine Weiterentwicklung der Pflanzen und in der Konsequenz damit auch eine Etablierung guter Bestandesdichten ermöglichte, ist in Kombination mit der geringen Zeit-Differenz zwischen Normalsaat und Spätsaat von nur zwei Wochen auf dem Lößstandort hier sicherlich mit die Ursache für das geringfügig höhere Ertragsniveau.

Auch die diesjährige Zusammensetzung der Sorten mit den Leistungsträgern in dem nur eingeschränkten oder kleinen Sortiment des Spätsaatversuches gegenüber dem zur normalen Zeit gesäten Hauptsortiment mit 27 Sorten mit zum Teil deutlich ertragsschwächeren Prüfkandidaten kann hier in der diesjährigen Konstellation eine Rolle für die in den Spätsaaten sehr guten Erträge spielen.

Die Erträge der Sorten

Unter einer Spätsaat versteht man generell eine um rund drei bis fünf Wochen gegenüber der regulären standortspezifischen Saatzeitspanne erfolgende Aussaat. Unter den bisherigen hiesigen zu erwartenden Klima- und Witterungsbedingungen bedeutet Spätsaat beim Weizen damit die bewusste Inkaufnahme einer Verkürzung der Vegetationszeit, da in der Regel der Ausgleich der verspäteten Saat nicht durch eine Reifeverspätung erfolgt. Des Weiteren treten bei einer Spätsaat häufig ungünstigere Saatbett- und Witterungsbedingungen auf, die ein Keimen, Auflaufen sowie rasches Regenerieren nach dem Winter mit einem höheren Risiko behaften. Nicht selten läuft die Saat vor dem Winter nicht mehr auf. Keimender Weizen ist relativ empfindlich gegen Frost. Kommt es während der Keimung zu einem Frosteinbruch, besteht die Gefahr von Auswinterungsschäden. Mit Einsetzen des Vegetationsbeginns im Frühjahr müssen sich die Sorten noch unter erforderlichen Kurztagsbedingungen sehr schnell entwickeln und bestocken, um ausreichende Bestandesdichten zu erreichen. Frohwüchsige, robuste, in der Regel aber auch winterhärtere Sorten sind daher für einen späten Saattermin generell vorteilhafter.

Die Winterhärte einer Sorte sollte dabei jedoch nicht absolut entscheidend sein. Unter den Auswinterungsbedingungen des Erntejahres 2012 zeigte die wenig winterharte Sorte Winnetou noch gute Ertragsergebnisse im Spätsaatversuch. Im termingerecht gesäten Blattfruchtweizen-Versuch winterte sie auf dem Höhenstandort aus. Offenbar befand sich die Sorte aufgrund des späten Saattermins in einem unempfindlicheren Entwicklungsstadium. In den vergangenen Jahren - mit Ausnahme des aktuellen Erntejahres - zeigt Winnetou immer noch gute und stabile Erträge unter allen Standortbedingungen, wie aus den Tabellen 1 und 2 ersichtlich. Generell spielen nicht exakt messbare, sogenannte weiche Sortenkriterien, wie Vitalität, Frohwüchsigkeit oder auch eine bessere Regenerationsfähigkeit, eine Rolle. Auch der Ertragstrukturaufbau solcher Sorten, die sich aus Bestandesdichten, Kornzahl je Ähre und TKM zusammensetzt, ist in der Regel variabler wegen der Kompensationstypen. Extrem späte Saatzeiten im Rheinland bis Anfang Februar können grundsätzlich vereinzelt zwar noch funktionieren, sind sicherlich aber nicht generell empfehlenswert. In solchen Fällen sollte auf winterhärtere Sommerweizen, auch als Wechselweizen bezeichnet, zurückgegriffen werden. Dieser kann, wenn die Aussaat bei gutem Bodenzustand erfolgt, einem zu spät gesäten Winterweizen ertraglich überlegen sein.

Höhere Saatstärken

Auf der Grundlage der in der Tabelle 2 aufgeführten Mehrjahresergebnisse lassen sich die Sortenempfehlungen in Tabelle 3 ableiten. Überwiegend zeigen sich die im zur Normalzeit gesäten Weizensortiment herausragenden Sorten-Leistungsträger auch in der Spätsaat als leistungsfähig. Bei der für Lehm sowie auch eingeschränkt für die Anbauregion Lößstandorte empfohlenen Sorte Boxer wird zur anstehenden Herbstaussaat ausreichend Saatgut zur Verfügung stehen, jedoch soll diese Sorte nach Angaben des Züchters/Vertriebes zukünftig nicht mehr im Vertrieb stehen. Im Vegetationsjahr 2014/15 waren die vielfältigen Herausforderungen einer Spätsaat, insbesondere die Winterhärte und Regenerationsfähigkeit nach Winter, nicht gefordert. Eine Verkürzung der Vegetationszeit war somit der wesentliche Unterschied zwischen standortüblicher und später Aussaat. Lediglich die extreme Trockenheit im Monat Mai sowie die Hitzewelle Ende Juni gaben Anlass zur Sorge, dass die sich Ende Juni noch in der Milchreife befindlichen Bestände hierunter stärker leiden könnten. Tatsächlich konnten auf dem Lößstandort sehr deutlich, aber auch auf dem Lehmstandort geringere TKM gegenüber der Normalsaat ermittelt werden. Durch die guten Bestandesdichten und die sehr hohen Kornzahlen je Ähre konnte jedoch eine mehr als ausreichende Kompensation stattfinden.

Bei der Aussaat ist zu beachten, dass gegenüber einer Normalsaat die Saatstärken pauschal um rund 15 % erhöht werden sollten. Unter den Bedingungen der Spätsaat ist in der Regel mit deutlich schlechteren Feldaufgangsraten bei ungünstigeren Saatbettbedingungen und Verschlämmungsgefahr und etwas höheren Überwinterungsverlusten zu rechnen. Diese beiden möglichen Verlustkomponenten sind zur Absicherung einer nach Winter erwünschten Mindest-Bestandesdichte unbedingt abzuschätzen und rechnerisch mit zu berücksichtigen. Bei sehr dünnen Beständen im frühen Frühjahr kann über eine erhöhte Start -N-Düngung von 80 bis 100 kg N je ha sowie eine frühe CCC-Maßnahme in EC 23 bis 25 mit Brechung der apikalen Dominanz der Haupttriebe versucht werden, die Bestockung oder die Ährenausbildung der Seitentriebe stärker zu fördern. Generell muss bei Spätsaat aber von niedrigeren Bestandesdichten zur Ernte ausgegangen werden.

Autor: Dr. Kathrin Bürling