Landessortenversuche Winterweizen 2010 - Stoppelweizen

Strohballenpresse

Stoppelweizen-Ergebnisse 2010

Gegenüber dem vergangenen Jahr wurden im Mittel der Versuchsstandorte und Sorten beim Stoppelweizen mit 83,1 dt je ha rund 17 % weniger gedroschen. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, berichten über die Besonderheiten des Stoppelweizenanbaus, wie die Sorten abschnitten und ob der Einsatz einer Spezial-Wurzelschutzbeize wirtschaftlich lohnend ist.

Für viele Betriebe ist der Stoppelweizenanbau nach wie vor eine feste Größe in der Fruchtfolge. Die im Vergleich zu den konkurrierenden Fruchtfolgegliedern Wintergerste, Triticale und Winterroggen überwiegend höheren Erträge des Stoppelweizens sowie die in der Regel ebenfalls vergleichsweise höheren Preise ermöglichen überwiegend eine höhere ökonomische Vorzüglichkeit.

Beim Ertragsvergleich zwischen Blattfrucht- und Stoppelweizen der letzten sechs Versuchsjahre ergibt sich im Mittel der Sorten und Standorte zugunsten des Blattfruchtweizens ein Ertragsvorteil von 7,5 dt je ha. Je nach Standort, differenzieren sich die durchschnittlichen Mehrerträge des Blattfruchtweizens gegenüber dem Stoppelweizen im fünfjährigen Mittel allerdings. Auf den Lößstandorten beträgt der Ertragsvorteil des Blattfruchtweizens 4,8, auf dem Lehmstandort Vluyn schwache 0,8, auf dem Lehmstandort Lage-Heiden 2,6, auf dem höher gelegenen Standort Steinheim-Breitenhaupt 7,7 und auf dem Höhenlagenstandort Altenmellrich deutliche 15,2 dt je ha. Je günstiger die Standortverhältnisse bezüglich Temperatur- und Wasserversorgung während der Hauptvegetationszeit sind, desto deutlicher differenzieren sich die Ertragsunterschiede zwischen einem Blattfrucht- und Stoppelweizen.

Beim Vergleich der bereinigten Marktleistungen der konkurrierenden Getreidearten Wintergerste, Triticale und Winterroggen zum Stoppelweizen zeigt sich auf den Lößstandorten in der Mehrzahl der Jahre nach dem Blattfruchtweizen für den Stoppelweizen deutlich die zweithöchste wirtschaftliche Vorzüglichkeit. Der Abstand zu den übrigen Wintergetreidearten ist größer. Auf den Lehmstandorten dagegen - mit den insgesamt geringsten Ertragsunterschieden zum Blattfruchtweizen, aber den vergleichsweise höheren produktionstechnischen Aufwendungen, wie für Beize und N-Düngung - zeigt vor allem der Winterroggen in vier von fünf Jahren eine mindestens gleichwertige wirtschaftliche Vorzüglichkeit wie der Stoppelweizen. Auf den Höhenlagenstandorten liegt grundsätzlich die gleiche Situation wie auf den Lößstandorten vor, allerdings liegt hier der Triticale in den letzten drei Anbaujahren in der wirtschaftlichen Vorzüglichkeit auf dem gleichen Niveau wie der Stoppelweizen.

Pro und Contra Stoppelweizen

Neben diesen grundsätzlichen Ertrags- und Wirtschaftlichkeitsgegebenheiten, die für einen Stoppelweizenanbau sprechen, lassen sich darüber hinaus auch arbeitswirtschaftlichen Vorteile für den Betrieb anführen. Diese ergeben sich vor allem dann, wenn noch ungenutzte maschinelle Schlagkraftreserven bei andererseits knapper Arbeitszeit verfügbar sind. Unter diesen Bedingungen lässt sich relativ einfach eine größere Winterweizenanbaufläche bewirtschaften, die erforderlichen Arbeitserledigungszeitspannen werden nur unwesentlich ausgeweitet. Demgegenüber sind verschiedene mögliche Anbaurisiken beim Stoppelweizenanbau zu beachten und in ihrer einzelbetrieblich zu betrachtenden Wertigkeit gegeneinander abzuwägen. Dieses sind allgemein die erhöhten Witterungsrisiken sowie speziell die möglichen erhöhten Aufwendungen im Bereich der gesamten Produktionstechnik, angefangen bei der Bodenbearbeitung bis hin zur letzten Fungizidmaßnahme in EC 59/61 zur Minderung eines möglichen Ährenfusariumbefalls. Einen Großteil der betrieblichen Anbaufläche bei der Herbstaussaat mit nur einer Kulturart zu besetzen bedeutet, für diese Kulturart - Winterweizen - auf spezielle optimale Witterungskonstellationen der nächsten Monate zu vertrauen. Das Witterungs- und damit Ertragsrisiko generell erhöht sich.

Spezifische produktionstechnische Aspekte und Entscheidungsparameter für einen erfolgreichen Stoppelweizenanbau sind zu berücksichtigen:

  • Strohabfuhr: ja/nein; wenn nein: Es muss für eine sehr gute Stroh-Häckselqualität und -verteilung durch Mähdrescher Sorge getragen werden
  • Stoppelbearbeitung und Saatbettbereitung: Pflug- oder Mulchsaat? Risikominimierung einer grünen Brücke bezüglich der Übertragbarkeit verschiedener Krankheiten?
  • Strohverdaulichkeit des Bodens oder Mineralisierungsgeschwindigkeit? Einfluss auf höhere Saatstärke, höhere N-Düngung und N-Ausgleichsdüngung über Gülle?
  • Ungrasproblematik? Ist eine spezifische, aufwändigere Gräserbekämpfung erforderlich?
  • Konsequenzen für Krankheitsauftreten, wie Schwarzbeinigkeit-Zusatzbeize, DTR, Fusariosen.

Alle diese sehr verschiedenen Faktoren sollten für die einzelbetriebliche Anbauentscheidung pro oder contra Stoppelweizenanbau sorgsam gegeneinander abgewogen werden.

LSV Winterweizen mit Weizen als Vorfrucht

Im Erntejahr 2010 standen in Nordrhein-Westfalen insgesamt fünf Landessortenversuche mit 16 Sorten auswertbar zur Verfügung, siehe Tabelle 2. Die Versuchsdurchführung entspricht der höheren Intensitätsvariante B3 bei den Landessortenversuchen Winterweizen nach Blattfrucht. Die Sorten wurden jeweils mit einer Standardbeize (B1) sowie in der zweiten Variante (B2) mit der Zusatzbeize Latitude mit Schwerpunkt Schwarzbeinigkeitsbekämpfung geprüft. Gegenüber dem Blattfruchtweizen-Landessortenversuch ist der N-Sollwert um 20 kg je ha erhöht, siehe Tabelle 1. Die Intensitätskosten der beiden Varianten unterscheiden sich lediglich durch die Beizkosten. Die mit Latitude gebeizten Sorten mussten gegenüber der Normalbeize bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 19 € je dt nur noch recht geringe Mindestmehrerträge von 1,9 dt je ha erbringen. Im vergangenen Jahr, bei 10,50 € je dt Erzeugerpreis, mussten es mindestens 4,1 dt je ha sein, um die höheren Beizkosten auszugleichen.

Die Abhängigkeit der Wirtschaftlichkeit einer pflanzenbaulichen Zusatz-Maßnahme vom Erzeugerpreis wird aus diesem Vergleich wieder sehr deutlich. Beim Vergleich der Durchschnittserträge aus der B1-Variante (Standard-Beize) mit der B2-Variante (Latitude-Beize) zeigen in der Tabelle 2 die unteren Zeilen, dass die Latitude-Sonderbeizung auf den Höhenlagenstandorten sich in diesem Jahr als höchst wirtschaftlich erwies. Dieses war ebenfalls auch auf dem Lehmstandort Vluyn der Fall. In Lage-Heiden sowie auf dem Lößstandort Buir lohnte sich im Mittel der Sorten diese Sonderbeizung nicht. Eine ähnliche Tendenz bei diesen gleichen Standorten war bereits im vergangenen Jahr feststellbar.

Zur Beurteilung der generellen Stoppelweizen - Anbaueignung der Weizensorten sind in der Tabelle 2 die diesjährigen Erträge auf den Einzelstandorten im Mittel der beiden Varianten B1 und B2 aufgeführt. Über alle Standorte hinweg sehr einheitlich überdurchschnittliche Ertragsleistungen zeigten die Sorten Inspiration, Hermann, Winnetou, letztere gegenüber Inspiration aber schon auf deutlich niedrigerem Niveau, ferner die neueren Sorten Global und Smaragd sowie, erstjährig in diesem Segment geprüft, die Sorte JB Asano. Dieses sind auch die Sorten, welche sich bereits im Blattweizensortensortiment als Leistungsträger zeigen.

Um zu einer besser abgesicherten Sortenempfehlung zu gelangen, sind die diesjährigen Standortergebnisse in der Tabelle 3 mit den Vorjahresergebnissen zusammengefasst aufgeführt. Die daraus resultierenden Sortenempfehlungen sind der Tabelle 4 zu entnehmen. Es sind noch mehr als beim Blattfruchtweizenanbau die agronomischen Schwächen der Sorten zu beachten. Diesen ist mit den entsprechenden acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen, wie Fungizidwahl und -strategie, zu begegnen. Vor allem die Problemkrankheiten Halmbruch, DTR und Ährenfusariumanfälligkeit sind besonders zu beachten. Viele der leistungsfähigen und empfohlenen Stoppelweizensorten zeigen in diesen Merkmalen nur durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Widerstandsfähigkeiten. In der Tabelle 5 sind die Besonderheiten der empfohlenen Sorten zu ihrer spezifischen Ertragsbildung sowie ihren speziellen Schwächen und Stärken aufgeführt. Je nach einzelbetrieblichen Gegebenheiten sollte damit eine gezielte Sortenwahl möglich sein. Erste Untersuchungsergebnisse auf den DON-Gehalt der geprüften Stoppelweizensorten zeigten bislang in diesem Anbaujahr bei keiner Sorte einen messbar höheren Gehalt.

Wirtschaftlichkeit Wurzelschutzbeize

Die Frage nach dem wirtschaftlich lohnenden Einsatz der teureren speziellen Wurzelschutzbeize Latitude mit dem Wirkungsschwerpunkt gegen den im Stoppelweizenanbau häufiger auftretenden bodenbürtigen Schwarzbeinigkeitserreger stellt sich jedes Jahr neu. Die Abbildung mit den mehrjährigen Jahresergebnissen zeigt, dass insbesondere die Sorte Winnetou schon seit mehreren Jahren auf der Mehrzahl der Prüfstandorte die höheren bereinigten Marktleistungen überwiegend in der mit Latitude gebeizten Intensitätsvariante erzielte; die Zahlenwerte bei 1,8 = fast alle Einzelergebnisse erbrachten bei „mit Latitude“ höhere Marktleistungen. Die übrigen Sorten zeigen mehrjährig eher ein undifferenziertes Bild. Je nach Standort und Jahr reagierten die Sorten mal mit wirtschaftlichen Mehrerträgen (Zahlenwert 1,6 bis 2,0), mal wiederum nicht (Zahlenwert 1,2 bis 1,4). Hier ist es der persönlichen Risikobereitschaft des Landwirts vorbehalten, ob er sich mit diesem Zusatzschutz absichern möchte. Mehrerträge bei diesen Sorten durch die Zusatzbeize sind wirtschaftlich nicht in jedem Jahr sicher erzielbar. Bei den gegenwärtig höheren Erzeugerpreisen müssen durch die Beizmehrkosten vergleichsweise geringere Mindestmehrerträge erzielt werden. Daher kann sich der Zusatzschutz schon eher lohnen. Allerdings wird diese Frage erst im nächsten Jahr bei den dann existierenden Erzeugerpreisen endgültig beantwortet.

Hinweise zur Aussaat

Beim Stoppelweizenanbau ist Frühsaat ein immer wieder diskutiertes Thema. Dabei ist unter einer richtigen Frühsaat zu verstehen, wenn die Saatzeit mindestens drei Wochen früher liegt als der standortspezifische normale Saattermin. Pflanzenbaulich betrachtet gibt es keinen stichhaltigen Grund, Stoppelweizen früher zu säen als den normalreifen Weizen. Wenn Arbeitskapazitätsschwierigkeiten unbedingt eine Frühsaat erfordern, dann sollte eher der Blattfruchtweizen früher gesät werden als der Stoppelweizen, da die Frühsaat bei letzterem zu stärkeren Frühinfektionen mit bodenbürtigen Krankheiten im Herbst führen kann. Durch Mulchsaat können sich diese Probleme zusätzlich noch verschärfen. Schwarzbeinigkeit, Halmbruch, die höhere Gefährdung mit Ährenfusarium sowie Blattseptoria und DTR können die Intensitätserfordernisse beträchtlich erhöhen, das Ertrags- und Qualitätsrisiko steigt. Weiterhin kann unter warmen Herbstbedingungen und Frühsaat der Befall mit dem durch Blattläuse übertragbaren Gelbverzwergungsvirus auch beim Weizen zu höheren Insektizidaufwendungen führen.

Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau des Blattfruchtweizens bewegen. Unter ungünstigeren Mulchsaatbedingungen, größeren und/oder ungleichmäßig verteilten Strohrückständen in der Krume ist die Saatstärke um 20 bis 30 Körner je m² zu erhöhen.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch