Landessortenversuche Winterweizen 2011

Windräder im Abendlicht

Ergebnisse überraschend gut

Der im Vergleich zu anderen Getreidearten später reifende Winterweizen konnte die ab Juni einsetzenden Niederschläge noch am besten in hohe Kornerträge umsetzen. Im Unterschied zu vielen anderen Bundesländern, vor allem aus dem Norden und Nord-Osten, war die Ernte in NRW zwar immer wieder durch Niederschläge unterbrochen, insgesamt aber noch zeitig und ohne wesentliche Qualitätseinbußen, insbesondere bei der Fallzahl, einzubringen. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer NRW, stellen die Ergebnisse der Landessortenversuche vor.

Schon deutlich trocknere Herbst und Winter im Vorjahr, dass sehr trockene Frühjahr, die deutlich höheren Temperaturen und die annähernd doppelt so hohe Sonnenscheindauer in der Hauptvegetationszeit, zwischen März und Juni, waren die Gründe dafür, dass nach den ersten vorläufigen BEE-Ergebnissen aus Nordrhein-Westfalen der Weizenertrag mit rund 79,4dt je ha überraschenderweise das Ergebnis des Vorjahres noch um knapp 2 dt je ha überstieg.

Anbauentwicklung und Ertragssituation

Die Winterweizen-Anbaufläche in Nordrhein-Westfalen verzeichnet in den letzten drei Jahren einen stetigen Rückgang. Von rund 291 800 ha ist sie im aktuellen Anbaujahr um 12 000 ha auf 279 800 ha gesunken. In Westfalen-Lippe ging sie um 10 000 ha zurück auf jetzt 174 100 ha, im Rheinland um 2.000 ha auf jetzt nur noch 105 700 ha.

Die Auswirkungen des Witterungsverlaufs auf die Erträge und die Ertragsstruktur des Winterweizens in den Landessortenversuchen sind in der Tabelle 1 dargestellt. Die in diesem Frühjahr sehr früh einsetzende Trockenheit, begleitet von einer annähernd doppelt so hohen Sonnenscheindauer und höheren Temperaturen, führte in allen Ackerbauregionen in NRW zu teilweise erheblichen Einbußen bei den Bestandesdichten. Im Mittel waren 100 ährentragende Halme je m² gegenüber dem Vorjahr hinzunehmen. Die dann ab Juni einsetzenden Niederschläge, pünktlich zu Beginn der Blüte und anschließenden Kornfüllungsphase, führten zu noch nie erzielten, sehr hohen Tausendkornmassen (TKM) beim Winterweizen. Dieses erklärt die auf den Löß-, Lehm- und Sandböden sogar höheren Erträge im Vergleich zum Vorjahr und die nur moderat niedrigeren auf den Höhenlagenstandorten. Letztere hatten allerdings im Vergleich zum Vorjahr auch die höchsten Niederschlagsdefizite zu verzeichnen, von der Saat bis Ende Mai fehlten rund 240 mm.

Aus der diesjährigen Ertragsanalyse wird sehr deutlich, dass die TKM einen hohen Anteil zum Ertrag beitragen können, wenn die Witterungsbedingungen in der Kornfüllungsphase optimal sind. Dieses Jahr zeigt aber auch, dass nicht immer optimale Bestockungsbedingungen und daraus folgend eine ausreichende Bestandesdichte gegeben ist, welche eine sichere Grundlage für hohe Erträge ist. Dieses sollte bei der Aussaatstärkenbemessung berücksichtigt werden.

15 Standorte ausgewertet

In Nordrhein-Westfalen wurden im Herbst 2010 auf neun Versuchsstandorten die Landessortenversuche (LSV) Winterweizen ausgedrillt. Sechs weitere Landessortenversuchsergebnisse aus dem Kammergebiet Niedersachsen wurden zusätzlich in die Auswertung einbezogen. Damit stehen insgesamt 15 Landessortenversuchsergebnisse für eine sichere Leistungsbewertung der Weizensorten zur Verfügung (Tabelle 3). Es handelt sich hierbei um das größte normal- bis etwas spätreifere Sortensortiment. In den Landessortenversuchen sind generell die in den einzelnen Anbauregionen mehrjährig bewährten Sorten vertreten, die in den Wertprüfungen des Bundessortenamtes unter den nordwestdeutschen Bedingungen herausragenden neuen Sortenkandidaten sowie die besten aus den EU-Versuchen ermittelten Sorten. Diese Vorgehensweise sichert eine frühzeitige, umfängliche und lückenlose Prüfung aller zurzeit verfügbaren Leistungsträger im deutschen und europäischen Winterweizensortiment (siehe unten).

In den LSV liegen in diesem Jahr zu jeder Weizensorte, die in allen Ackerbauregionen geprüft wird, insgesamt rund 60 Einzelergebnisse vor. Nach zwei Jahren lässt sich damit bei einer Sorte, über die dann rund 120 Einzelergebnisse vorliegen, eine klare, eindeutige Aussage machen. Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte, wie immer, in drei Intensitätsvarianten, siehe Tabelle 2. Als Grundlage für die Leistungsbeurteilung und die Sortenempfehlung wird das Ertragsmittel aus der mittleren (B2) und der höheren Intensitätsvariante (B3) herangezogen. Diese Werte sind in den Ertragstabellen aufgeführt. Zwischen diesen beiden Varianten bewegt sich, je nach Jahr und Standort immer wieder verschieden, die produktionstechnische optimale Intensität.

Abweichend von den vergangenen Jahren wurde die Produktionstechnik der mittleren Intensitätsvariante (=B2) ab 2011 stärker verändert. Vor dem Hintergrund, dass die neueren Weizensorten gesünder und in der Standfestigkeit besser sind als ältere Sorten, wurde mit den pflanzenbaulichen Schutzmaßnahmen in der mittleren Intensitätsvariante entsprechend erst ab EC 37 (Fahnenblattstadium) begonnen, um diese Merkmale auch entsprechend zu testen.

In der Tabelle 2 sind die wirtschaftlich notwendigen Mindestmehrerträge aufgeführt, die jeweils durch die höheren Intensitätsvarianten aufgrund der diesjährig vorhandenen Erzeugerpreis-Kostenverhältnisse für die eingesetzten Betriebsmittel erzielt werden mussten. In der Tabelle 3, in den unteren Zeilen, zeigt sich, dass unter den diesjährigen Anbaubedingungen die höchste Intensitätsstufe (B3) auf fast allen Versuchsstandorten im Mittel über die Sorten nicht wirtschaftlich gewesen war. Dieses Ergebnis zeigte sich bereits in den beiden Vorjahren. Auch die mittlere Intensitätsstufe B2 rechnete sich nicht an allen Standorten. Die mindestens erforderlichen 7,1 dt je ha Mehrertrag gegenüber der B1-Variante wurden vor allem auf den Löß- und einigen Lehmstandorten nicht erzielt.

Die Erträge der Sorten

Im Unterschied zum Witterungsverlauf 2010, der entscheidend durch den heißen Juni und Juli geprägt wurde, wodurch insbesondere die frühreiferen Sorten vor allem auf den wasserknapperen Standorten eindeutig im Vorteil waren, war es in diesem Jahr genau umgekehrt. Die vor allem im Juni reichlichen Niederschläge passten genau in die beginnende Kornfüllungsphase, sodass vor allem die spätreifen Sorten ganz besonders im Vorteil waren. Entsprechend heterogen präsentieren sich vor allem die Ergebnisse der spätreifen Sorten aus den letzten beiden Prüfjahren 2010 und 2011.

Dieser Sachverhalt zeigt damit sehr deutlich, dass eine grundsätzliche pflanzenbauliche Strategie gegenüber Trockenheit, die teils sehr früh in der Vegetation oder aber auch erst später auftreten können, darin bestehen sollte, bei der Sortenwahl des Weizens aus sowohl frühreife als auch spätreife Sorten gleichmäßig zu berücksichtigen, um das Risiko zu streuen.

In der Tabelle 3 sind die Sorten innerhalb der jeweiligen Prüfzeiträume nach dem Gesamt-Durchschnittsergebnis 2011 aufgeführt. Einige Sorten sind nur noch auf den Standorten geprüft worden, auf denen sie in den vergangenen Jahren bessere Leistungen zeigten.

Dass tatsächlich nur die besten Sorten (siehe Kasten) in den Landessortenversuchen geprüft werden, zeigt sich auch in diesem Jahr wieder an der hohen Leistungsdichte im Ertrag. Die Ergebnisse zwischen den durchschnittlichen und überdurchschnittlichen Sorten liegen dicht beieinander. Auch lässt sich wieder feststellen, dass zwischen den besten mehrjährig geprüften und den neueren zwei- und erstjährig geprüften Sorten keine sicheren Ertragsunterschiede bestehen. Die bislang empfohlenen, mehrjährig geprüften Sorten zeigten damit auch 2011ein hohes, sicheres Leistungsvermögen.

Zwischen den besten C-, B- und A- Sorten bestehen ebenfalls keine Leistungsunterschiede. Dieser Umstand erleichtert vor allem für den reinen Marktfruchtbaubetrieb die Entscheidung bei der Sortenwahl hinsichtlich einer höher qualitativen Sorte, mit dem Ziel einer flexibleren Vermarktungsmöglichkeit.

Die auf allen Standorten bereits mehrjährig ertragstreuen Sorten Winnetou, Smaragd, Primus und Inspiration (Tabelle 4) haben als gemeinsames Merkmal die höhere Ährenfusariumanfälligkeit (Tabelle 7). Mittlerweile mehrjährig regelmäßig durchgeführte Mykotoxin-Untersuchungen auf ihren DON-Gehalt zeigen, dass beim Einhalten bestimmter Fruchtfolgegegebenheiten (Mais), Bodenbearbeitung (pflügen) und schließlich bei einer gezielten späteren Fungizidmaßnahme in EC 59/61 wie in der B2- und B3-Variante der Landessortenversuche, keine höheren DON-Risiken auftreten müssen. Daher können durchaus auch mit solchen Sorten unter Beachtung entsprechender pflanzenbaulicher Grundsätze sichere, gesunde und vermarktbare Weizenpartien erzeugt werden.

In der Tabelle 4 sind - als Beurteilungsgrundlage für die mehrjährigen Leistungen - die über die letzten, maximal fünf Prüfjahre erzielten Erträge aufgeführt. Aus dieser lassen sich eine mögliche spezifische Standorteignung sowie die Ertragstreue einer Sorte beurteilen. In der Tabelle 5 sind die Sortenempfehlungen für die verschiedenen Ackerbauregionen aufgeführt.

Langjährige Ertragsergebnisse zu den empfohlenen Sorten sowie deren pflanzenbaulich zu beachtende Stärken und Schwächen sind der Tabelle 6 zu entnehmen. Insbesondere der in der Tabelle aufgeführte unterschiedliche Ertragsstrukturaufbau, vor allem Bestandesdichte und TKM-Leistung, der empfohlenen Sorten sollte stärker hinsichtlich erforderlicher Aussaatstärken berücksichtigt werden. Auch bei einem eventuellen Nachbarschaftsvergleich eines dünner stehenden JB Asano`s mit einem dichter stehenden Smaragd kann diese Tabelle hilfreich sein, damit keine falschen Schlussfolgerungen gezogen werden, dass einem Asanodoch noch Stickstoff fehlen könnte.

Die in der Tabelle 7aufgeführten Eigenschaften der Sorten ermöglichen in Abhängigkeit der betriebsindividuellen Standort- und Fruchtfolgegegebenheiten, zum Beispiel bei Maisanbau, sowie Düngungsregime, aber auch Bodenbearbeitungsverfahren eine Feinjustierung der Sortenwahl.

Eine jedes Jahr überragende, sichere Sorte ohne Fehl und Tadel gibt es nicht. Die in Tabelle 7 aufgeführten Merkmale ermöglichen einen entsprechend gezielten Fungizideinkauf gegenüber bestimmten Krankheiten. Insbesondere bei einer höheren Ährenfusariumanfälligkeit (siehe oben) ist die entsprechende Fungizidstrategie einzuplanen, um Befallsrisiken vorzubeugen. Nach der EU-Mykotoxinverordnung gilt für gereinigtes Getreide ein höchstzulässiger DON-Wert von 1,25 mg/kg.

Auswuchs und Fallzahl nicht das Problem

Ein spezielles Qualitätsproblem, insbesondere bei den zuletzt gedroschenen Weizenpartien, kann die Fallzahl sein. Dieses tritt häufig in den Erntejahren auf, in denen nach der Voll- und Totreife des Weizens stärkere und länger anhaltende Niederschläge auftreten. Vor allem in den nördlichen und nord-östlichen Bundesländern war die Fallzahl ein massives Qualitätsproblem. Mit solchen Verhältnissen ist nicht in jedem Jahr, sondern im Schnitt nur alle fünf Jahre zu rechnen, sodass die Fallzahlstabilität einer Sorte zwar mit berücksichtigt, aber nicht zum einzigen Sortenwahlkriterium herangezogen werden sollte.

Die Höhe der Fallzahl wird durch die Aktivität der stärkeabbauenden Enzyme zunächst in der äußeren Aleuronschicht, aber auch im Endosperm, dem Mehlkörper, des Weizenkorns bestimmt. Dieser Vorgang ist bei der Keimung des Weizenkorns erforderlich, um den Embryo mit lebenswichtigen Substanzen zu versorgen. Niedrige Fallzahlen beeinträchtigen die Backqualität durch die Schwächung der Krumenelastizität der Gebäcke. Bei Fallzahleinstufungen von Sorten mit 3 kann häufig schon bei normalen Abreife- und Erntebedingungen die von der Vermarktungsseite geforderte Mindestfallzahl von 220 s nicht erreicht werden. Je mehr Stärke im Korn durch die Amylasen in zuckerartige Vorsubstanzen abgebaut wurde, desto niedriger ist die Fallzahl, in Sekunden gemessen. Sind die Fallzahlen sehr niedrig und noch keine Keimlinge sichtbar, spricht man von verdecktem Auswuchs, sind sie bereits sichtbar, von offenem Auswuchs.

In der Tabelle 7 ist zu vielen Sorten die Fallzahlstabilität als Ergebnis aus eigenen Ermittlungen aufgeführt. Sorten mit einer geringen Fallzahlstabilitätsnote zeigten in den Landessortenversuchen in den vergangenen Jahren und auch in diesem Jahr bei unterschiedlichen Ernteterminen im jeweils gleichen Jahr ein besonders schnelles Sinken der Fallzahl. Solche gefährdeteren Sorten sollten, wenn möglich, immer bevorzugt gedroschen werden.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsstufen

Bereits mehrjährig werden in den Landessortenversuchen die drei Intensitätsvarianten B1, B2 und B3 bei gleicher Stickstoffdüngung durchgeführt. Diese Vorgehensweise soll die Frage beantworten, ob es gegebenenfalls Sorten gibt, die aufgrund ihrer besseren Gesundheit sowie sonstiger guter agronomischer Merkmale, zum Beispiel Standfestigkeit, einen verhalteneren Pflanzenschutz sowie Wachstumsreglereinsatz benötigen. Ermitteln lässt sich dieses, wenn an mehreren Orten und in mehreren Jahren errechnet wird, in welcher der drei Intensitätsstufen die verschiedenen Sorten in der Mehrzahl die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielen. Die Schwankungen sind je nach Jahr und Standort groß. Daher lassen sich aus diesen Ergebnissen lediglich sortenspezifische Tendenzen bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit ableiten. Diese kann allerdings dann hilfreich sein, wenn es um eine in ihrer Notwendigkeit als nicht ganz sicher zu beurteilende Fungizidmaßnahme geht.

Relativ sicher zeigt sich bei der Sorte Winnetou, dass immer eine höhere Intensität auch die höheren bereinigten Marktleistungen bringt. Im Gegensatz dazu lässt sich sicher bei Smaragd ermitteln, dass diese Sorte schon bei einer niedrigen Intensität die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt. Alle anderen Sorten zeigen je nach Standort und Jahr große Schwankungen bezüglich ihrer wirtschaftlich optimalen Behandlungsbedürftigkeit.

Nur die besten Sorten kommen und bleiben in den Landessortenversuchen

Aus der Praxis kommt immer wieder die Frage, warum die eine oder andere Sorte nicht oder nicht mehr in den Landessortenversuchen geprüft wird, sie sei doch noch so gut.

Die beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes führt rund 140 Winterweizensorten auf, inklusive EU-Sorten. Letztere sind Sorten, die in anderen EU-Staaten zugelassen und in Deutschland damit auch vertriebsfähig sind. Bevor eine neue Sorte durch das Bundessortenamt zugelassen und dann auch in die beschreibende Sortenliste eingetragen wird, muss sie drei Jahre lang im gesamten Bundesgebiet auf rund 20 Standorten ihren „Wert“ zeigen in den sogenannten Wertprüfungen. Parallel dazu wird in einer zweijährigen Registerprüfung untersucht, ob die zuzulassende Sorte beständig, homogen, unterscheidbar und neu ist. Sind letztere Merkmale in Ordnung und zeigt sie darüber hinaus auch einen „landeskulturellen“ Wert, das heißt, sie ist in irgendeinem Merkmal oder einer Merkmalkombination besser als bereits eingetragene Sorten, wird sie zugelassen und eingetragen.

Landessortenversuche haben die Aufgabe, diese zugelassenen Sorten auf ihre Eignung unter den spezifischen Standortverhältnissen der Länder, in den jeweiligen Anbauregionen zu prüfen. Um eine gezielte Auswahl solcher neuzugelassener Sorten vorzunehmen, werden von den drei Landwirtschaftskammern in Nordwestdeutschland Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen die dreijährigen Wertprüfungsversuche gesondert ausgewertet. Es werden dann nur die Sorten in die LSV aufgenommen, die unter den nordwestdeutschen Anbaubedingungen die besten Leistungen zeigten.

Nach einem ähnlichen Prinzip wird dies mit den EU-Sorten durchgeführt. Ist eine ausländische Züchterfirma der Auffassung, dass eine ihrer Sorten auch in Deutschland sehr gute Leistungen zeigen könnte, werden solche Sorten in speziell dafür eingerichteten EU-Sortenversuchen in Deutschland geprüft und nach erfolgreichem Abschneiden dann auch in die Landessortenversuche übernommen.

Diese Vorgehensweise führt insgesamt dazu, dass aus dem umfangreichen nationalen und internationalen Sortenangebot wirklich nur noch die absoluten Leistungsträger-Sorten in den LSV stehen. Es gibt daher keine noch besseren Sorten, auch wenn in der Praxis immer mal wieder vermeintliche Sorten-Geheimtipps die Runde machen, möglicherweise noch untermauert von gezielt selektierten, nur guten Praxisversuchsergebnissen, aus ganz anderen Landesteilen, aus einem Jahr, ohne Wiederholungen und zufallsverteilten Versuchsanlagen. Die hohe Leistungsdichte und die relativ geringen Leistungsunterschiede der Sorten in den LSV zeigt die Richtigkeit dieser Vorgehensweise der Offizialberatung.

Bei der Beurteilung der Sortenleistungen auf dem eigenen Betrieb - mit einem immer zahlenmäßig sehr eingeschränkten Sortenspektrum - ist zu bedenken, dass sicher immer dann eine Sorte noch als gut beurteilt wird, wenn die betriebsindividuelle Ertragserwartung der Sorten erfüllt wird. Im Landessortenversuch dagegen müssen sich diese Sorten jedes Jahr in einem unter gleichen Bedingungen durchgeführten Leistungsvergleich von 20 bis 30 Konkurrenten messen und dieses auf vielen Einzelstandorten. Wenn sich zeigt, dass bestimmte Sorten über zwei Jahre auf vielen Standorten deutlich unterdurchschnittliche Leistungen zeigen, werden sie nicht mehr weiter geprüft. Wenn also eine in der Praxis noch verbreitet angebaute Sorte in den LSV mehrjährig und an mehreren Orten ertraglich nur noch mit relativ 95 abschneidet und es neue gibt, die gesichert mit relativ 105 deutlich besser abschneiden, dann muss dieses zur Kenntnis genommen werden. Nur so kann ein Züchtungsfortschritt neuerer Sorten über ein Landessortenversuchswesen exakt, sicher, gezielt und schnell in die Praxis umgesetzt werden.

Hinweise zur Aussaat

Voraussetzung für ein gutes Auflaufen und Überwintern der Saat ist eine dem Standort und den herrschenden Witterungsbedingungen angepasste sorgfältige Grundboden- und Saatbettbereitung sowie die Wahl der optimalen Saatzeit mit einer darauf abgestimmten Saatstärke.

Folgende Grundsätze sind zu beachten:

  • Saatzeit nicht überzogen früh wählen. Überwachsene, zu üppig entwickelte Winterweizenbestände werden früher mit Krankheiten befallen und können leichter Auswinterungsschäden erleiden. Bewährte, standortspezifische Saatzeiten sollten beachtet werden. Frühsaaten bringen nur in seltenen Fällen höhere Erträge.
  • Kontrolle auf Bodenverdichtungen - Wurzelwegsamkeit in den Unterboden und damit Wasserverfügbarkeit verbessern. Dieses Jahr zeigte deutlich die Notwendigkeit solcher Verhältnisse.
  • Humusgehalt - Status? Vor allem auf schluffigen Löß- und Lehmböden sollten 2 % angestrebt werden. Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit, der Bodenstruktur, des Bodenlebens und der Nährstoffverfügbarkeit sind ertragssichernde Maßnahmen, insbesondere dann, wenn zunehmende Trockenheit zukünftig möglicherweise verstärkt auftritt.
  • Grundnährstoffversorgung - Status? Das Einhalten des Minimalversorgungszustandes funktioniert nur unter annährend normalen Witterungsbedingungen.
  • Intensität der Saatbettbereitung in Abhängigkeit der jeweiligen Erntebedingungen der Vorfrüchte Kartoffeln, Raps oder Zuckerrüben durchführen. Mäuse- und Schneckenprobleme sollten dabei mit berücksichtigt werden.
  • Saatstärken nicht zu niedrig kalkulieren. Mit dem Vertrauen auf optimale Witterungsbedingungen im Spätherbst und Frühjahr bewegt man sich im Bereich des unkalkulierbaren Risikos. Die geringe Bestockungszeit unter Kurztagsbedingungen, wie schon im vorigen als auch im abgelaufenen Vegetationsjahr, sollte zum Nachdenken über vermeintlich optimale, kostengünstige Dünnsaaten führen. Fehlende Bestandesdichten können nicht immer ausreichend über Kornzahl je Ähre und TKM kompensiert werden, wenn die Witterung bei der Ausprägung dieser Ertragsmerkmale suboptimal sind. Deshalb bedeutet Ertragssicherung schon im Herbst, über eine ausreichende Saatstärke für eine sichere Bestandesdichte im nächsten Frühjahr zu sorgen. Der Aspekt des Feldaufgangs  - von wie viel gesäten Körnern laufen tatsächlich auch kräftige, gut überwinterte Keimpflanzen auf? - sollte als Verlustkomponente bei der Saatstärkenberechnung mit berücksichtigt werden. Die in Tabelle 6 angegebenen optimalen Bestandesdichten für hohe Erträge können zudem ersatzweise in die Berechnung für die Saatstärken in Tabelle 8 eingesetzt werden.

In der Tabelle 8 sind die zu beachtenden Einzelmerkmale aufgeführt, die zu einer standort- und saatzeitangepassten kostengünstigen Aussaatmenge (kg je ha) führen. Generelle Grundlage für die anzustrebenden standortorientierten Bestandesdichten sind die langjährigen Ergebnisse aus den Landessortenversuchen.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch