Landessortenversuche Winterweizen 2007 - Stoppelweizen

Strohballenpresse

Wann frühreifen Weizen säen?

Neben dem normalen Blattfruchtweizen - nach Zuckerrüben, Kartoffeln, Raps oder auch Mais – führt die Landwirtschaftskammer NRW noch weitere spezielle Weizensortenversuche durch. Eine interessante Alternative sind die sehr frühreifen Weizensorten sowie die Frage, welche Weizensorten sich im Stoppelweizenanbau besonders eignen. Über diese Ergebnisse berichtet Dr. Joachim Holz, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Die im Vergleich zu anderen Getreidearten hohen Erträge des Weizens gepaart mit höchsten Erzeugerpreisen führen insgesamt zur höchsten Rentabilität im Getreideanbau. Daher sind die Fragen nach der Stoppelweizeneignung, nach der Spätsaatmöglichkeit sowie nach der Anbaueignung sehr frühreifer Sorten im Rahmen der Fruchtfolge nahe liegend. Die drastisch gestiegenen Weizenpreise lassen wieder ein steigendes Interesse an diesen Anbaumöglichkeiten erwarten.

Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen führt zu diesen Weizenanbaualternativen seit vielen Jahren entsprechende Versuche durch. In der Tabelle 1 sind die durchschnittlichen Erträge dieser verschiedenen Weizenanbausegmente gegenübergestellt. Beim Vergleich der Standorte untereinander ist zu beachten, dass diese Mittelwerte über unterschiedlich viele Prüfjahre errechnet wurden, dieser daher nur bei gleicher Prüfjahranzahl möglich ist.

Auf den Lößstandorten zeigen sich gegenüber dem Blattfruchtweizen die Stoppelweizenerträge im Mittel der letzten fünf Prüfjahre auf annähernd gleichem Niveau, während die Erträge der sehr frühreifen Sorten etwas stärker abfallen. Dieses ist leicht nachvollziehbar. Sehr frühreife Weizensorten verfügen über eine kürzere Vegetationszeit, die auf den in der Regel mit Wasser immer ausreichend versorgten Lößstandorten dann nicht das Ertragspotenzial erzielen können wie normal- oder spätreifere Weizensorten. Allerdings können sie in Jahren mit Trockenheit auch auf solchen Standorten etwas mehr Ertragssicherheit bieten, neben anderen, weiter unten noch zu erläuternden arbeitswirtschaftlichen Vorteilen. Auf den leichteren Lehmstandorten liegen die Erträge von Stoppelweizen und den frühreifen Sorten auf dem Niveau des Blattfruchtweizens. Unter den Standortbedingungen von Haus Düsse zeigte sich in den letzten drei Jahren bei den frühreifen Weizensorten sogar eine deutlichere Ertragsüberlegenheit, wie auch auf dem Standort Lemgo und dem Höhenlagenstandort Meerhof. Ein sehr hohes Ertragsniveau konnte mit diesem Weizensortensortiment auch auf dem sehr leichten Sandstandort Sassenberg in den letzten drei Jahren erzielt werden, auf dem eher der Triticale und Roggen zu Hause sind. Sehr gute Erträge in den Übergangs- und Höhenlagen ließen sich auch beim Stoppelweizen im Vergleich zum Blattfruchtweizen erreichen.

Diese Gegenüberstellung zeigt, dass die Rentabilitätserwartungen bei den anderen Weizen-Anbausegmenten durchaus auf dem hohen Blattfruchtweizenniveau liegen können oder mit dem Anbau sehr frühreifer Sorten in bestimmten Regionen diese teilweise sogar noch übertroffen werden konnten.    

Winterweizen mit Weizen als Vorfrucht

In 2007 standen in fünf Landessortenversuchen elf Sorten zur Prüfung auf ihre Stoppelweizeneignung. Die Versuchsdurchführung entsprach der höheren Intensitätsvariante B3 bei den Landessortenversuchen Winterweizen nach Blattfrucht. Die Sorten wurden jeweils mit einer Standardbeize sowie in der zweiten Variante mit Jockey beziehungsweise Galmano und in der dritten Variante mit Latitude geprüft.

Zur Beurteilung der grundsätzlichen Stoppelweizen-Anbaueignung sind in der Tabelle 2 die Erträge 2007 im Mittel aller drei Varianten aufgeführt. Tabelle 3 zeigt die mehrjährig erzielten Erträge. Der Tabelle 4 sind die daraus abgeleiteten Sortenempfehlungen zu entnehmen.

Es zeigt sich bei den Ergebnissen auch in diesem Jahr wieder generell, dass leistungsfähige Blattfruchtweizensorten, wie zum Beispiel Winnetou, Magnus in den Übergangs- und Höhenlagen, Manager auch gut als Stoppelweizensorten geeignet sind. Allerdings gilt im Stoppelweizenanbau, noch mehr als beim Blattfruchtweizen, die Schwächen der Sorten zu beachten und diesen mit der entsprechenden Fungizidstrategie zu begegnen.

Hervorzuheben ist das recht gute Abschneiden der sehr frühreifen Sorte Orvantis. In einer Rapsfruchtfolge als Zweitweizen eingesetzt, ermöglicht diese Sorte bei früherer Ernte eine längere Zeitspanne für die Saatbettbereitung des Folgerapses. Wählt man darüber hinaus beim Raps noch eine Hybridsorte mit späterer Saatmöglichkeit, sollte in der Regel genügend Zeit für eine gute Saatbettbereitung vorhanden sein.

Gegen Schwarzbeinigkeit beizen?

Die Frage nach dem lohnenden Einsatz einer teureren Wurzelschutzbeize gegen den im Stoppelweizenanbau häufiger auftretenden, bodenbürtigen, Schwarzbeinigkeitserreger stellt sich jedes Jahr aufs neue. Die Versuche zeigen in den einzelnen Jahren immer wieder unterschiedliche Ergebnisse. Spezifisch zu Sorten und Standorten lassen sich keine gesicherten Erkenntnisse über die Notwendigkeit einer Spezialbeize ableiten. Lediglich im großen Mittel über alle Standorte und Sorten zeigte sich, auch dieses Jahr 2007 (Tabelle 2), dass mit dem Einsatz von Latitude eine Ertragssicherung auf leicht höherem Niveau über der Standardbeize möglich war. Vor dem Hintergrund der aktuellen Erzeugerpreise entsprechen die Beizmehrkosten einem erforderlichen Mindestmehrertrag von rund einem Doppelzentner. Zur Risikoabsicherung ist daher zu einer Wurzelschutzbeize, vorzugsweise mit Latitude, zu raten. Grundsätzlich lohnt Latitude immer, wenn auf einem Standort Schwarzbeinigkeit nachgewiesen ist.  

Um seinen Standort selbst auf einen Befall mit dem Schwarzbeinigkeitserreger zu untersuchen, sollten ab dem Fahnenblattstadium (EC 37) des Weizens einige Pflanzen vorsichtig aus dem Boden ausgegraben werden. Die Wurzeln sind schonend von der Erde frei zuspülen und vor einem weißen Hintergrund auf mögliche Vermorschungsanteile zu kontrollieren. Sind bereits größere Wurzelvermorschungen sichtbar, ist von einem stärkeren Schwarzbeinigkeits-Erregerbesatz im Boden auszugehen. Unter solchen Bedingungen dürfte eine Wurzelschutzbeize dann immer wirtschaftlich sein.  

Landessortenversuche mit frühreifen Sorten

Frühreife Winterweizensorten sind in ihrer Entwicklung bis zur Ernte rund eine Woche früher. Dieses ist bei der Platzierung von Düngung, Pflanzenschutz und Wachstumsregulatoren zu berücksichtigen.

Auch in diesem Jahr zeigten sich insbesondere auf den Sand- und Lehmstandorten, aber auch in den Übergangs- und Höhenlagen, die Erträge durchaus auf dem gleichen oder auch leicht höherem Niveau wie die der normalreifen Sorten (siehe auch Tabelle 1). Zusammenfassend lassen sich folgende Aspekte anführen, die für den Anbau sehr frühreifer Weizensorten sprechen können:

  • Entzerrung von Arbeitsspitzen: N-Düngung, Fungizidmaßnahmen, Ernte
  • als Stoppelweizen-Vorfrucht zu Raps: Hybridsorten, die verfügbare Feldarbeitszeiten für Neusaat sind deutlich verlängerbar
  • Stoppelweizenanbau, wenn Gräserbekämpfung in Wintergerste problematisch
  • Anbau auf sehr leichten, trockenen Standorten oder sehr tonigen Standorten
  • Ertragsrisikostreuung auf Normal-Standorten (Frühsommerhitze)
  • mögliche Risiken:
    • Auswinterungsgefährdung (zurzeit nur französische Sortenherkünfte)
    • Fallzahlproblematik, wenn zeitige Ernte witterungsbedingt nicht möglich.

Pflanzenbauliche Reaktionsmöglichkeiten:

  • Der Gefahr einer etwas stärkeren Auswinterung kann begegnet werden durch die Erhöhung der Saatstärke um rund 20 bis 30 Körner/m² sowie einer angepassten Erhöhung der Start-N-Düngung, der überwinterte Keimpflanzenbestand sollte unter 180 je m² liegen!
  • Reifeangepasste Ernte sollte möglichst angestrebt werden, auch unter Inkaufnahme einer eventuell höheren Feuchte.
  • Frühreife bedeutet nicht, dass auch früher zu säen ist! Die standortübliche Saatzeit ist bei diesem speziellen Sortensortiment unbedingt einzuhalten.

In diesem Jahr wurden an insgesamt sieben Standorten in NRW die Landessortenversuche mit neun sehr frühreifen Winterweizensorten angelegt, siehe Tabelle 5. Die Sorten wurden nur in der höheren Intensitätsstufe (B3 LSV) geprüft. Tabelle 6 zeigt die mehrjährigen Ergebnisse sowie die Einstufungen hinsichtlich ihrer Eigenschaften. Die Sortenempfehlungen sind der Tabelle 7 zu entnehmen. Bei den empfohlenen Sorten Isengrain, Farandole und Nirvana handelt es sich um Grannenweizen. Deutliche Leistungsunterschiede zwischen den empfohlenen Sorten, mit Ausnahme von Cubus auf dem Sandstandort, sind nicht vorhanden.

Beschreibung der empfohlenen Sorten

Frühreife Sorten:

Orvantis (A/B): Mehrjährig recht konstante leicht überdurchschnittliche Erträge, diesjährig auf Sand nur unterdurchschnittlich. Qualität: Leicht überdurchschnittliche Fallzahl, mittlere Rohproteingehalte und   durchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Über leicht überdurchschnittliche Bestandesdichten, eine höhere Kornzahl je Ähre sowie eine mittlere TKM. Merkmale: Leicht bereifter, hellerer, steilwüchsiger Wuchshabitus. Die Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Septoria ausgerichtet sein.

Cubus (A) : Auf Lehm- Niederungs- und   Übergangslagen mittlere, auf Sand- Niederungslagen überdurchschnittliche Erträge. Qualität: Überdurchschnittlich hohe Fallzahl bei sehr geringerer Fallzahlstabilität, unterdurchschnittliche Rohproteingehalte und   überdurchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: Überdurchschnittliche Bestandesdichte, etwas höhere Kornzahl je Ähre sowie eine mittlere TKM. Merkmale: Nicht ganz so frühreife, im Wuchs recht lange, blaugrüne Sorte. Stärkere Bodenbeschattung. Die Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Anfälligkeit gegen Halmbruch und Braunrost ausgerichtet werden.

Nirvana (A) : Auf Löß, Lehm und Sandniederungslagen langjährig gute Erträge, Qualität: Mittlere   Fallzahll, unterdurchschnittliche Rohproteingehalte und   leicht überdurchschnittliche Sedimentationswerte. Ertragsbildung: über eine leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte, eine mittlere Kornzahl je Ähre sowie TKM. Merkmale: Sehr früher, kurzer, standfester Grannenweizen. Dunkelgrün, glänzend wirkende Blattfärbung. Anfälliger gegenüber DTR, mittlere Blattseptoriaanfälligkeit.

Farandole (B) :  Auf Löß und Lehm- Niederungslagen langjährig konstante, überdurchschnittlich hohe Erträge. Qualität: Überdurchschnittliche Fallzahl und Proteingehalt, der Sedimentationswert ist deutlich unterdurchschnittlich. Ertragsbildung: Über eine durchschnittliche Bestandesdichte und Kornzahl je Ähre bei leicht überdurchschnittlicher TKM. Merkmale: Standfestere Sorte. Rostgesunde Sorte, Pflanzenschutzintensität ist auf die mittlere Anfälligkeit gegen Blattseptoria, Mehltau und Ährenfusarium auszurichten.

Isengrain (B) :  Auf Lehm-, Niederungs-, Übergangs- sowie Höhenlagenstandorten langjährig recht konstante leicht überdurchschnittliche Erträge. Qualität: Überdurchschnittliche Fallzahl, Proteingehalt und Sedimentationswert sind durchschnittlich. Ertragsbildung: Über eine durchschnittliche Bestandesdichte, eine leicht überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie leicht unterdurchschnittlicher TKM . Merkmale: Lageranfälligere Sorte. Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Lageranfälligkeit sowie Blattseptoria-, Braunrost- und Spelzenbräuneanfälligkeit ausgerichtet werden.

Hysun: (B) (Hybridweizensorte): Auf Sandstandorten überdurchschnittliche Erträge 2007. Qualität: Leicht überdurchschnittliche Fallzahl und Sedimentationswert bei durchschnittlicher Eiweißleistung. Ertragsbildung: Über eine durchschnittliche Bestandesdichte, eine deutlich überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie eine leicht überdurchschnittliche TKM. Merkmale: Früheste Sorte im Sortiment, etwas stärker zur Auswinterung neigend, sonst etwas standfester. Aussaat mit geringerer Saatstärke, mit 150 Körnern je m². Die Pflanzenschutzintensität sollte auf die erhöhte Anfälligkeit gegen Pseudocercosporella und Gelbrost ausgerichtet werden. Empfehlung: Auf Sandstandorten zum Testen gut geeignet, da vieljährig schon sehr gute Anbauerfahrungen mit normalreifen Hybridsorten unter diesen Bedingungen vorliegen.

Hinweise zur Aussaat

Es sei nochmals deutlich darauf hingewiesen, dass es keinen stichhaltigen Grund gibt, sowohl den Stoppelweizen als aber auch die frühreifen Weizensorten früher zu säen als den normalreifen Weizen. Dabei ist unter Frühsaat zu verstehen, dass die Saatzeit um zwei bis drei Wochen früher liegt als der standortspezifische normale Saattermin.

Wenn Arbeitsengpässe unbedingt eine Frühsaat erfordern, dann sollte eher der Blattfruchtweizen früher gesät werden als der Stoppelweizen, da die Frühsaat zu stärkeren Frühinfektionen mit Krankheiten im Herbst führen kann („grüne Brücke“). Schwarzbeinigkeit (Ophiobolus graminis), Halmbruch, die höhere Gefährdung mit Ährenfusarium sowie Blattseptoria und DTR können die Produktionstechnik erheblich verteuern und das Ertrags- und Qualitätsrisiko erheblich steigern. Ebenfalls kann in diesem Herbst der Befall mit dem durch Blattläuse übertragbaren Gelbverzwergungsvirus auch beim Weizen zu höheren Insektizidaufwendungen vor allem in Frühsaatbeständen führen. Inwieweit solche Maßnahmen gezielt durchführbar sind und welche Ertragsrisiken entstehen können, ist nicht abzuschätzen.

Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau der Blattfruchtweizen bewegen.

Autor: Dr. Joachim Holz