Landessortenversuche Winterweizen 2009

Erntereifes Weizenfeld

Überraschend gute Erträge

Nach der besonderen Ernteermittlung ergibt sich beim Weizen ein Ertragsniveau von 88,1 dt je ha und damit lediglich ein Minderertrag gegenüber dem Vorjahr von 1,6 %. Allerdings ist die Zufriedenheit mit den Erträgen nicht in allen Landesteilen von NRW vorhanden. In den Landessortenversuchen ergaben sich im Mittel über insgesamt 15 Standorte gegenüber dem vergangenen Jahr ein deutlicherer Minderertrag in Höhe von rund 8 %. Dr. Joachim Holz, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, schildert, was die Landessortenversuche brachten.

Die Eiweißgehalte der Weizenpartien waren häufig grenzwertig. Mit im Mittel gerade noch 12 % lagen diese nach Auskunft von Mühlen um rund 0,5 % gegenüber dem Vorjahr niedriger. Fallzahlprobleme waren in diesem Jahr nicht vorhanden.

Vor dem Hintergrund des hervorragenden Ertragsjahres 2008 und der schwierigeren Witterungsverhältnisse mit erheblich längerer Vegetationsruhe über Winter sowie ein im Mittel um 5 °C wärmerer April wurden landesweit vergleichsweise gute bis sehr gute Winterweizenerträge erzielt.

In der Tendenz wuchs in den letzten zehn Jahren die Winterweizenfläche in NRW kontinuierlich. Mit rund 292 000 ha ist im aktuellen Anbaujahr nach vorläufiger Einschätzung ein bisheriger Spitzenwert erreicht. Die langjährige Ertragsentwicklung des Winterweizens in NRW zeigt, dass nach vielen Jahren stetig steigender Erträge in den letzten rund 13 Jahren eine deutliche Stagnation, allerdings auf hohem Niveau, eingetreten ist. Diese Ertragsentwicklung ist auch bundesweit festzustellen. Eine Analyse und Gewichtung der möglichen Ursachen führt an dieser Stelle zu weit. Allerdings ist festzustellen, dass derzeit die Ertragsforschritte durch Züchtung nur marginal sind. In diesem Zusammenhang müssen auch die immer wieder kursierenden Aussagen zu bestimmten, in den Landessortenversuchen nicht geprüften aber doch absoluten „Spitzensorten“ gesehen werden. Es gibt solche zurzeit nicht, die Praxis sollte sich nicht verunsichern lassen. Wenn es sie gäbe, dann wären sie längst in den Landessortenversuchen vertreten. Die stärkere Fokussierung auf höhere Gesundheit der Weizensorten bei Erhaltung des zurzeit erreichten Qualitätsniveaus wirkt sich als Teilursache für die nicht deutlichen Ertragszuwächse sicherlich aus.

Die Auswirkungen des Witterungsverlaufs sind in Tabelle 1 dargestellt. Bei weitestgehend vergleichbaren Bestandesdichten zum Vorjahr, mit Ausnahme der Sandstandorte, fehlte es in diesem Jahr in allen Ackerbauregionen an der Kornzahl je Ähre sowie an der TKM, um zu den vorjährigen Erträgen zu gelangen. Die deutlich höheren Temperaturen im April, verbunden mit einem Niederschlagsdefizit aus den Vormonaten vor allem im Münsterland und in Ostwestfalen-Lippe beeinflussten zu Schossbeginn negativ die Kornzahl je Ähre, die hohen Temperaturen ab Mitte Juni wirkten sich häufig stärker reduzierend auf die TKM aus.

Neun Versuchsstandorte in NRW

In Nordrhein-Westfalen wurden im Herbst 2008 auf neun Versuchsstandorten die Landessortenversuche Winterweizen ausgedrillt. Infolge massiver Hagelschäden konnte auf dem Beckrather Lößstandort der Landessortenversuch nicht ausgewertet werden. Sieben weitere Landessortenversuchsergebnisse aus vergleichbaren Ackerbauregionen des Kammergebietes Niedersachsen konnten zusätzlich in die Auswertung einbezogen werden. Damit stehen insgesamt 15 Landessortenversuchsergebnisse für eine sehr sichere Leistungsbewertung der Weizensorten in diesem Jahr zur Verfügung (Tabelle 3).

Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte, wie immer, in drei Intensitätsvarianten (Abbildung 2).

Als Grundlage für die Leistungsbeurteilung und die Empfehlung der Sorten wird das Ertragsmittel aus der mittleren (B2) und der höheren Intensitätsvariante (B3) herangezogen. Diese Werte sind in den Ertragstabellen aufgeführt. Zwischen diesen beiden Varianten bewegt sich, je nach Jahr und Standort immer wieder verschieden, die produktionstechnische optimale Intensität. Durch diese Verdoppelung der vorhandenen Einzelergebnisse erhöht sich darüber hinaus auch die Aussagesicherheit zum Ertragsleistungsvermögen der Sorten. In Tabelle 2 sind die notwendigen Mindestmehrerträge aufgeführt, die jeweils durch die höheren Intensitätsvarianten auf Grund der diesjährig vorhandenen Preise erzielt werden mussten.

Die im Vergleich zum vergangenen Jahr erheblich gesunkenen Erzeugerpreise für den Weizen von 10,50 € je dt ohne Mehrwertsteuer auf der einen Seite sowie die erheblich gestiegenen Kosten auf der Produktionsmittel auf der anderen Seite erfordern in diesem Jahr entsprechend deutlich große wirtschaftliche Ertragszuwächse in der B2- und B3- Variante. In Tabelle 3 in den unteren Zeilen zeigt sich, dass die höheren Aufwendungen in den Intensitätsvarianten auf fast allen Standorten in diesem Jahr im Mittel über die Sorten nicht wirtschaftlich waren. Gerechnet hat sich damit im Sortenmittel nur die extensive B1-Variante mit einem verhaltenen Wachstumsreglereinsatz. Sollten solche Erzeuger- und Kostenpreisverhältnisse zukünftig weiter vorherrschen, kommt den deutlich gesünderen, ertraglich aber etwas begrenzten Sorten insgesamt eine größere Bedeutung zu.

Die Erträge der Sorten

In der Tabelle 3 sind die Sorten innerhalb der jeweiligen Prüfzeiträume und Qualitätsgruppen nach dem Durchschnittsergebnis 2009 aufgeführt. Einige Sorten sind nur noch auf den Standorten geprüft worden, auf denen sie bessere Leistungen zeigten. Dass nur noch die besten Sorten, wie vorher bereits ausgeführt, in den Landessortenversuchen geprüft werden, zeigt sich auch in diesem Jahr wieder daran, dass die Leistungsdichte im Ertrag sehr hoch ist, die Ergebnisse zwischen den Sorten liegen dicht beieinander. Auch lässt sich wiederum feststellen, dass zwischen den besten mehrjährig geprüften und den neueren zwei- und erstjährig geprüften Sorten keine sicheren Ertragsunterschiede bestehen. Die bislang empfohlenen, mehrjährig geprüften Sorten zeigten damit auch 2009 ein hohes, sicheres Leistungsvermögen. Zwischen den besten C-, B- und A- Sorten bestehen ebenfalls keine Leistungsunterschiede. Dieser Umstand erleichtert vor allem für den reinen Marktfruchtbaubetrieb die Sortenwahl hinsichtlich einer höher qualitativen Sorte mit dem Ziel einer flexibleren Vermarktung.

Die auf allen Standorten mehrjährig sehr ertragstreuen und ertragspotenten Sorten Winnetou und Inspiration haben als gemeinsames Negativmerkmal die höhere Ährenfusariumanfälligkeit. Vorjährige und diesjährig wieder durchgeführte Mykotoxin-Untersuchungen auf DON zeigen insgesamt bei in der Tendenz „anfälligeren Sorten“ wiederum, dass das Einhalten bestimmter Fruchtfolgegegebenheiten (Mais), Bodenbearbeitung (pflügen) und einer gezielten Fungizidstrategie (wie in der B3-Variante der Landessortenversuche, Tabelle 2) deutliche DON–Reduktionen weit unterhalb der gesetzlich zulässigen Grenzwerte auch bei solchen Sorten ermöglichen. Daher können auch mit solchen Sorten unter Beachtung entsprechender acker- und pflanzenbaulicher Grundsätze sichere, gesunde und vermarktbare Weizenpartien erzeugt werden.

In Tabelle 4 sind die über die letzten, maximal fünf Prüfjahre erzielten Erträge aufgeführt. Aus dieser lassen sich gegebenenfalls spezifische Standorteignungen sowie die Ertragstreue einer Sorte beurteilen. In der Tabelle 5 sind die Sortenempfehlungen für die verschiedenen Ackerbauregionen aufgeführt. Ein nur diesjährig, schlechteres Ergebnis ist dabei kein Grund, eine Sorte nicht zu empfehlen, wenn Vorjahresergebnisse zu dieser Sorte überzeugende Leistungen zeigen und wenn die agronomischen Eigenschaften gut sind. Dieses gilt beispielsweise für die neuere, zum Probieren empfohlene Futterweizensorte Tabasco. Spezifische langjährige Ertragsergebnisse zu den empfohlenen Sorten sowie deren Stärken und Schwächen sind Tabelle 6 zu entnehmen. Die in Tabelle 7 aufgeführten Eigenschaften der Sorten ermöglichen in Abhängigkeit der betriebsindividuellen Gegebenheiten eine Verfeinerung der Sortenwahl.

Eine überragende, sichere Sorte generell gibt es nicht. Die in Tabelle 7 aufgeführten Merkmale ermöglichen einen entsprechend gezielten Fungizideinkauf bezüglich der erforderlichen Wirkungsstärken gegenüber bestimmten Krankheiten. Insbesondere bei einer höheren Ährenfusariumanfälligkeit (siehe oben) ist die entsprechende Fungizidstrategie einzuplanen, um Befallsrisiken mit Fungizidmaßnahme in EC 59/61 vorzubeugen. Nach der EU-Mykotoxinverordnung gilt für gereinigtes Getreide ein höchstzulässiger DON - Wert von 1,25 mg/kg.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsstufen

Bereits mehrjährig werden in den Landessortenversuchen die drei Intensitätsvarianten B1, B2 und B3 bei gleicher Stickstoffdüngung durchgeführt. Diese Vorgehensweise soll die Frage beantworten, ob es gegebenenfalls Sorten gibt, die auf Grund ihrer besseren Gesundheit sowie sonstiger guter Merkmale, wie zum Beispiel der Standfestigkeit, einen verhaltenen fungiziden Pflanzenschutz sowie Wachstumsreglereinsatz benötigen. Allerdings bewirken die sehr verschiedenen Versuchsstandorte schon in einem Jahr, dass bei einer Sorte höchst unterschiedlich, die höchsten bereinigten Marktleistungen teilweise in der B1, in der B2 oder in der B3-Variante erzielt werden. Bei der gleichen Betrachtung über mehrere Jahre treten ebenfalls solche Schwankungen auf. Daher lassen sich aus diesen Ergebnissen lediglich sortenspezifische Tendenzen bezüglich ihrer erforderlichen Behandlungsbedürftigkeit ableiten. Diese kann allerdings dann hilfreich sein, wenn es um eine nicht ganz sicher zu beurteilende Fungizidmaßnahme geht.

Das dafür herangezogene Beurteilungskriterium Bereinigte Marktleistung in € je Hektar ist das rechnerische Produkt aus dem Ertrag und dem Erzeugerpreis abzüglich der jeweils in B1, B2 und B3 vorhandenen variablen Kosten für Überfahrten, Wachstumsregler, Fungizide und Stickstoff (Abbildung 2).

Aus der Abbildung 2 lassen sich folgende Erkenntnisse ableiten: Die für 2009 bereits getroffenen Aussagen zur Nichtwirtschaftlichkeit der höheren Intensitätsvarianten B2 und B3 im Mittel aller Sorten zeigen in der Abbildung nun sortenspezifisch, dass dieses sich fast ausnahmslos bei allen Sorten so zeigte. Der sich bei den meisten Sorten für 2009 errechnende Behandlungsindex von 1,1 bis 1,4 bedeutet, dass unter fast allen Versuchsstandortbedingungen in diesem Jahr, bei einem Erzeugerpreis von 10,50 € je dt, fast ausschließlich in der extensiven Behandlungsvariante B1 die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt wurden. Lediglich bei den Sorten Winnetou, Paroli und Skalmeje wurden in der Mehrzahl der Versuchsstandorte in der mittleren Intensitätsvariante B2 die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt (Behandlungsindices 1,8 und 1,9). Die Behandlungsbedürftigkeit einer Sorte ist häufig weniger in Abhängigkeit ihrer acker- und pflanzenbaulich zu kontrollierenden Schwächen zu sehen, sondern eher grundsätzlich in den spezifisch herrschenden Preis-Kostenrelationen.

Aus der Gesamtbetrachtung der Behandlungsindices der Vorjahre lassen sich grundsätzliche Tendenzen für die höheren, mittleren, niedrigeren oder auch zwischen den Jahren stärker schwankenden Intensitätsansprüchen der Sorten ableiten.

Hinweise zur Aussaat

Voraussetzung für ein gutes Auflaufen und Überwintern der Saat ist eine dem Standort und den Witterungsbedingungen angepasste sorgfältige Grundboden- und Saatbettbereitung sowie die Wahl der optimalen Saatzeit mit einer darauf abgestimmten Saatstärke. Folgende Grundsätze, auch aufgrund der diesjährigen Erfahrungen, sind zu beachten:

  • Saatzeit nicht überzogen früh wählen. Überwachsene, zu üppig entwickelte Winterweizenbestände werden früher mit Krankheiten befallen und können leichter Auswinterungsschäden erleiden. Im Mittel langjährig sich bewährte standortspezifische Saatzeiten sollten beachtet werden. Frühsaaten bringen nur in seltenen Fällen höhere Erträge.
  • Kontrolle auf Bodenverdichtungen – Wurzelwegsamkeit in den Unterboden und damit Wasserverfügbarkeit verbessern.
  • Humusgehalt – Status? Vor allem auf schluffigen Löß- und Lehmböden sollten 2 % angestrebt werden. Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit, der Bodenstruktur, des Bodenlebens und der Nährstoffverfügbarkeit sind wünschenswerte, den Ertrag sichernde Effekte, insbesondere dann, wenn zunehmende Trockenheit zukünftig möglicherweise verstärkt auftreten.
  • Grundnährstoffversorgung – Status? Das Einhalten des Minimalversorgungszustandes funktioniert nur unter annährend normalen Witterungsbedingungen.
  • Intensität der Saatbettbereitung in Abhängigkeit der jeweiligen Erntebedingungen der Vorfrüchte Kartoffeln, Raps oder Zuckerrüben durchführen. Mäuse- und Schneckenprobleme sollten dabei mit berücksichtigt werden.
  • Saatstärken nicht zu niedrig kalkulieren. Mit dem Vertrauen auf optimale Witterungsbedingungen im Spätherbst und Frühjahr bewegt man sich im Bereich des unkalkulierbaren Risikos. Die geringe Bestockungszeit unter Kurztagsbedingungen im abgelaufenen Vegetationsjahr sollte zum Nachdenken über vermeintlich optimale, kostengünstige Dünnsaaten führen. Fehlende Bestandesdichten können nicht immer ausreichend über Kornzahl je Ähre und TKM kompensiert werden, wenn entsprechende Witterungsbedingungen bei der Ausprägung dieser Ertragsmerkmale suboptimal sind. Deshalb bedeutet Ertragssicherung schon im Herbst, über eine ausreichende Saatstärke für eine sichere Bestandesdichte im nächsten Frühjahr zu sorgen.
    Die zu den empfohlenen Sorten in Tabelle 6 angegebenen optimalen Bestandesdichten für hohe Erträge können ersatzweise in die Berechnung für die Saatstärken in Tabelle 8 eingesetzt werden.

In Tabelle 8 sind die zu Einzelmerkmale aufgeführt, die zu einer standort- und saatzeitangepassten kostengünstigen Aussaatmenge führen. Generelle Grundlage für die anzustrebenden standortorientierten Bestandesdichten der jeweiligen Ackerbauregionen sind die langjährigen Ergebnisse aus den Landessortenversuchen.

Erst wenn die standortspezifisch möglichen und nötigen Rahmenbedingungen durch entsprechende acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen hergestellt sind, kann bei dann noch stimmiger Witterung eine gute Sorte auch ihr genetisch verankertes Ertrags- und Qualitätspotential in Form gesunder und vitaler Pflanzenbestände umfänglich ausschöpfen.

Hintergrundinformation: Die Landessortenversuche

In jedem Jahr erneut machen in der Praxis immer wieder angebliche Spitzensorten von sich reden. Die dazu gelieferten „Versuchsergebnisse“ stammen oft von entsprechend passenden, nur wenigen Einzelstandorten, häufig nur aus dem aktuellen Jahr, aus Streifenversuchen in einer Praxisparzelle oder aus Großflächenversuchen. Das Prinzip mehrfacher Wiederholungen, um Bodenunterschiede, Nachbarschaftseffekte oder sonstige mögliche Versuchsfehler auszugleichen, wird dabei vernachlässigt. Es ist - leider zunehmend - ein unkritischer Umgang mit solchen „Versuchsergebnissen“ zu verzeichnen. Seitens der Praxis wird dann gefragt, warum die Landwirtschaftskammer diese vermeintlichen Spitzensorten nicht in den Landessortenversuchen prüft.

Zur Klarstellung: Aus den im Nordwestdeutschen Bereich durchgeführten Sorten-Zulassungsversuchen des Bundessortenamtes, also der Wertprüfungen aus drei Jahren wählen seit mittlerweile rund 20 Jahren die Landwirtschaftskammern Schleswig Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gemeinsam für den gesamten Nordwestdeutschen Raum frühzeitig die jeweils besten, zur Zulassung anstehenden Sorten aus und prüfen sie noch vor der Zulassung unter den spezifischen Verhältnissen der jeweiligen Regionen in den Landessortenversuchen. In den Landessortenversuchen befinden sich damit immer schon die besten Sorten (ebenfalls auch EU-Sorten aus speziellen EU-Sortenversuchen).

Aus den in der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes aufgeführten zugelassenen Winterweizensorten, in diesem Jahr immerhin rund 140, sind und werden auf diese Weise die besten für den nordwestdeutschen Bereich geeigneten Sorten heraus gefiltert. Die angeblichen „Spitzensorten“, die nicht oder nicht mehr in den Landessortenversuchen geprüft werden, haben damit ihre tatsächliche Leistung in den offiziellen Exaktversuchen des Bundessortenamtes und der Landessortenversuchsansteller im Nordwestdeutschen Raum nicht deutlich gezeigt.

Allein in einem Jahr liegen zu jeder Weizensorte, die in allen Ackerbauregionen in NRW geprüft wird, insgesamt rund 60 Einzelergebnisse vor. Nach zwei Jahren lässt sich damit bei einer Sorte, über die dann 120 Einzelergebnisse vorliegen, eine klare, eindeutige und gesicherte Aussage machen. Grundsätzlich ist erst nach mindestens zwei Jahren eine eindeutigere Sortenbeurteilungsaussage möglich, daher ist größte Vorsicht bei Einjahresergebnissen geboten.

Ob nicht in Deutschland gezüchtete Sorten, oftmals als „Geheimtipp“ angepriesen, immer oder deutlich besser sind, muss ebenfalls kritisch hinterfragt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine gute Sorte, die unter hiesigen Boden- und Klimabedingungen gezüchtet wurde und entsprechend angepasst ist, dann auch in der Praxis gute Leistungen zeigt, ist um ein vielfaches höher als eine Sorte mit französischer, englischer oder sonstiger europäischer Herkunft. In grenzüberschreitenden Regionen mit gleichartigem Boden-Klimaverhältnisse ist dieser Sachverhalt sicherlich anders zu sehen. Auch die seit vielen Jahren durchgeführten offiziellen EU-Sortenversuche zeigen nur in den seltensten Fällen leistungsfähige Sorten, die eine größere Anbaubedeutung in der Praxis erlangen.

Autor: Dr. Joachim Holz