Landessortenversuche Winterweizen 2011 - Stoppelweizen

Strohballenpresse

Stoppelweizen-Ergebnisse 2011

Für viele Betriebe ist der Stoppelweizenanbau eine feste Größe in der Fruchtfolge. Im Vergleich zu den konkurrierenden Fruchtfolgegliedern Wintergerste, Triticale und Winterroggen werden die hohen Erträge des Stoppelweizens sowie die in der Regel höheren Preise mit einer insgesamt höheren ökonomischen Vorzüglichkeit in Verbindung gebracht. Über die Besonderheiten des Stoppelweizenanbaus und die Ergebnisse der Sortenversuche berichten Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

In diesem Jahr lagen in Nordrhein-Westfalen im Mittel der Sorten die Blattfruchtweizenerträge mit 2,8 dt je ha über den Stoppelweizenerträgen mit 95,9 dt je ha. Beim reinen Ertragsvergleich zwischen Blattfrucht- und Stoppelweizen der letzten neun Versuchsjahre auf Lößstandorten ergibt sich im Mittel der Sorten zugunsten des Blattfruchtweizens ein Ertragsvorteil von knapp 5 dt je ha. Auf den Lehmstandorten der letzten sieben Jahre sind dieses im Mittel 3,4 dt je ha und auf den Höhenlagen rund 9 dt je ha, die beim Blattfruchtweizen mehr gedroschen werden. Auf den Lößstandorten konnten lediglich in zwei von neun Jahren höhere Stoppelweizenerträge erzielt werden, auf den Lehmstandorten war dieses in sechs von insgesamt 14 unmittelbaren Vergleichen und auf den Höhenlagen in fünf von 14 Versuchen aus jeweils sieben Versuchsjahren zugunsten des Stoppelweizens der Fall.

Entscheidender sind die wirtschaftlichen Vergleiche der konkurrierenden Wintergetreidearten über die bereinigten Marktleistungen, bei denen die jeweiligen Erlöse mit den spezifisch anfallenden Produktionskosten verrechnet werden. Hier zeigt sich auf den Lößstandorten, dass in den letzten Jahren gleich nach dem Blattfruchtweizen der Stoppelweizen die nächst höheren bereinigten Marktleistungen erbringt. Auf den Lehmstandorten zeigt sich in vier von sechs Versuchsjahren, dass der Winterroggen eine höhere wirtschaftliche Vorzüglichkeit besitzt als der Stoppelweizen. Auf den Höhenlagenstandorten folgt nach dem Blattfruchtweizen dagegen gleich der Triticale. Daher sollte auf den Lehm- und Höhenlagenstandorten durchaus auch dem Roggen oder dem Triticale verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Neben diesen grundsätzlichen Ertrags- und Wirtschaftlichkeitsfaktoren sprechen für einen Stoppelweizenanbau andererseits aber auch gewisse arbeitswirtschaftliche Vorteile. Diese ergeben sich vor allem dann, wenn noch ungenutzte maschinelle Schlagkraftreserven bei andererseits knapper Arbeitszeit verfügbar sind. Unter diesen Bedingungen lässt sich relativ einfach eine größere Winterweizenanbaufläche bewirtschaften, die erforderlichen Arbeitserledigungszeitspannen werden nur unwesentlich ausgeweitet. Demgegenüber sind verschiedene mögliche Anbaurisiken beim Stoppelweizenanbau zu beachten und in ihrer einzelbetrieblich zu betrachtenden Wertigkeit gegeneinander abzuwägen. Dieses sind allgemein die erhöhten Witterungsrisiken sowie speziell die möglichen erhöhten Aufwendungen im Bereich der gesamten Produktionstechnik, angefangen bei der Bodenbearbeitung bis hin zu erhöhten Fungizidaufwendungen.

Produktionstechnische Besonderheiten

Einen Großteil der betrieblichen Anbaufläche bei der Herbstaussaat mit einer Kulturart zu besetzen, bedeutet, auf für diese Kulturart wichtige optimale Witterungskonstellationen der nächsten Monate zu vertrauen. Das Witterungs- und damit das Ertragsrisiko generell erhöhen sich. Spezifische produktionstechnische Aspekte und Entscheidungsparameter für einen erfolgreichen Stoppelweizenanbau sind zu berücksichtigen:

  • Strohabfuhr ja/nein? Wenn nein, dann muss man für eine sehr gute Stroh-Häckselqualität und Stroh-Verteilung durch den Mähdrescher Sorge tragen
  • Stoppelbearbeitung und Saatbettbereitung/ Pflug- oder Mulchsaat/ Risikominimierung einer „grünen“ Brücke bezüglich der Übertragbarkeit verschiedener Krankheiten
  • Strohverdaulichkeit des Bodens und Mineralisierungsgeschwindigkeit gegeben? Einfluss auf eine gegebenenfalls höhere Saatstärke, höhere N-Düngung und N-Ausgleichsdüngung (Gülle?)
  • Ungrasproblematik: Es sind spezifische, aufwändigere Gräserbekämpfung erforderlich
  • Konsequenzen für Krankheitsauftreten, wie Schwarzbeinigkeit-Zusatzbeize, DTR, Fusariosen.

Alle diese sehr verschiedenen Faktoren sollten für die einzelbetriebliche Entscheidung für oder gegen den Stoppelweizenanbau sorgsam gegeneinander, auch in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen, abgewogen werden.

Landessortenversuche mit Weizen als Vorfrucht

Im Erntejahr 2011 standen in Nordrhein-Westfalen insgesamt fünf Landessortenversuche mit 19 Sorten auswertbar zur Verfügung, siehe Tabelle 2. Die Versuchsdurchführung entspricht der höheren Intensitätsvariante B3 bei den Landessortenversuchen Winterweizen nach Blattfrucht. Die Sorten wurden jeweils mit einer Standardbeize (B1) sowie in der zweiten Variante (B2) mit der Zusatzbeize Latitude mit Schwerpunkt Schwarzbeinigkeitsbekämpfung geprüft. Gegenüber dem Blattfruchtweizen-Landessortenversuch ist der N-Sollwert um 20 kg je ha erhöht, siehe Tabelle 1. Die Intensitätskosten der beiden Varianten unterscheiden sich lediglich durch die Beizkosten. Die mit Latitude gebeizten Sorten mussten gegenüber der Normalbeize bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 19,00 € je dt einen wirtschaftlichen Mindestmehrertrag von 2,2 dt je ha erbringen. Beim Vergleich der Durchschnittserträge im Mittel über die Sorten aus der B1-Variante (Standard-Beize) mit der B2-Variante (Latitude-Beize) zeigen in der Tabelle 2 die unteren Zeilen, dass die Latitude-Sonderbeizung sich nur auf dem Lößstandort in diesem Jahr als wirtschaftlich erwies, und das nur knapp. Auf den restlichen vier Versuchsstandorten lohnte sich der Latitude-Einsatz nicht.

Zur Beurteilung der generellen Stoppelweizen-Anbaueignung der Weizensorten sind in der Tabelle 2 die diesjährigen Erträge der Einzelstandorte im Mittel der beiden Varianten B1 und B2 aufgeführt. Über alle Standorte hinweg sehr einheitlich überdurchschnittliche Ertragsleistungen zeigten wieder die Sorten Inspiration, Winnetou und Smaragd. Speziell auf den Höhenlagenstandorten wiesen sich zusätzlich noch die Sorten Manager, Hermann und Global mit einheitlich guten Leistungen aus. Generell zeigen auch hier die geprüften Sorten insgesamt eine sehr hohe Leistungsdichte auf. Bei der zweijährig geprüfte Sorte Lear ist zu beachten, dass die spezifische Witterung in diesem Jahr, vor allem die hohen Niederschläge im Juni, dieser sehr spätreifen Sorte in besonderem Maße zugute kam. Daher sind für eine abgesicherte Sortenempfehlung die in Tabelle 3 aufgeführten Mehrjahresergebnisse entscheidend. Die daraus resultierenden Sortenempfehlungen, spezifisch für die verschiedenen Ackerbauregionen in Nordrhein-Westfalen, sind der Tabelle 4 zu entnehmen.

Wie vorher bereits zu den speziellen Intensitätsansprüchen beim Stoppelweizenanbau ausgeführt, gilt es, die agronomischen Schwächen der Sorten zu beachten und diesen mit den entsprechenden acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen, wie Fungizidwahl und -strategie, zu begegnen. Vor allem die Problemkrankheiten Halmbruch, DTR und Ährenfusariumanfälligkeit sind besonders zu beachten. Viele der leistungsfähigen und empfohlenen Stoppelweizensorten zeigen in diesen Merkmalen nur durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Widerstandsfähigkeiten. Erste Untersuchungsergebnisse auf den DON-Gehalt der geprüften Stoppelweizensorten zeigten bislang in diesem Anbaujahr 2011 bei keiner Sorte einen messbar höheren Gehalt.

Wirtschaftlichkeit einer Wurzelschutzbeize

Die Frage nach dem wirtschaftlich lohnenden Einsatz der teureren speziellen Wurzelschutzbeize Latitude mit dem Wirkungsschwerpunkt gegen den im Stoppelweizenanbau häufiger auftretenden bodenbürtigen Schwarzbeinigkeitserreger stellt sich jedes Jahr neu. Reine Mittelwertberechnungen führen nicht zum Ziel, allenfalls zu einer groben Orientierung. Wesentlich wichtiger ist die Frage, ob es sortenspezifische Reaktionen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit auf die Latitude-Beize gibt. Vieljährige Ergebnisse an mehreren Orten dazu zeigen recht eindeutig, dass bei den Sorten Winnetou, Inspiration, Julius und Orvantis die Sonderbeize überwiegend wirtschaftlich war. Bei diesen Sorten sollte damit Latitude generell eingesetzt werden. Die Sorten Smaragd und Global dagegen zeigen in den meisten Fällen keine Wirtschaftlichkeit der Latitude-Beize. Bei den anderen Sorten ist eine eindeutige Aussage angesichts starker Streuungen von Jahr zu Jahr oder auch wegen zu geringer Ergebnisse nicht oder noch nicht möglich. Hier ist es der persönlichen Risikobereitschaft des Landwirts vorbehalten, ob er sich mit diesem Zusatzschutz absichern möchte.

Hinweise zur Aussaat

Beim Stoppelweizenanbau ist Frühsaat ein immer wieder diskutiertes Thema. Dabei ist pflanzenbaulich unter einer richtigen Frühsaat zu verstehen, wenn die Saatzeit mindestens drei Wochen früher liegt als der standortspezifische normale Saattermin. Pflanzenbaulich betrachtet gibt es keinen stichhaltigen Grund, Stoppelweizen früher zu säen als den normalreifen Weizen. Wenn Arbeitskapazitätsschwierigkeiten unbedingt eine Frühsaat erfordern, dann sollte eher der Blattfruchtweizen früher gesät werden als der Stoppelweizen, da die Frühsaat bei letzterem zu stärkeren Frühinfektionen mit bodenbürtigen Krankheiten im Herbst führen kann. Durch Mulchsaat können sich diese Probleme zusätzlich noch verschärfen. Schwarzbeinigkeit, Halmbruch, die höhere Gefährdung mit Ährenfusarium sowie Blattseptoria und DTR können die Intensitätserfordernisse beträchtlich erhöhen, das Ertrags- und Qualitätsrisiko steigen. Weiterhin kann unter warmen Herbstbedingungen und Frühsaat der Befall mit dem durch Blattläuse übertragbaren Gelbverzwergungsvirus auch beim Weizen zu höheren Insektizidaufwendungen führen. Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau des Blattfruchtweizens bewegen. Unter ungünstigeren Mulchsaatbedingungen, größeren und bzw. oder ungleichmäßig verteilten Strohrückständen in der Krume ist die Saatstärke um 20 bis 30 Körner je m² zu erhöhen.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch